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SwissFarmerPower Inwil: Wie ging’s weiter nach dem Watt d’Or?


2010 gab es für die Biogasanlage der SwissFarmerPower (SFPI) im luzernischen Inwil den Energiepreis Watt d’Or des Bundesamts für Energie. Die Anlage war damals die grösste in der Schweiz. Unterdessen gibt es grössere, doch SFPI kann punkto Energieproduktion immer noch gut mithalten. Letztes Jahr produzierte die Anlage 33 GWh Biomethan sowie 2 GWh Strom. Das Biomethan wird einerseits ins Erdgasnetz eingespeist, andererseits an eine Tankstelle als Treibstoff verkauft.

Dass die Anlage im Kanton Luzern steht, ist kein Zufall: Bei der intensiven Tierhaltung im Kanton kommen viel Gülle und Mist zusammen – ein Potenzial, das sich energetisch nutzen lässt. 20’000 Tonnen feste und 50’000 Tonnen flüssige Biomasse verarbeitet der Betrieb pro Jahr. Neben Gülle und Mist sind das Haushalt-Küchenabfälle, Rasenschnitt, Speisereste aus der Gastronomie oder industrielle Abfälle (Öle aus der Lebensmittelproduktion oder Zuckerwasser aus der Milchproduktion).

75 Landwirte sind mittlerweile an der Anlage beteiligt neben der Agrargenossenschaft fenaco und mehreren regionalen Energieversorgungsunternehmen. Letztere sind auch Abnehmer der produzierten Energie. Mit den 33 GWh Biomethan, das pro Jahr produziert wird, könnten 3800 Fahrzeuge je 15’000 km weit fahren und würden so rund 3,15 Millionen Diesel einsparen.

Seit 2014 produziert SFPI auch Solarstrom – jedes Jahr mehr als 400’000 kWh – für den Eigenverbrauch. 2018 wurde ein Blockheizkraftwerk in Betrieb genommen. Es liefert je rund 2 GWh Strom und Wärme. Der Strom wird verkauft, die Wärme ist für den Eigenverbrauch. Im Frühling 2024 wurde zudem ein neuer Fremdstoffabscheider in Betrieb genommen als Ersatz für das mechanische Sieb, das nur eine optische Sortierung erlaubte. (siehe Kasten).

Dauer-Problem der Branche: Fremdstoffe in Gärgut und Kompost

Plastiksäcke, Joghurtbecher, Blumentöpfe: Was an einem einzigen Tag so alles aussortiert wird.

Bild: SFPI

Im Frühling 2024 haben die Betreiber nun einen sogenannten Fremdstoffabscheider in Betrieb genommen. Mit einem Dreifach-Scanner – Infrarot, Laser und Metalldetektor – werden die Fremdstoffe erfasst und dann mittels Druckluftdüsen ausgeblasen. 90% der Fremdstoffe können so rausgefiltert werden.

Das ist deshalb wichtig, weil der Kompost respektive Flüssigdünger, der nach der Vergärung zurückbleibt, einen hohen Reinigungsgrad aufweisen muss, damit er wieder als Recyclingdünger in den Kreislauf (Landwirtschaft oder Gartenbau) zurückgebracht werden kann.

 

Mit ihrem gemeinschaftlichen Charakter ist die Anlage auch heute noch ein Vorzeigebeispiel. Sie zeigt auf, wie Hofdünger effizient und wirtschaftlich vergärt werden kann. Seit dem Gewinn des Watt d’Or hat sich SFPI also weiterentwickelt und Innovationsfreudigkeit bewiesen. Energeiaplus wollte von SFPI-Geschäftsführer Philip Gassner wissen, wo noch Ausbaupotenzial besteht und wo die grössten Herausforderungen liegen.

Energeiaplus: 33 GWh Biogas im letzten Jahr: Liegt da noch eine Steigerung drin?

Philip Gassner ist Geschäftsführer bei SFPI; Bild: Thomi Studhalter, SFPI

Philip Gassner: Technisch könnten wir mit unseren Fermentern noch mehr Gas produzieren. Limitierend ist einerseits die Kapazität der Gasaufbereitungsanlage (zur Reinigung des Roh-Biogases auf Erdgasqualität) und andererseits die verfügbare Biomasse als «Rohstoff» für die Biogasproduktion.

