Wie Mieterinnen und Mieter Solarstrom produzieren können
Die Sonne scheint für alle. Energeiaplus zeigt, wie auch Mieterinnen und Mieter ohne eigenes Dach ihren eigenen Solarstrom produzieren oder Solarenergie beziehen können, wie die verschiedenen Möglichkeiten genutzt werden und was die Vor- und Nachteile sind. Eine Übersicht bietet auch das Merkblatt von EnergieSchweiz.
Solarkraftwerk für den Balkon
Solarpanel am Geländer befestigen, einstecken und Strom produzieren. Das kleine Solarkraftwerk am eigenen Balkon scheint eine einfache Sache zu sein, versprechen die Anbieter dieser Anlagen.
Eine komplette Anlage mit zwei Solarmodulen, einem Wechselrichter sowie Kabel kostet zwischen 600 und 1800 Franken.
Solche Anlagen (auch Plug-and-Play genannt) sind für den Eigenverbrauch geeignet. Die Leistung ist beschränkt. Der produzierte Solarstrom kann direkt für den Kühlschrank oder die E-Bike-Ladung genutzt werden. Allfälliger Überschuss kann ins allgemeine Stromnetz zurückfliessen. Soll dieser Überschussstrom vergütet werden, braucht es aber einen Zweirichtungszähler.
Diese Punkte gilt es zu beachten:
- Es dürfen pro Haushalt nur mobile PV-Anlagen mit bis zu maximal 600W Leistung an die Steckdose angeschlossen werden. Grund dafür ist, dass sonst das Risiko einer Erwärmung der elektrischen Leitungen des Gebäudes entsteht, wenn gleichzeitig bereits zu viele Geräte Strom verbrauchen.
- Die Anlage muss bestimmte Normen einhalten (siehe Merkblatt des ESTI).
- Allenfalls muss eine Bewilligung bei der Vermieterschaft eingeholt werden.
- Vor der Inbetriebnahme muss die Anlage dem Netzbetreiber gemeldet werden.
- Die Anlage muss mobil sein. Sie muss also ohne grossen Aufwand umgestellt werden können.
Beteiligung an Solardächern
Mieterinnen und Mieter können sich Solarflächen auf fremden Dächern kaufen. Sie finanzieren damit den Bau von Solaranlagen und beziehen den dort produzierten Strom.
Zum Beispiel. «Sunraising” in Bern:
Hinter «Sunraising» steht ein Verein, der in Bern mit dem lokalen Energieversorger ewb zusammenarbeitet. Seit der Gründung 2016 hat der Verein 18 Solaranlagen auf Dächern von Stadtberner Liegenschaften gebaut. Zusammen produzieren diese 340.8 MWh pro Jahr.
Sunraising erhebt die Wohnsituation seiner knapp 500 Kundinnen und Kunden nicht. Der Verein kann darum nicht sagen, wie viele Mieterinnen und Mieter sein Kundenstamm zählt.
Für einen Preis von 350 Franken pro Quadratmeter erhalten Sunraiserinnen und Sunraiser 20 Jahre lang eine jährliche Stromgutschrift über 110 kWh auf ihrer ewb-Schlussrechnung gutgeschrieben. Der Kauf von Sunraising-Quadratmetern ist eine Vorinvestition in den künftigen Stromverbrauch. Der Grossteil der Kundinnen und Kunden kauft einen bis fünf Quadratmeter Solarfläche.
Sunraising schreibt dazu: «Wir sind überzeugt, dass der nachhaltige Ausbau der Solarenergie wichtiger ist als ein möglichst günstiger Preis für Solarstrom. Wir wollen so den (realen) Ausbau der Solarenergie in der Stadt Bern fördern: Unsere Sunraiserinnen und Sunraiser finanzieren neue Photovoltaik-Anlagen, welche wir nach abgeschlossenem Crowdfunding auch tatsächlich bauen.»
Zum Beispiel ewz in Zürich:
Zwischen einem und zehn Quadratmeter Solarfläche à 250 Franken/m2 kann man beim Stadtzürcher Energieversorger kaufen. Dafür erhält man zwischen 80 und 800 kWh Strom pro Jahr auf seiner Rechnung gutgeschrieben. Der Vertrag für das Produkt «ewz.Solarzüri» läuft über 20 Jahre.
