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Ladeinfrastruktur für E-LKW bei KMU: Bund lanciert Branchenprogramm


Personenwagen mit elektrischem Antrieb sind auf Schweizer Strassen nichts Ungewöhnliches. Beim Schwerverkehr kommt die Umstellung auf rein elektrische, emissionsfreie Fahrzeuge indes langsamer voran. Der Grund: Mit der Anschaffung eines E-LKW ist es nicht getan, es braucht auch die entsprechende Ladeinfrastruktur. Gestützt auf Artikel 6 des Klimagesetzes lanciert der Bund deshalb eine Ausschreibung für Projekte zur Dekarbonisierung des Transportsektors.

Rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen in der Schweiz gehen aufs Konto des Strassenverkehrs. Davon entfallen 13% auf Lastwagen. Gemäss Klima- und Innovationsgesetz muss der Sektor Verkehr seine Treibhausgasemissionen bis 2040 gegenüber 1990 um 57% und bis 2050 auf Null reduzieren. Es braucht also Lösungen zur Dekarbonisierung des Schwerverkehrs.

Die Ausschreibung richtet sich an Branchenverbände im Bereich des Schwerverkehrs oder der Logistik mit dem Ziel, ein Branchenprogramm zur Förderung von Ladeinfrastrukturen bei KMU zu entwickeln. Konkret geht es um die Errichtung von privater oder halböffentlicher Ladeinfrastruktur für E-LKW bei Transportunternehmen und Logistikzentren. Damit soll ein Anreiz geschaffen werden für den Umstieg von Verbrenner- auf batterieelektrische LKW.

Warum ein Branchenprogramm? Wer kann in den Genuss der Förderung kommen? Energeiaplus hat bei Christoph Schreyer nachgefragt. Er leitet die Sektion Energieeffizienter Verkehr im Bundesamt für Energie.

Energeiaplus: Man sieht immer mehr Lastwagen mit alternativen Antrieben auf den Schweizer Strassen. Trotzdem lanciert das Bundesamt für Energie jetzt ein Förderprogramm zur Dekarbonisierung des Schwerverkehrs. Warum?

Christoph Schreyer leitet die Sektion Energieeffizienter Verkehr im BFE; Bild: BFE

Christoph Schreyer: Die Schweiz hat für die Elektrifizierung des Schwerverkehrs gute Voraussetzungen. Die derzeitige Befreiung der E-LKW von der leistungsabhängigen LSVA bietet bessere Rahmenbedingungen als in vielen anderen Ländern in Europa. Hinzu kommt: Der Schweizer Transportmarkt ist geprägt durch viele KMU, gerade diese stehen bei der Umstellung vor grossen Herausforderungen und auch finanziellen Hürden, hier soll das Förderprogramm Anreiz schaffen für den Umstieg auf E-LKW.

Ohne entsprechende Ladeinfrastruktur also kein Durchbruch bei der Elektromobilität im Schwerverkehr. Was sind denn die grössten Herausforderungen diesbezüglich?

Die Herausforderungen sind vielfältig, gerade für KMU. Es beginnt schon bei der Planung der Ladeinfrastruktur im Vorfeld. Reicht der Stromanschluss auf meinem Betriebsgelände? Braucht es eine Verstärkung des Netzanschlusses und zusätzliche Transformatoren? Welche Routen kann ich mit einem E-LKW fahren, wie müssen Einsatzpläne angepasst werden? Wo können Fahrzeuge geladen werden, ohne die Betriebsabläufe auf dem Areal zu stören? Welche Ladestrategie ist die richtige? Reicht es aus, die Fahrzeuge über Nacht zu laden oder müssen sie tagsüber schnell zwischengeladen werden? All dies hat Auswirkungen auf die Ausgestaltung wie auch die Kosten der Ladeinfrastruktur.

Bei der Verleihung des Energiepreises Watt d’Or hat das Bundesamt für Energie eine Transportfirma ausgezeichnet für ihre Ladeinfrastruktur auf dem Firmengelände. Das Beispiel zeigt: Unternehmen investieren also durchaus in Elektromobilität ohne öffentliche Unterstützung.

Es ist sehr erfreulich, dass in der Schweiz Unternehmen hier Pioniergeist zeigen und innovative Lösungen entwickeln. Das Branchenprogramm richtet sich explizit an KMU, die wesentlich höhere Hürden und Umsetzungsrisiken haben als Grossunternehmen.

Die Ausschreibung ist als Branchenprogramm konzipiert. Was muss man sich darunter vorstellen?

