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Vorsicht vor billigen elektrischen Geräten aus dem Ausland


USB-Sticks, Powerbanks, Ladekabel oder andere elektrische Geräte online zu kaufen, ist nicht unproblematisch. Vor kurzem hat zum Beispiel die Kantonspolizei Aargau vor brennenden Akkus und Ladekabeln gewarnt, die über Billigplattformen vertrieben werden. In der Schweiz ist das Eidgenössische Starkstrominspektorat (ESTI) für die Aufsicht und die Kontrolle von elektrischen Niederspannungserzeugnissen zuständig, die in der Schweiz zum Verkauf angeboten werden. Niederspannungserzeugnisse sind Geräte, die mit maximal 1000 Volt Wechselspannung (z.B. Waschmaschine, Kühlschrank) oder 1500 Volt Gleichspannung (z.B. Radio, Computer, Spielkonsolen) betrieben werden. Doch: Welche Möglichkeiten hat das ESTI bei Produkten, die über den Online-Handel zu den Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten kommen? Energeiaplus hat bei Severo Nicoli nachgefragt. Er ist beim ESTI Leiter der Marktüberwachung.

Energeiaplus: Auf der ESTI-Homepage steht, dass in der Schweiz nur sichere elektrische Erzeugnisse auf dem Markt bereitgestellt werden sollen. Vieles wird heute aber online aus dem Ausland bestellt. Auch elektrische Geräte. Besteht bei der Einfuhr eine Kontrollmöglichkeit, ob diese Erzeugnisse sicher sind?

Severo Nicoli ist beim ESTI zuständig für die Marktüberwachung; Bild: zvg

Severo Nicoli: Der Zoll (Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit, BAZG) ist für die Kontrolle bei der Einfuhr von Waren zuständig. Dieser kann exakt spezifizierte, einfache Aufträge von Marktüberwachungsbehörden – in diesem Fall des ESTI – ausführen. Jedes elektrische Gerät bei der Einfuhr zu kontrollieren respektive zu blockieren, ist jedoch nicht möglich. Denn: Man sieht es einem Produkt oft nicht gleich an, ob dieses den Schweizer Normen entspricht oder nicht.

Kann das ESTI überhaupt verhindern, dass minderwertige respektive potenziell gefährliche Geräte an Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten verkauft werden?

Zuerst muss man Folgendes klären: Qualitativ minderwertige Produkte, die aber sicher sind, dürfen auf dem Schweizer Markt bereitgestellt werden. Seit 1997 gilt im Bereich der elektrischen Erzeugnisse der Grundsatz, dass die Wirtschaftsakteure (primär die Hersteller) dafür verantwortlich sind, sichere Produkte auf den Markt zu bringen. Sie müssen diese nicht mehr vorgängig durch eine Marktüberwachungsbehörde genehmigen lassen. Die Marktüberwachungsbehörden prüfen aber über Stichproben bei Verdachtsmomenten und auf Anzeige hin, ob die Wirtschaftsakteure ihre Pflichten einhalten. Darüber hinaus soll das ESTI nicht eingreifen.

Ich nenne einige Beispiele, wo wir nicht aktiv werden: Ein Mixer mit sehr schwacher Leistung, der heiss wird, weil der Motor überhitzt, aber selbständig abstellt; ein Staubsauger, der nicht gut saugt; ein Gerät, das sich nach wenig Gebrauch nicht mehr einschalten lässt; eine Heizplatte, die zu wenig heiss wird; ein Kühlgerät, das zu wenig kühlt, usw.

Hingegen dürfen potenziell gefährliche Geräte gar nicht auf dem Schweizer Markt bereitgestellt werden. In solchen Fällen handelt der entsprechende Wirtschaftsakteur illegal. Hier werden wir aktiv und verlangen, dass der Wirtschaftsakteur Massnahmen trifft, um diese potenziell gefährliche Situation zu beseitigen.

Zurück zu Ihrer Frage: Nein, das ESTI kann nicht verhindern, dass ein Wirtschaftsakteur illegale Produkte auf den Markt bringt. Die Situation in der Schweiz ist aber sehr zufriedenstellend; die hier angebotenen elektrischen Erzeugnisse, können in der Schweiz mit gutem Gewissen gekauft werden. Sie sind bis auf wenige Ausnahmen gesetzeskonform.

