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Forschung und Praxis Hand in Hand


Rund 130 Forschende, Fachleute aus der Verwaltung sowie Umsetzungspartner und Stakeholder aus Wirtschaft und Gesellschaft trafen sich Ende August zur vierten SWEET-Konferenz in Bern. Das neue, stärker auf die Umsetzung fokussierte Format und die spannende Diskussion zum Stromabkommen mit der EU lockten auch viele Interessierte ausserhalb der Forschung an.

Lässt sich die Winterstromlücke mit Schweizer Solar- und Windenergie decken? Die Forschung sagt ja, wie Michael Lehning vom Konsortium EDGE anhand einer Potenzialanalyse ausführte. Theoretisch seien genügend geeignete Standorte vorhanden. Bei der Umsetzung in die Praxis gibt es jedoch einige Hindernisse, wie Roberto M. Borsotti von der Firma TNC anhand des Solarparks beim Flughafen Samedan erörterte – etwa starre Regulierungen im Bereich des Lawinenschutzes oder zu geringe Anreize für die Produktion von Winterstrom. Erfolgsfaktoren seien der Einbezug der lokalen Bevölkerung und das Lernen aus Erfahrungen bisheriger Projekte, zum Beispiel, um Schneeansammlungen zu vermeiden.

Mit solchen Tandemvorträgen von Forschenden und Umsetzungspartnern stellten die SWEET-Konsortien ihre Arbeiten vor. Das neue Format der SWEET-Konferenz stellte den Praxistransfer und den Austausch zwischen Akademie und Umsetzung in den Vordergrund.

Neues Format: Dieses Jahr präsentierten Forschende und Praxispartner gemeinsam in Tandemvorträgen Projekte aus den laufenden SWEET-Konsortien.

Von technischen Analysen der Forschung zur Implementierung in der Praxis
Beim Konsortium DeCarbCH zeigte die Forschung auf, wie thermische Netze durch eine Temperaturabsenkung deutlich effizienter werden. Vom Genfer Energieversorger SIG erfuhren die Teilnehmenden, wie Hauseigentümerschaften erfolgreich motiviert wurden, den Energiebedarf ihrer Gebäude zu reduzieren – mit einem obligatorischen Energiemonitoring und einer Optimierung der Gebäudetechnik. So lasse sich der Energiebedarf in einem ersten Schritt ohne Sanierungsmassnahmen um 30 bis 40% reduzieren.

Das Konsortium PATHFNDR erklärte, wie die Schlüsseltechnologien Wärmepumpen und Elektromotoren zur Flexibilisierung der Stromnachfrage beitragen und die Investitionen in den Ausbau der Netze deutlich senken. Eine Lösung, um den Umstieg von fossilen auf erneuerbare Heizungen zu erleichtern, stellte IWB vor: Mit Nanoverbunden werden bestehende dezentrale Heizungen zusammengelegt. So sinkt der Energieverbrauch und der Weg für gemeinsame, effiziente Wärmepumpenlösungen wird geebnet. Voraussetzung ist, dass die Nachbarschaft zusammenarbeitet.

In den Pausen konnten sich die Teilnehmenden an den Marktständen austauschen.

Die Bevölkerung mit an Bord nehmen
Wie sich energieeffizientes Verhalten fördern lässt, ist das Thema von Lantern und SWICE: Mit welchem Minimum an Energie lässt sich ein «gutes» Leben führen? In der Praxis werden in sogenannten Living Labs verschiedene Ansätze erprobt. Ein Beispiel ist die partizipative Gestaltung des Aussenraums, um das Wohlbefinden in Hitzeperioden zu verbessern. Ein anderes Fallbeispiel zeigte, wie die Gemeinde Verbier in einem partizipativen Prozess Massnahmen zur Förderung der Energiesuffizienz entwickelte.

Botschafter Guillaume Cassaigneau lieferte in seinem Beitrag Einblicke in das Stromabkommen.

Stromabkommen zur Diskussion
Was bringt das neue Stromabkommen mit der EU? Diese Frage stand am Nachmittag im Zentrum. Guillaume Cassaigneau vom Bundesamt für Energie, der die Verhandlungen leitete, erläuterte die Kernpunkte des Stromabkommens. Im Zentrum stehe die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage, die der Schweiz Zugang zu wichtigen Plattformen und Prozessen im internationalen Stromhandel garantiert. Damit lassen sich unvorhersehbare Energieflüsse vermeiden und die Stabilität der Stromversorgung verbessern. Der Markt für Endkunden wird liberalisiert, was den Wettbewerb unter den Energieversorgern verstärkt und einen Innovationsschub auslösen könnte. Trotz Liberalisierung können Haushalte aber in der Grundversorgung des lokalen Anbieters bleiben, wenn sie den Anbieter nicht frei wählen wollen – ein wichtiger Verhandlungserfolg der Schweiz. Die Ängste zum Ausverkauf der Schweizer Energieinfrastruktur sei unbegründet. Wasserzinse und Konzessionen blieben unangetastet. Ob Infrastrukturen verkauft oder privatisiert würden, liege allein in der Hand der heutigen Besitzer.

Versorgungssicherheit im Vordergrund
Die Podiumsteilenehmenden waren sich einig, dass es für die Versorgungssicherheit ein Stromabkommen mit der EU braucht. Jean-Philippe Kohl von Swissmem erwartet dank engerer Zusammenarbeit mit der EU eine effizientere Netznutzung und in der Folge tiefere Strompreise. Für die Schweizer Industrie sei der Strompreis ein relevanter Kostenfaktor. Die Wirtschaftlichkeit dürfe bei Massnahmen zur Energiewende deshalb nicht vergessen werden. Ob, wie und wann das Stromabkommen zur Abstimmung kommt, ist noch offen. Wichtig sei es, die Bevölkerung mit dem Argument der Versorgungssicherheit zu überzeugen, betonte Jonas Schmid von der Universität Bern. Denn wie eine Umfrage der Universität Bern ergab, will ein Grossteil der Schweizer Bevölkerung eine unabhängige Stromversorgung, nur eine kleine Minderheit begrüsse Importe.

Neues Format kam an
Mit dem neuen Format und dem Wechsel der Konferenzsprache von Englisch auf Deutsch und Französisch mit Simultanübersetzung wollte das SWEET-Office den Praxistransfer fördern und gezielt mehr Stakeholder ausserhalb der Forschung ansprechen. Ein Blick in die Teilnehmerliste zeigt, dass dies gelungen ist.

Präsentationen und Bilder
Alle Präsentationen und Fotos der SWEET-Konferenz sind auf der SWEET-Website zu finden.

SWEET – «SWiss Energy research for the Energy Transition» – ist ein Förderprogramm des Bundesamtes für Energie (BFE). Ziel von SWEET ist es, Innovationen zu fördern, die wesentlich zur erfolgreichen Umsetzung der Energiestrategie 2050 und zur Erreichung der Klimaziele der Schweiz beitragen

Irene Bättig, Sprachwerk GmbH im Auftrag der Geschäftsstelle SWEET, Bundesamt für Energie (BFE)
Bilder: BFE

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