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Wie die Sonne die Zementproduktion klimafreundlicher machen kann


Für viele industrielle Prozesse braucht es hohe – sehr hohe Temperaturen. Zum Beispiel für die Zementherstellung. Doch: Wie soll man diese Prozesswärme im Hochtemperaturbereich erreichen, wenn man keine fossilen Energien wie Kohle oder Erdgas einsetzen will, die CO2-Emissionen freisetzen. Das ETH-Spin-off Synhelion hat ein Verfahren entwickelt, das auf Sonne setzt.

Und so geht’s: Um hohe Temperaturen mit Solarenergie zu erreichen, muss das Licht gebündelt werden. Das geht zum Beispiel mit einer Linse (Lupe) oder auch mit Spiegeln, um die ganze Energie, die auf eine grössere Fläche trifft, auf einen einzelnen Punkt zu fokussieren.

Synhelion hat einen sogenannten Solar-Receiver entwickelt, der die Sonnenenergie absorbieren und dann in Prozesswärme umwandeln kann. Mit diesem Verfahren können extrem hohe Temperaturen erreicht werden. Das Bundesamt für Energie unterstützt die Entwicklung dieses Solar-Receiver-Konzepts im Rahmen von Forschungsprojekten.

Temperaturen von bis zu 1500 Grad mit Sonnenenergie zu erreichen, «das ist ein bahnbrechender Erfolg», freuen sich die Verantwortlichen bei Synhelion. Damit können um 550 Grad höhere Temperaturen erreicht werden, als es mit den bisher in dieser Grösse gebauten Receivern weltweit möglich war. Dank dieser hohen Temperaturen eröffnen sich ganz neue Einsatzgebiete der Solarwärme – in der Zement-, Stahl- und der petrochemischen Industrie.

 

Sonne statt Erdöl, Kohle oder Holz in der Zementproduktion: Daran arbeitet die Forschung schon länger. Bereits 1980 hatten französische Ingenieure gezeigt, dass mit Sonnenenergie die hohen Temperaturen erreicht werden können, die es für die Zementproduktion braucht. Sie hatten einen Solar-Brennofen gebaut, in welchem drehbare Spiegel das Licht der Sonne auf einen Punkt bündelten. Ihr Sonnenofen hatte allerdings nur Laborgrösse.

Heute läuft in der Hochtemperatur-Solarenergie einiges an Forschung und Entwicklung. Beispielsweise in der Abteilung PROMES des französischen Centre national de la recherche scientifique, mit der die ETH Zürich und das Paul Scherrer Institut seit Jahren zusammenarbeiten. Oder auch beim US-amerikanischen Unternehmen Heliogen.

 

Wo will Synhelion den Solar-Receiver einsetzen?
  • In der Zementproduktion:

Die Herstellung von Zement braucht nicht nur viel Energie. Sie ist auch für rund 8 Prozent des weltweiten CO2-Ausstosses verantwortlich.

Warum? Zement wird aus Kalkstein (Calciumcarbonat) hergestellt – in einem mehrstufigen Verfahren. Zuerst wird der Kalk gebrochen, dann fein gemahlen und schliesslich bei einer Temperatur von fast 1’500 Grad gebrannt.

Zwei Drittel der CO2-Emissionen entstehen während der Produktion bei der chemischen Zersetzung des Kalksteins. Ein Drittel stammt von den fossilen Energieträgern, die eingesetzt werden, um die hohen Prozesstemperaturen zu erreichen. Mit dem Einsatz von Sonnenwärme statt fossiler Energie würde der CO2-Fussabdruck bei der Zementherstellung entsprechend verkleinert.

Für industrielle Prozesse braucht es allerdings einen möglichst konstanten Betrieb. Dank einem thermischen Speicher kann der Prozess rund um die Uhr betrieben werden, auch wenn die Sonne gerade nicht scheint. Aber klar ist: Diese Technologie ist auf viel Sonne angewiesen. Wüstenregionen eignen sich darum besonders gut. Die Schweiz ist dagegen kein idealer Standort.

Zusammen mit dem international tätigen Baustoffhersteller CEMEX SA hat Synhelion eine Machbarkeitsstudie gemacht. Bis Ende 2022 will Synhelion nun eine Pilotanlage in ein bestehendes CEMEX Zementwerk integrieren und dieses dann sukzessive zu einer vollständig solarbetriebenen Anlage ausbauen.

  • Für die Treibstoff-Herstellung:

Um die chemische Reaktion zur Herstellung von Synthesegas in Gang zu setzen, braucht es Prozesswärme. Diese Prozesswärme stellt Synhelion mit konzentriertem Sonnenlicht her. Das Synthesegas wird anschliessend in einem industriellen Verfahren zu Treibstoffen wie Benzin, Diesel oder Kerosin weiterverarbeitet.

Synhelion plant derzeit eine Produktionsanlage in industrieller Grösse. Die Markteinführung der Treibstoffe ist in den kommenden zwei Jahren vorgesehen. Bis 2030 will Synhelion ein Produktionsvolumen von rund 700’000 Tonnen Treibstoff pro Jahr erreichen. Damit könnte die Hälfte des Kersosinverbrauchs der Schweizer Zivilluftfahrt oder rund 15 Prozent des Schweizer Diesel- und Benzinverbrauchs abgedeckt werden. Grosses Interesse am Einsatz so gewonnener synthetischer Treibstoffe haben bereits der Flughafen Zürich und die Fluggesellschaft Lufthansa/Swiss bekundet. Beide Parteien haben in der ersten Hälfte 2020 eine Absichtserklärung mit Synhelion unterzeichnet.

 

Zement – ein gefragter Baustoff

In der Schweiz liegt der Zementverbrauch pro Person bei rund 600 Kilo. Das entspricht in etwa dem globalen Durchschnitt, ist aber auf Grund des hohen Lebensstandards rund doppelt so hoch wie der globale Median.

Dank Effizienzmassnahmen in den letzten Jahren ist der Einsatz von thermischer Energie und Elektrizität bereits kontinuierlich gesunken. Der globale Zementverbrauch hat sich stabilisiert.

Die Internationale Energie Agentur (IEA) hat zudem in ihrer Roadmap 2010 «Low-Carbon Transition in the Cement Industry» verschiedene Massnahmen festgehalten auf dem Weg zu einer nachhaltigen Zementproduktion:

  • Effizienzsteigerungen in bestehenden Zementwerken
  • Einsatz von alternativen und erneuerbaren Brennstoffen in der Produktion
  • Absenkung des Klinkeranteils im Zement durch Beimischung alternativer Materialien
  • CO2-Emissionen während des Produktionsprozesses abscheiden und dauerhaft speichern (Carbon Capture, Utilisation and Storage (CCUS))

 

Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie

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