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Wie in Urdorf ZH das Wohnen der Zukunft gebaut wird


Eine Überbauung, die ihre Energie selber produziert und sowohl im Sommer wie im Winter genug davon hat, weil überschüssige Energie via Gasnetz gespeichert wird: Die Umwelt Arena hat für ihr Projekt in Männedorf den Watt d’Or 2021 erhalten. Die Auszeichnung wird für herausragende Leistungen im Energiebereich vergeben und soll zum Nachmachen animieren. Nun läuft die Ausschreibung für den Watt d’Or 2022. Unterdessen kopiert sich die Umwelt Arena in Urdorf mit einer noch grösseren Überbauung sozusagen selber. Energeiaplus begleitet die Realisierung des Projekts in Urdorf in einer losen Serie.

Visualisierung der Überbauung in Urdorf ZH Bild: Umwelt Arena

Der Rohbau der drei Mehrfamilienhäuser in Urdorf.

 

Baustellenbesuch Mitte Mai 2021: Der Rohbau der drei Mehrfamilienhäuser in Urdorf steht. Auf dem fast 4000 m2 grossen Gelände, wo einst ein Bürogebäude und eine Werkstatthalle standen, werden Wohnungen für 39 Parteien gebaut.

Die grossen Terrassen fallen auf, im Innern des Rohbaus hängen Leitungen aus den Betondecken und Wänden. Man sieht, wo Küchenkombination oder WC eingebaut werden, der Lift die Bewohnerinnen und Bewohner in die oberen Stockwerke bringen soll. Derzeit deutet für Uneingeweihte nichts darauf hin, dass hier alles andere als eine 0815-Überbauung entsteht.

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Doch die Überbauung in Urdorf soll nichts weniger als ein «nationales Zukunftsprojekt» werden. So steht es auf dem Flyer zum Projekt der Bauherrschaft, der Stiftung Umwelt Arena: CO2-neutral, effizienzoptimiert, ohne Strom- und Heizkosten für die Mieter und Mieterinnen.

Was es mit diesem «nationalen Zukunftsprojekt» auf sich hat, erklärt Walter Schmid, Investor und Initiant der Umwelt Arena im Interview mit Energeia. Das ganze Interview können Sie im Podcast hören.

Energeiaplus: Mieterinnen und Mieter dieser Überbauung sollen nichts für Strom und fürs Heizen bezahlen. Ist das möglich?

„Wir wollen, dass alle das nachmachen können.“ Walter Schmid, Investor und Initiant der Umwelt Arena Bild: Brigitte Mader, BFE

Walter Schmid: Ja, das ist möglich. Unsere Erfahrungen aus dem Projekt in Männedorf zeigen es.
Allerdings: Das heisst nicht, dass die Mieterinnen und Mieter so viel Energie verbrauchen können, wie sie wollen. Es gibt eine Limite. Wer mehr Energie braucht, der zahlt dafür. Mit diesem Prinzip sollen die Mieterinnen und Mieter zu einem sparsamen Umgang mit Energie motiviert werden.

Das tönt gut, könnte man auch bei einem Standard-Mehrfamilienhaus so machen. Was ist der Unterschied zu Männedorf und Urdorf?

Die beiden Überbauungen produzieren alle Energie selber. An der Fassade, auf dem Flachdach oder der Einfahrt in die Tiefgarage sind Photovoltaik-Anlagen installiert. Eine Hybridbox im Keller liefert die Wärme fürs Heizen und fürs Warmwasser. Zudem bauen wir nur die effizientesten Geräte ein, die nicht viel Energie brauchen.

Die Photovoltaik-Anlage liefert den Mieterinnen und Mieter den Strom. Was sie nicht brauchen, geht in einen Elektro-Speicher im Keller. Der Überschuss wird in Gas umgewandelt und ins Netz eingespeist und im Winter wieder zurückgeholt, um aus dem Gas mittels Hybridbox wieder Strom und Wärme zu generieren. Das Haus produziert also alle Energie selber.

Sie bezeichnen die Überbauung in Männedorf als «nationales Zukunftsprojekt». Wie ist das zu verstehen?

Walter Schmid: Wir wollen zeigen, dass es sich lohnt, energieeffizient zu bauen und alle dabei gewinnen.
Mieterinnen und Mieter, weil sie nichts mehr für Strom und Heizung zahlen, wenn sie sich energieeffizient verhalten.
Investorinnen und Investoren, die ihr Geld einsetzen können,
und schliesslich die Umwelt, die weniger belastet wird.

Und das Prinzip ist einfach. Was es braucht: Einen Gas- und einen Stromanschluss, um die überschüssige Energie ins Netz einzuspeisen und sie wieder zurückzuholen.

Für die Überbauung in Männedorf haben Sie den Energiepreis Watt d’Or 2021 erhalten. Wie können Sie in Urdorf von den Erfahrungen von Männedorf profitieren?

Das Beispiel Männedorf hat gezeigt. Unser Modell funktioniert: In Urdorf wollen wir das Ganze noch günstiger, ökonomischer machen. Nur so bekommen wir Nachahmer. Und das ist unser Ziel. So wie bei den Minergie-Gebäuden. Die sind heute auch Standard. (Anmerkung: Walter Schmid hat Ende der 1990-er Jahre das erste Mehrfamilienhaus mit Minergie-Zertifizierung erstellt.)

Fakten zum Projekt Urdorf:

  • 3 Mehrfamilienhäuser mit 39 Wohnungen
  • Photovoltaik an Fassaden und Dächern
  • Windräder auf dem Flachdach
  • Erdsonden zum Kühlen und Heizen
  • Hybridbox zur Überbrückung im Winter
  • Energieeffizienter Lift mit niedrigem Stand-by-Verbrauch und Rekuperation
  • Duschen mit Wärmerückgewinnung
  • Energieverbrauchsmessung pro Wohnung auf Tablet

Die Überbauung soll Mitte 2022 bezugsbereit sein.

Text und Interview: Brigitte Mader, Kommunikation Bundesamt für Energie

Das ganze Interview finden Sie hier:

 

 

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1 Antwort
  1. Andreas Vögeli
    Andreas Vögeli sagte:

    Schöne Idee, ich hoffe, dass das Duschenwasser auch aufbereitet wird, um damit WCs zu spülen. Dieser Satz gibt aber zu denken: „Der Überschuss wird in Gas umgewandelt und ins Netz eingespeist und im Winter wieder zurückgeholt“. Das ist definitiv keine Saisonale Speicherung von Energie. Da wird im Sommer Energie in anderer Form an einen anderen Verbraucher geliefert – soweit ok – und im Winter wird Erdgas verbrannt – nicht ok.
    Wenn man die Preisentwicklung von Power-to-Gas Anlagen extrem optimistisch sieht (Kostensenkung um Faktor 10) die Anzahl Betriebsstunden pro Jahr auch optimistisch auslegt (1000 Stunden) und die Kosten der Speicherung mit null annimmt (unrealistisch), kommt man für die saisonale Speicherung von Energie auf Kosten von einigen Franken pro kWh für den Verbraucher im Winter, was niemand bezahlen möchte.
    Wir kommen nicht darum herum: die Energie, die wir im Winter benötigen, müssen wir auch im Winter erzeugen. Dazu haben wir genau zwei CO2-arme Möglichkeiten: entweder wir bauen mehr als 100 km2 PV-Anlagen in die Alpen oberhalb 1600m oder wir bauen neue Kernkraftwerke. Welcher Weg gegangen werden soll, muss das Volk entscheiden, Alternativen existieren keine, sie sind nicht einmal angedacht.

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