Ein Branchenprogramm soll die Branche bei der Umsetzung von innovativen Projekten zur Reduktion ihrer CO2-Emissionen unterstützen. Es wird durch einen Branchenverband entwickelt und umgesetzt. Die Massnahmen sollen bei möglichst vielen Unternehmen der Branche umgesetzt werden können, um die Dekarbonisierung der gesamten Branche voranzutreiben. Ein standardisiertes Programm zeigt die Fördermöglichkeiten für alle interessierten KMU transparent auf und erleichtert ihnen die Planung. KMU, die beim Programm mitmachen wollen, stellen ihre Anträge für Projektunterstützung direkt beim Projektträger.

Konkret: Welche Projekte können mit einer Unterstützung rechnen?

Durch das Branchenprogramm werden KMU bei der Errichtung von privater oder halböffentlicher Ladeinfrastruktur unterstützt. Mit halböffentlicher Ladeinfrastruktur sind Ladestationen gemeint, die auch von Lieferanten oder Dritten genutzt werden können, z.B. zum Laden während des Güterumschlags am Standort eines KMU. Private Ladestationen werden nur vom entsprechenden KMU genutzt.

Konkrete Unterstützung gibt es für die Planung sowie bei Investitionskosten für Netzanschlüsse, Zuleitungen und Ladestationen. Der Bund beteiligt sich mit bis zu 40% der anrechenbaren Kosten, bei besonders innovativen Projekten sogar mit bis zu 50%.

Müssen die KMU auf ihrem eigenen Firmengelände die Ladeinfrastruktur realisieren, wenn sie in den Genuss von Förderung kommen wollen?

Ja, die Unterstützung beschränkt sich auf Projekte, bei denen auf dem Betriebsgelände der teilnehmenden KMU selbst genutzte sowie halb-öffentliche Ladeinfrastruktur installiert wird. Es werden nur Projekte unterstützt, die in der Schweiz umgesetzt werden.

Können auch Logistikfirmen mitmachen, die keine eigenen LKW haben?

Bei Logistikzentren sprechen wir von halb-öffentlicher Ladeinfrastruktur, wo Lieferanten oder Kunden ihre E-LKW während des Ent- und Beladens der Ware mit Strom versorgen. Auch hier ist eine Förderung möglich. Voraussetzung ist jedoch, dass die Unternehmen auch nachweisen können, dass die Ladeinfrastruktur durch E-LKW ihrer Kunden oder Lieferanten genutzt wird. Das kann mit einer schriftlichen Erklärung der Transportpartner erfolgen, die die Ladestationen des Zentrums nutzen und bestätigen, dass ohne diese Ladestation die Rotationen immer noch mit Verbrenner-LKW durchgeführt würden.

Wie wird sichergestellt, dass da keine Trittbrettfahrer aufspringen?

Es werden nur Projekte unterstützt, die ohne die Finanzhilfe nicht umgesetzt würden. Zudem müssen die beteiligten Unternehmen aufzeigen und nachweisen, dass sie ihre LKW-Flotte von Diesel auf den elektrischen Antrieb umstellen.

Zum Schluss: Braucht es für E-LKWs spezielle Ladeinfrastruktur? Oder sind auch Synergien mit Ladestationen für Personenwagen möglich?  

Technisch sind die Ladestationen beim Langsam-Laden wie auch beim Schnellladen bis 350-400 kW ähnlich, respektive identisch. An solchen Stationen können grundsätzlich auch Personenwagen geladen werden. Wichtig ist einfach, dass die Ladestationen für die LKW zur Verfügung stehen und die Betriebsabläufe beim Unternehmen nicht gestört werden. Bei Lastwagen gibt es zusätzlich noch einen Mega-Watt Ladestandard mit einer speziellen Steckerform, dieser ist nur für Lastwagen zugänglich. Dieser Standard ist aktuell nahezu fertig entwickelt, bietet sich aber eher für das schnelle Zwischenladen unterwegs an. Damit sind Ladeleistungen von 1 MW und mehr möglich.

Facts and Figures:

  • Gesamtbudget: Maximal 20 Millionen Franken
  • Zielgruppe: KMU, maximal 250 Mitarbeitende, jährlicher Wärmeverbrauch von höchstens fünf Gigawattstunden oder jährlicher Elektrizitätsverbrauch von höchstens einer halben Gigawattstunde
  • Pro Einzelprojekt im Rahmen des Branchenprogramms werden 40% der anrechenbaren Kosten übernommen. Für besonders innovative Projekte kann der Fördersatz auf max. 50% erhöht werden.
  • Gesuche für die Trägerschaft des Branchenprogramms durch Branchenverbände müssen bis 13. Juni 2025 beim BFE eingereicht werden.
  • Bis 31. August 2025 kann der Branchenfahrplan nachgereicht werden.
  • Der Entscheid für den Zuschlag erfolgt im September 2025.

Weitere Informationen zur Ausschreibung erhalten Sie hier: Ausschreibung «Branchenprogramm Ladeinfrastruktur E-LKW»

Bei Fragen: itinero@bfe.admin.ch

Interview: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Bild: Keystone – Gaetan Bally

 

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