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Bern macht Strassenlaternen zu E-Ladestationen


Jedes sechste Fahrzeug, das in der Schweiz in den ersten Monaten 2021 neu zugelassen wurde, fährt bereits mit Strom. Eine Herausforderung ist das Aufladen in städtischen Gebieten. Was man in London schon länger kennt, soll nun auch in Schweiz möglich werden: Das Laden des E-Autos an der Strassenlaterne. Seit Ende März 2021 läuft in der Stadt Bern ein Pilotversuch.

Drei Ladestationen hat ewb, der Energieversorger der Stadt Bern in der blauen Zone eingerichtet. Drei Laternenmasten hat ewb dafür umgerüstet: Zwei an der Thormanstrasse im Berner Kirchenfeld und eine an der Huberstrasse im Quartier Ausserholligen. Beides sind Wohnquartiere mit Mehrfamilienhäusern, die oft keine eigenen Parkplätze haben.

Die Strassenlaternen wurden für den Pilotbetrieb mit einer separaten Stromleitung erschlossen, erklärt ewb auf Anfrage von energeiaplus. Denn: Die Stromversorgung der öffentlichen Beleuchtung und der Ladepunkte werden mit separaten Systemen gesteuert. Das heisst: am Tag, wenn die Strassenlaternen nicht leuchten, sollen die Autos trotzdem geladen werden können.

 

Die Projekt-Partner:

Energie Wasser Bern betreibt die Ladestationen. Siemens und ubitricity (die deutsche Firma hat in London bereits über tausend Strassenlaternen zu Ladestationen aufgerüstet) sind für die technische Lösung zuständig und MOVE fungiert als E-Mobility Service Provider. Die Stadt Bern unterstützt das Projekt und stellt die Parkfelder in der blauen Zone zur Verfügung. Das Projekt wird auch von EnergieSchweiz unterstützt.

 

Um eine breitere Abdeckung zu erreichen, muss die Stromerschliessung solcher Laternen-Ladepunkte weiter optimiert werden. Die Projektgruppe tauscht sich diesbezüglich mit den Spezialisten der Netzabteilung des Bundesamtes für Energie und des Eidgenössischen Starkstrominspektorats ESTI aus.

Wer sein Elektroauto an einer dieser Strassenlaternen vollladen will, braucht Zeit. Die Leistung beträgt 3.7kW. Damit können je nach Fahrzeug cirka 15 km Reichweite pro Ladestunde geladen werden. Damit eignet sich das Konzept vor allem auch für das Laden über Nacht. Zur Einordnung: Die durchschnittlich pro Tag zurückgelegte Strecke mit einem Personenwagen in der Schweiz beträgt 30 bis 35 Kilometer.

Das Stadtberner Energieunternehmen ewb macht denn auch klar: Die Ladestationen sind für Anwohnerinnen und Anwohner gedacht, die keine eigene Lademöglichkeit haben und ihr Auto so auf einem öffentlichen blauen Parkfeld aufladen können.

Auswertung im Frühling 2022

Tafel am Kandelaber erklärt den Ladevorgang. Bild: BFE / Brigitte Mader

Die Parkfelder sind entsprechend markiert. An den Masten ist eine Anleitung für das korrekte Laden angebracht. Wer Strom braucht, muss zudem ein Abo des E-Ladestation-Betreibers MOVE besitzen. Nötig ist zudem ein eigenes Ladekabel mit einem Stecker Typ-2.

Der Pilotversuch dauert mindestens ein Jahr, ab Frühling 2022 erfolgt die Auswertung der Daten. Dabei soll sich unter anderem zeigen, ob ein Bedürfnis besteht und ob das Laden technisch und wirtschaftlich funktioniert.

Konzept kommt an

Die ersten Erfahrungen seit Ende März zeigen noch gewisse Herausforderungen: Die Ladepunkte laufen noch nicht immer so stabil wie gewünscht. Die Parkfelder sind zwar am Boden mit einem E-Auto-Piktogramm markiert. Dennoch kommt es ab und zu vor, dass Verbrenner-Fahrzeuge dort parkieren.

Energie Wasser Bern prüft deshalb gemeinsam mit dem Tiefbauamt der Stadt Bern, welche Änderungen vorgenommen werden können. Ziel ist es, dass künftig fehlbare Lenkende (Verbrennerfahrzeuge oder nicht eingesteckte Steckerfahrzeuge) gebüsst werden können.

Die Idee, Ladepunkte an bereits bestehender städtischer Infrastruktur anzubieten, leuchte indes vielen Leuten ein, heisst es bei ewb.

 

Stephan Walter ist Fachspezialist Mobilität beim Bundesamt für Energie. Bild: Brainstore

Stephan Walter ist Spezialist Mobilität beim Bundesamt für Energie. Energeiaplus wollte von ihm wissen, wie wichtig solche Pilotversuche sind.

Stephan Walter: Solche Pilotprojekte sind sehr wichtig, um zum Beispiel technische Fragen oder die Akzeptanz der Nutzenden zu klären. Uns ist es ein Anliegen, dass die gewonnenen Erkenntnisse aus solchen innovativen Projekten auch anderen Städten und Gemeinden zur Verfügung stehen und der Aufbau von Ladeinfrastruktur dadurch beschleunigt werden kann. Deshalb wird das Projekt auch seitens EnergieSchweiz unterstützt.

Wo sind die grössten Herausforderungen beim Laden von Elektroautos?

Zentral sind Lademöglichkeiten am Wohnort, also dort, wo die Autos lange stehen. Insbesondere in Mehrfamilienhäusern und für Personen ohne fixen Autostellplatz müssen rasch geeignete Lademöglichkeiten geschaffen werden.

Welche Rolle kann der Bund einnehmen bei der Lösung dieser Herausforderungen?

EnergieSchweiz unterstützt unter anderem mit verschiedenen Massnahmen im Bereich der Information und Beratung sowie der Erarbeitung von Hilfsmitteln. Mit dem SIA-Merkblatt 2060 «Infrastruktur für Elektrofahrzeuge in Gebäuden», das in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein SIA entstanden ist, wird zum Beispiel Planungssicherheit für InvestorInnen, ArchitektInnen und ElektroplanerInnen geschaffen. Wir erhoffen uns dadurch, dass die darin enthaltenen Standards und Empfehlungen sich bei Neubauten und auch grösseren Umbauten zugunsten der Elektromobilität durchsetzen werden.

Text und Interview: Brigitte Mader, Kommunikation Bundesamt für Energie

 

 

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2 Kommentare
  1. Julián Ucrós
    Julián Ucrós sagte:

    Sehr interessant und definitiv ein Versuch wert! Elektromobilität kommt und wir brauchen praktische Lösungen wie diese für unsere Städte.

    Antworten
  2. Nufer Erich
    Nufer Erich sagte:

    Hallo zusammen kurze Frage: Wieso können innerhalb der EW Branche bereits gemachte Erfahrungen nicht besser gegenseitig ausgetauscht werden? Ladestationen an Strassenlampen sind bei EKZ schon seit Jahren im Einsatz. Im Rahmen der Smart City Bestrebungen wurden auch andere Mehrwerte generiert. Solche Pilotprojekte kosten immer viel Geld, das besser koordiniert mehr Wertschöpfung ergeben könnte. Damit wäre ein rascheres Lernen innerhalb der Branche möglich.

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