Wo sehen Sie Handlungsbedarf?

Der Online-Handel hat neue Herausforderungen mit sich gebracht. Das Gesetz wurde danach angepasst. So dürfen wir heute auch Anbieter von Produkten auf Webseiten auf ihre Pflichten aufmerksam machen. Denn auch wenn ein Wirtschaftsakteur elektrische Geräte «nur vermittelt», müssen diese Geräte den Normen entsprechen. Das ESTI führt auch bei solchen Firmen Marktüberwachungsverfahren durch.

Zu bemerken ist, dass den schweizerischen Wirtschaftsakteuren die Anforderungen an die elektrischen Erzeugnisse durchaus bekannt sind. Das ist u. a. unserer schweizweiten Präsenz (schweizweite Stichprobekontrollen) zu verdanken. Auch sehr gut bekannt ist unser Sicherheitszeichen S+. Dank diesem Sicherheitszeichen haben die Wirtschaftsakteure die Möglichkeit, ihre Erzeugnisse auf die Konformität bezüglich der elektrischen Sicherheit durch das ESTI prüfen zu lassen. Diese Dienstleistung bringt den Wirtschaftsakteuren eine Entlastung bei den internen Prozessen. Die Konsumentinnen und Konsumenten können darauf zählen, dass Erzeugnisse mit dem S+ Zeichen () alle entsprechend vorgeschriebenen Prüfungen zur elektrischen Sicherheit bestanden haben.

Wann sollten Konsumentinnen und Konsumenten vorsichtig sein?

Das Internet ermöglicht es den Konsumentinnen und Konsumenten, billige Produkte direkt aus dem Ausland zu bestellen. Hier ist die Wahrscheinlichkeit hoch, ein unsicheres elektrisches Erzeugnis zu erwerben.  Wenn ein aus Asien importiertes Gerät weniger als die Hälfte kostet als ein EU-Gerät, würde ich aufpassen. Wie weiss man, ob das Gerät geprüft wurde? Kommt hinzu: Weil Sie das Gerät direkt importieren, sind Sie auch selbst verantwortlich betreffend allfälliger Gefahren, die von diesen Geräten ausgehen könnten.

Daher unser Hinweis: Vorsicht bei Käufen auf nicht europäischen Plattformen und Webseiten ohne eine erreichbare Schweizer Kontaktadresse des Betreibers.

Wie kann ich als Kundin sicherstellen, dass mein USB-Stick oder meine Powerbank in Ordnung ist?

Bitte machen Sie keine Selbstprüfungen oder dergleichen. Dies kann das Erzeugnis beschädigen und dies somit auch unsicher oder sogar gefährlich machen.

Es ist meistens nicht möglich, ein Erzeugnis nur aufgrund des äusserlichen Erscheinungsbildes zuverlässig zu beurteilen. Konsumentinnen und Konsumenten können jedoch:

  • Die Wahl der Plattformen und Webseiten einschränken. Insbesondere keinen Anbieter wählen, bei dem keine erreichbare Schweizer Kontaktadresse des Shop-Betreibers besteht.
  • Die Wahl der Plattformen und Webseiten einschränken. Insbesondere keinen Anbieter wählen, bei dem keine erreichbare Schweizer Kontaktadresse des Shop-Betreibers besteht.
  • Vorsicht bei vermeintlichen Schnäppchen. Oft sind solche angebotenen Geräte minderwertige Ware mit lückenhaften Produkteprüfungen, welche aufgrund minderwertiger elektrischer Bauteile und rudimentärer Bauweise über eine längere Betriebsdauer unsicher sind oder werden können. Für Konsumentinnen und Konsumenten ist dies von Auge kaum erkennbar.
  • Beim Kauf von Elektrogeräten ist auf einen korrekten Schweizer Stecker, einen erreichbaren und kompetenten Kundendienst, verständliche Bedienungsanleitungen und auf am Gerät angebrachte Prüfzeichen zu achten (zum Beispiel unser Sicherheitszeichen ).
  • Bei der Benutzung von Geräten, vor allem, wenn diese schon etwas älter sind, sollte man immer auf die Beschaffenheit des Erzeugnisses achten. Ist der Mantel der Netzanschlussleitung noch intakt? Sitzt der Schalter noch fest? Sind alle Abdeckungen noch stabil und gut befestigt? Vergessen Sie nicht: Strom sieht man nicht, aber wenn man die Metallteile sieht, durch welche der Strom fliesst, dann soll das Gerät nicht mehr benutzt und fachmännisch repariert werden.

