Auf dem Areal des Industrieparks von RUAG in Emmen hat die Fernwärme Luzern AG eine Wärmezentrale erbaut. RUAG ist von der Nachhaltigkeit der Fernwärme überzeugt und deshalb selbst Bezügerin. Dieser weitsichtige Entscheid trägt unter anderem dazu bei, dass RUAG ihre Energie- und Klimaziele erreichen kann.
Die RUAG Real Estate AG (eine Tochtergesellschaft der RUAG MRO Holding AG) erteilte der Fernwärme Luzern AG (Tochtergesellschaft von ewl energie wasser luzern) das Recht, auf dem Areal des Industrieparks in Emmen eine Wärmezentrale zu erbauen. Diese wird über eine Transportleitung mit Abwärme der Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) Renergia in Perlen versorgt. So kann die Abwärme der KVA über das damit teilweise bereits versorgte Gebiet Rontal hinaus genutzt werden. Christian Hofmann, Leiter Betrieb und Mitglied der Geschäftsleitung von ewl energie wasser luzern, und Josef Wyss, Leiter Facility Management Emmen bei der RUAG Real Estate AG, geben im Interview nähere Informationen zur Funktionsweise der Wärmezentrale, den Vorteilen der Fernwärme gegenüber anderen erneuerbaren Optionen und den ersten Erfahrungen mit dem neuen Heizsystem.

Aus welchen Komponenten besteht die Wärmezentrale und was ist ihre Aufgabe?
Christian Hofmann: Die im September 2022 in Betrieb genommene Wärmezentrale besteht aus den vier Wärmetauschern, den Netzpumpen, der Netzdruckhaltung,  dem Leitungskeller und zwei 15 Meter hohen Heisswasserspeichern, die je 200’000 Liter 90-grädiges Wasser fassen. Die Wärmetauscher mit einer Gesamtleistung von 10 Megawatt (MW) dienen der hydraulischen Trennung des nachfolgenden Fernwärmenetzes. Die Speicher dienen als Reserve und übernehmen Lastspitzen. Als Redundanz und Sicherheit steht für grössere Ausfälle ausserdem ein 8-MW-Gaskessel zur Verfügung. Die Anlage wird vollautomatisch im Gesamtverbund der Fernwärme Luzern AG gesteuert und fernüberwacht, sodass in der Regel keine Präsenz vor Ort notwendig ist.

Welche Abnehmer versorgt die Wärmezentrale?
Hofmann: Neben den Gebäuden des Industrieparks Emmen von RUAG versorgt die Wärmezentrale den Waffen- und Militärflugplatz der Schweizer Armee sowie grössere Gebäude der Ortsteile Emmen und Emmenbrücke. Inzwischen sind zahlreiche Gebäude in Emmen angeschlossen und das Fernwärmenetz wächst weiter. Prädestiniert sind Mehrfamilienhäuser, öffentliche und industrielle Gebäude oder auch Prozesswärmekunden, da für die Realisierung eines Wärmenetzes eine hohe Wärmedichte nötig ist.

Weshalb eignet sich der Industriepark Emmen als Standort für die Wärmezentrale?
Hofmann: Der Standort auf dem Areal von RUAG  erwies sich als idealer Standort, da das Unternehmen als  grösster Ankerkunde direkt angrenzend domiziliert ist. Das bestehende lokale Heizungsnetz konnte mit einfachen Mitteln eingebunden werden. Ausserdem waren auf dem eingezäunten und gesicherten Areal auch die Platzverhältnisse an der Peripherie ideal und ausreichend vorhanden.

RUAG hat vor dem Entscheid, selbst Bezügerin der Fernwärme zu werden, andere Systeme geprüft. Was hat der Vergleich ergeben?
Josef Wyss: Die Analyse hat gezeigt, dass die jährlichen Kosten, die Treibhausgasemissionen und die Umweltbelastungspunkte (UBP) der Fernwärme im Falle unseres Projektes deutlich tiefer ausfallen als bei einer Holzschnitzelheizung oder Grundwasserwärmepumpe. Der Weiterbetrieb unseres Gaskessels kam nicht in Frage, weil wir damit unsere Energie- und Klimaziele verfehlen würden und weil wir mit der Fernwärme eine deutlich bessere Versorgungs- und Kostensicherheit erzielen als mit fossilen Energieträgern.