Seit 2015 sind so 24 neue Solaranlagen gebaut und in Betrieb genommen worden. Laut Thöme Jeiziner vom ewz sind die Flächen jeweils innert kürzester Zeit ausverkauft. Die Solarflächen befinden sich auf Liegenschaften (z.B. Schulhäusern) in der Stadt Zürich. Die Anlagen werden vorfinanziert. Eine Ausnahme war die Solar-Grossanlage im Bergell an der Albigna-Staumauer.
Über 5000 Kundinnen und Kunden seien bereits «Mitbesitzer» von ewz-Solarflächen. Laut Jeiziner sind dies hauptsächlich Mieterinnen und Mieter. «Das Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft», sagt Jeiziner und verweist auf die knapp 210’000 Privatkundinnen und Kunden von ewz.
Weitere Möglichkeiten
Anstatt sich direkt an einer Solaranlage zu beteiligen, können sich Mieterinnen und Mieter auch indirekt für Solarenergie engagieren.
Solarvignette:
Eine Solarvignette ist in der Regel in Form eines kleinen Aufklebers erhältlich und zeichnet eine bestimmte jährliche Bezugsmenge an Solarstrom aus. Pro Solarvignette bezieht man so viel Solarstrom, wie das gewählte Gerät (z.B. Handy, Laptop oder Kühlschrank) durchschnittlich pro Jahr verbraucht.
Ein Anbieter von Solarvignetten ist z.B. Solafrica. 2020 hat die Non-Profit-Organisation Vignetten für total 282’840 kWh Solarenergie verkauft. Das ist so viel wie nie zuvor. Solafrica bietet Vignetten für Handy, Laptop, E-Bike, Kühlschrank und Elektroauto. Im Jahr 2020 hat sich Solafrica zudem entschieden, nicht mehr wie bis anhin nur die Nachfrage nach
Solarstrom zu stimulieren, sondern selbst beim Bau von Solaranlagen aktiv zu werden. Solafrica fördert Projekte in der Schweiz und auch im Ausland, insbesondere in Afrika.
Wechsel vom Standard- auf das Solar-Strom-Produkt des Stromanbieters
Jeder Energieversorger muss seinen Kunden und Kundinnen die Herkunft des Stroms deklarieren und dies mit sogenannten Herkunftsnachweisen belegen können. Bestellen Kundinnen und Kunden Solarprodukte, muss der Energieversorger dafür entweder seine eigenen Herkunftsnachweise verwenden oder diese an der Strombörse kaufen. Solche Herkunftsnachweise können auch Solarstrom aus dem Ausland deklarieren. Viele wertvolle Informationen zu diesem Thema finden Sie auch auf www.mynewenergy.ch.
Wie beurteilt die Fachspezialistin im BFE die Möglichkeiten.
Die Schweiz ist ein Land von Mieterinnen und Mietern. Wie bewerten Sie die Möglichkeiten für Mieterinnen und Miete?
Joëlle Fahrni: Das sind gute Möglichkeiten für all jene, die kein eigenes Dach haben, um eine Solaranlage zu installieren. Wichtig ist: Alle Lösungen, die zu einer nachhaltigen Energiezukunft beitragen können, sollten in Betracht gezogen werden. Manche mögen marginal erscheinen, aber kein Beitrag ist zu klein. So können alle ihren Beitrag leisten, jeder und jede nach ihren·respektive seinen Möglichkeiten.
Es gibt direkte und indirekte Möglichkeiten, wie sich Mieterinnen und Mieter engagieren können. Wie viel können sie überhaupt zum Zubau von Solaranlagen beitragen?
Jede Kilowattstunde zählt! Und die Mieter und Mieterinnen stellen 60 % der Schweizer Bevölkerung, was nicht unerheblich ist. Ob sie nun direkt investieren oder sich als sogenannte Influencer engagieren, indem sie mit ihren Familien, ihren Freunden, ihren Nachbarn über Solarenergie sprechen.
Was kann das Bundesamt für Energie beitragen, um das Engagement von Mieterinnen und Mieter punkto Solarenergie zusätzlich zu fördern.
Mit dem Merkblatt «Solarstrom für Mieterinnen und Mieter» und den Informationen auf der Webseite von EnergieSchweiz bestehen bereits verschiedene Möglichkeiten, sich das notwendige Wissen zu beschaffen. Verschiedene Kommunikationsmassnahmen sind aufgegleist, um diese Möglichkeiten bekannt zu machen. Darüber hinaus wird seit 2017 viel gegen Vorurteile gegenüber Solarenergie getan und für den Abbau von Hürden .
Text und Interview: Brigitte Mader, Kommunikation Bundesamt für Energie
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