Wie handhaben Sie es ganz persönlich?

Früher, nachdem ich ein Erzeugnis nach seiner Produkte-Norm vollständig geprüft hatte und dieses eigentlich konform war, scherzte ich gerne mit dem Spruch: «Man kann prüfen, was man will, aber ein wirklich sicheres Gerät ist nur ein ausgestecktes Gerät». Heute, im Zeitalter der energiestarken Akkus, ist dieser Spruch nur noch teilweise gültig. Daher mein privater Tipp (den ich auch bei mir zuhause durchzusetzen versuche): Bei längerer Abwesenheit, aber auch in der Nacht, möglichst alle Stecker aus den Steckdosen ziehen und energiereiche Akkus in isolierten Metallboxen aufbewahren. Laden von Mobiltelefonen auf einer unbrennbaren Oberfläche (z.B. aufs Kuchenblech legen) und weit weg von leicht brennbaren Stoffen, wie Vorhängen etc.

Wo respektive wie kann die ESTI-Marktüberwachung  denn eingreifen?

Wir dürfen in der ganzen Schweiz Kontrollen durchführen. Wenn jemand ein elektrisches Erzeugnis anbietet, dürfen wir kontrollieren, ob er die dafür nötigen Konformitätsunterlagen besitzt. Bei Verdacht auf Nicht-Konformität fordern wir solche Geräte auch an und prüfen sie. Bevor wir nicht Mängel festgestellt haben, können wir kein Verkaufsverbot verfügen.

Wie läuft ein Marktüberwachungsverfahren genau?

Sobald das Erzeugnis bei uns registriert ist, ist das Marktüberwachungsverfahren eröffnet. Danach folgt eine Korrespondenz mit dem Wirtschaftsakteur. Wenn der Wirtschaftsakteur uns nicht alle benötigten Nachweisunterlagen liefern kann, oder wenn unsere Feststellungen betreffend Mängel nicht widerlegt werden können, verfügen wir passende Massnahmen bis hin zu einem Verkaufsverbot für dieses Erzeugnis. Oft ist es so, dass ein Wirtschaftsakteur, sobald er realisiert, dass sein Erzeugnis potenziell gefährlich sein könnte, dieses freiwillig aus dem Verkehr nimmt. Bei gefährlichen Geräten wird ein Rückruf verlangt.

Wie oft führt das ESTI solche Verfahren durch? Respektive: Kommt das oft vor? Was sind die Folgen?

Ich gebe Ihnen einige Zahlen aus der Kontrollperiode 2022: Es wurden 1’375 Erzeugnisse überprüft, davon waren 210 nicht konform auf dem Markt bereitgestellt. Es waren zwar nicht alle Mängel direkt sicherheitsrelevant, dennoch mussten 94 Verkaufsverbote ausgesprochen werden. Insgesamt wurden 41 Rückrufe durchgeführt (zusätzlich wurden 13 Rückrufe oder Sicherheitswarnungen öffentlich auf den Kommunikationskanälen des Büros für Konsumentenfragen BFK unter www.konsum.admin.ch respektive www.recallswiss.admin.ch publiziert).

Das ESTI kann nicht direkt eine Busse aussprechen, jedoch zweckmässige Massnahmen und Aktionen verfügen, was in der Regel aufwendiger ist, als einfach eine Busse zu bezahlen, dafür aber zielgerichteter. Renitente Wirtschaftsakteure allerdings werden beim Bundesamt für Energie (BFE) zur strafrechtlichen Beurteilung angezeigt.

Interview: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Bild: keystone/Alessandro della Bella

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