Welches sind die Wärmebezüger des Industrieparks Emmen?
Wyss: Die Wärmezentrale Emmen-Dorf versorgt mit einer Hauptleitung das bestehende Kesselhaus der RUAG Real Estate AG, welches zu diesem Zweck entsprechend umgebaut wurde. Profitieren tun einerseits die sehr grossvolumigen Flugzeughallen mit grossen Hallentoren zur Wartung und Instandhaltung von Militärluftfahrzeugen der Schweizer Luftwaffe sowie andererseits die Halle der Flugzeugmalerei, die zum Lackieren von kompletten Luftfahrzeugen, Flugzeugteilen oder Nutzlastverkleidungen der Ariane-Trägerraketen genutzt wird. Im Weiteren sind das diverse Bürogebäude, das Personalrestaurant, Lagergebäude, Werk- und Produktionsstätten von RUAG und der weiteren Mieter im Industriepark Emmen.

Welche Anpassungen mussten auf Seite der Gebäude vorgenommen werden beziehungsweise sind in Planung?
Wyss: Die Regulierungen der Wärmeunterstationen wurden mit modernster Regeltechnik optimiert, um die Vorlauftemperatur absenken zu können. Mit leistungsfähigeren Wärmetauschern konnten zudem die Verlustleistungen reduziert werden.

Nach der Inbetriebnahme der Wärmzentrale im Herbst 2022 konnte RUAG in der letzten Heizperiode erstmals Fernwärme beziehen. Hat alles nach Plan funktioniert?
Wyss: Seit der nötigen Einregulierungsphase, die überraschend schnell beendet war, hatten wir bis zum heutigen Zeitpunkt absolut keine Probleme mit der Wärmelieferung und Verteilung im Industriepark Emmen.

Welche Ziele hat RUAG betreffend Immobilien und Nachhaltigkeit?
Wyss: RUAG leistet einen ambitionierten Beitrag zur Energiestrategie der Schweiz, indem die Energieeffizienz gesteigert, erneuerbare Energie eingesetzt und ökologischer Strom produziert wird. Die Modernisierung des Immobilienbestandes wird konsequent auf neuste Standards im nachhaltigen Bauen ausgerichtet. Damit unterstützt RUAG die Ziele des Bundes im Zusammenhang mit dem Übereinkommen von Paris, das die Treibhausgasemissionen massiv reduzieren will. Konkret strebt RUAG, im Einklang mit der Zielvereinbarung im Rahmen der Initiative «Vorbild Energie und Klima» des Bundesamtes für Energie BFE an, den CO2-Ausstoss von 3’989 Tonnen im Jahr 2021 bis ins Jahr 2030 vollständig zu neutralisieren. Dazu sollen alle Öl- und Gasheizungen auf erneuerbare Energieträger umgestellt werden.

Ziel der Fernwärme Luzern AG ist es, dass die Wärmezentrale die Region mit 22 Gigawattstunden erneuerbarer Wärme versorgt. Dies entspricht dem Bedarf von 2’200 Vier-Personen-Haushalten beziehungsweise einer Einsparung von 4’600 Tonnen CO2 im Vergleich mit fossilen Heizungen. Durch die Gewährung des Baurechts konnte RUAG somit einerseits zur eigenen Dekarbonisierung aber auch zu derjenigen der Region Emmen/Luzern beitragen.

Julia Gremminger, Polarstern AG
Bilder: energie wasser luzern / RUAG Real Estate AG

Vorbild Energie und Klima
In der Initiative Vorbild Energie und Klima (VEK) leisten Anbieter öffentlich relevanter Dienstleistungen und institutionelle Investoren ihren Beitrag zur Energiestrategie 2050 und zum Pariser Klimaübereinkommen von 2015. Der Fokus liegt auf Energieeffizienz, erneuerbaren Energien und klimaverträglichen Finanzflüssen. Alle Akteure berichten transparent über ihre Zielerreichung und teilen ihre Erfahrungen, damit auch weitere Unternehmen und Organisationen sich daran orientieren können.
www.vorbild-energie-klima.admin.ch

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