Ein limitierender Faktor ist also die verfügbare Biomasse. Warum?

Ja, Der «Kuchen» in unserer Region ist unter den bestehenden Anlagen verteilt. Zusätzliche energiereiche Biomasse ist nur noch sehr beschränkt verfügbar.

Zudem: Die maximale Verarbeitungsmenge ist durch den Kanton (Amt für Umwelt und Energie) limitiert (gemäss Umweltverträglichkeitsprüfung UVP) und wird kontrolliert. Wir sind eine Abfallverwertungsanlage und im Rahmen der UVP mussten wir nachweisen, dass die Biomasse umweltgerecht verarbeitet wird. Die Kapazität von 50’000 Tonnen flüssige und 20’000 Tonnen feste Biomasse entspricht dem Maximum für das bestehende Konzept. Ohne Ausbau und einer Erneuerung der UVP lässt sich das nicht mehr weiter ausbauen.

Seit 2010 hat die Einspeisung von Biomethan ins Erdgasnetz stetig zugenommen. Was liegt da aus Ihrer Sicht als Biogasanlagen-Betreiber und Vorstandsmitglied des Verbands Biomasse Schweiz noch drin?

Die Einspeisung von erneuerbarem Biomethan ins Erdgasnetz ist sinnvoll und ist so weit wie möglich auszubauen. Damit lassen sich direkt und auf eine einfache Weise fossile Energieträger substituieren.

Wie bereits erwähnt, ist die Menge an organischen Rohstoffen zur Herstellung von Biomethan limitierend für einen weiteren Ausbau. Wie viel wirtschaftlich nutzbares Potenzial in der Schweiz noch vorhanden ist, ermittelt die Branchenorganisation Biomasse derzeit in einer Studie.

Potenzial zur Steigerung der Einspeisung von Biomethan liegt auch noch bei Anlagen, die ihr Gas heute verstromen, und die daraus entstehende Wärme nicht, oder nur teilweise nutzen. Mit einer Einspeisung ins Netz kann das Gas dezentral verwendet werden.

Welche Rolle kann Biomethan in der Zukunft spielen?

Biomethan ist ein sehr hochwertiger Energieträger, und er wird über eine bestehende Netzinfrastruktur transportiert. Er eignet sich insbesondere überall dort, wo hohe Temperaturen benötigt werden, wie beispielsweise in der Industrie.

Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen?

Es wird schwierig, die auf dem Markt benötigte Menge Biomethan im Inland zu produzieren. Wir kommen wohl um einen Import aus dem Ausland nicht herum.

Wir als Anlagenbetreiber sehen uns mit ständig wachsenden Anforderungen an die Emissionen unserer Anlagen konfrontiert. Da gilt es, den technischen Fortschritt mitzugehen, was immer mit Investitionen verbunden ist. Andererseits müssen wir gut abwägen, was sinnvoll ist und effektiv die erwarteten Emissionseinsparungen bringt.

Biogasanlagen produzieren einerseits einen klimafreundlichen Erdgas-Ersatz. Andererseits entsteht bei der Produktion auch CO2, das zuvor in der Biomasse gebunden war, in die Umwelt. Wie sieht das bei Ihrer Anlage aus?

Wir beschäftigen uns stark mit dieser Thematik. Technisch sind die Verfahren umsetzbar, jedoch scheitert es an der Wirtschaftlichkeit. Das CO2 kann entweder verflüssigt und technisch nutzbar gemacht werden (beispielsweise für die Lebensmittel- oder Trockeneisproduktion). Oder es kann zusammen mit Wasserstoff zu synthetischem Methan verarbeitet werden. Beide Verfahren sind aber energie- und kostenintensiv und deshalb nur beschränkt wirtschaftlich.

Weitere Artikel zum Thema Biogas:

Mit neuen Ideen zu mehr Biogas | BFE-Magazin energeiaplus | Energiemagazin des Bundesamtes für Energie

Sondernummer zum Watt d’Or mit Preisträger SFPI (Seite 6)

Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Bild: SFPI

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