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Die Energiezukunft modellieren: Wie sich Nexus-e und die Energieperspektiven 2050+ ergänzen


Die ETH Zürich hat ihre neue Modellierungsplattform Nexus-e vorgestellt. Sie soll künftig ermöglichen, den Einfluss von technologischen, wirtschaftlichen sowie regulatorischen Entwicklungen auf das Energiesystem der Zukunft zu analysieren.

Entwickelt wird Nexus-e von einem interdisziplinären Forschungsteam der ETH Zürich. Das Bundesamt für Energie (BFE) unterstützt das Projekt. Anne-Kathrin Faust, Fachspezialistin Marktregulierung beim BFE, erklärt im Interview, was sich das BFE von dieser neuen Plattform verspricht.

Energeiaplus: Warum hat das BFE Nexus-e unterstützt?

Anne-Kathrin Faust: Das Energiesystem der Schweiz befindet sich im Umbruch. Die klimapolitischen Ziele sowie der Ausstieg aus der Kernenergie verändern insbesondere das Stromsystem. Darum ist es wichtig, zuverlässige Modelle zur Verfügung zu haben, um den Einfluss von verschiedenen Entwicklungen untersuchen zu können. Dazu gehören natürlich die raschen technologischen Entwicklungen, aber auch wirtschaftliche und regulatorische Entwicklungen. Die Verbesserung punkto Qualität und Kapazitäten solcher Modelle sind darum sehr wichtig. Und natürlich auch die Förderung der Wissenschaftler, die diese Modelle bedienen und weiterentwickeln können.

Was zeichnet das Nexus-e-Projekt aus?

Als das Energy Science Center der ETHZ das Projekt Nexus-e am BFE vorgestellt hat, haben uns gleich mehrere Aspekte überzeugt. Insbesondere der innovative Zusammenschluss von fünf unterschiedlichen Modellen in einer Plattform. Denn viele wichtige Fragestellungen im Energiebereich haben sowohl technische als auch wirtschaftliche Dimensionen. Nexus-e trägt dieser Tatsache Rechnung. Es bezieht nicht nur techno-ökonomischen Aspekte in seine Analysen ein, sondern auch den Strommarkt, die Schweizer Volkswirtschaft sowie die Netze. Ein weiterer grosser Pluspunkt ist der modulare Aufbau der Plattform.

So kann mit den verschiedenen Modellbausteinen flexibel der optimale Modellrahmen für konkrete Fragestellungen zusammengestellt werden. Die Plattform hat dadurch ein breites Anwendungspotenzial und sichert die Modellvielfalt in der Schweiz weiter ab. Auch sind bei Nexus-e viele jungen Forschende involviert, die im Rahmen des Projektes grosse Kompetenzen in diesem Bereich aufgebaut haben, und auch weiter aufbauen.

Was verspricht sich das BFE von Nexus-e?

Die Weiterentwicklung der Qualität und der Kapazitäten der Modelle in der Schweiz ist für uns sehr wichtig. Wir brauchen für unsere Arbeit quantitative Szenarien und Abschätzungen zu den Auswirkungen von technischen, wirtschaftlichen und regulatorischen Entwicklungen. Um unter anderem Strom-, Netz- und Energiesystemmodelle für die Schweiz weiterzuentwickeln, engagiert sich das BFE bei der Internationalen Energieagentur IEA, aber auch im Rahmen seiner Forschungsprogramme sowie des Pilot- und Demonstrationsprogramms.

Im derzeit sehr dynamischen energiepolitischen Umfeld braucht es zuverlässige Analysetools, um einen Blindflug zu verhindern. Die Vielfalt ist uns dabei wichtig: Solche komplexen Modellierungen sollten nicht nur von einem Anbieter oder einer Forschungsgruppe gemacht werden können. Auch bei Forschung und Modellierung gilt: Konkurrenz belebt das Geschäft!

Wem nützen die Nexus-e-Erkenntnisse?

Von Nexus-e verspricht sich das BFE quantitative, robuste Einschätzungen zu Entwicklungen im Strombereich, die als Entscheidungsgrundlage für Politik, das BFE, aber auch für weitere Stakeholder dienen können. Die Nexus-e Plattform dürfte zudem dazu beitragen, die Forschung im Bereich der Energiesystemmodellierung an der ETHZ weiter zu etablieren, und diese zu einer international anerkannten Anlaufstelle für Forschende in diesem Bereich zu machen.

Wie könnten Nexus-e sowie die Annahmen weiter verbessert werden?

Wie alle Modelle hat auch Nexus-e noch in vielen Bereichen Verbesserungspotenzial. Hier hat das Team der ETH Zürich jedoch im Modellaufbau vorausschauend darauf geachtet, dass die Plattform flexibel und wandelbar ist. Dank ihres modularen Aufbaus bietet Nexus-e viele Möglichkeiten, weitere Elemente hinzuzufügen.

Welche Erweiterungen wären konkret denkbar?

Potenzial bieten könnte sicher eine Erweiterung des Modells auf weitere Energiesektoren. Mit dem Klimaziel Netto-Null-Emissionen gewinnt die Sektorkopplung auch in der Modellierung stark an Bedeutung. Ebenso wäre die Berücksichtigung des Netto-Null-Ziels in der Definition der künftigen Szenarien wichtig. Spannend wäre angesichts der Dezentralisierung im Energiesystems auch der stärkere Einbezug von verhaltensökonomischen Fragen in die Modellierung.

Menschen entscheiden bei Investitionen im Energiebereich nicht immer rational! Und natürlich ist Nexus-e auf wichtige Annahmen angewiesen, was die Entwicklungen der verschiedenen Technologien anbelangt. Hier befindet sich das Nexus-e Team dank der Anbindung an das Energy Science Center in einer sehr privilegierten Lage. Da kann die neueste Forschung im technischen Bereich direkt übernommen werden. Einige Folgeprojekte sind bereits angelaufen, und wir sehen mit Spannung der weiteren Entwicklung der Nexus-e Plattform entgegen.

Das Interview führte Marianne Zünd, Leiterin Abteilung Medien und Politik, Bundesamt für Energie

 

Was ist der Unterschied zwischen den Nexus-e-Szenarien und den «Energieperspektiven 2050+» des Bundesamts für Energie?

Nexus-e setzt den Fokus exklusiv auf das Elektrizitätssystem, während die Energieperspektiven 2050+ das gesamte Energiesystem der Schweiz betrachten: Nexus-e kann (noch) keine Aussagen zu der Entwicklung von Nicht-Elektrizitäts-Sektoren machen. Dafür umfasst die Modellierung des Stromsystems in Nexus-e in einem einzigen Modell die Schweizer Gesamtwirtschaft und den Strommarkt, Investitionen in dezentrale und zentrale Energieanlagen, die Netzsicherheit und den Netzausbau.

Weiter haben die Szenarien in Nexus-e zumindest vorerst nur illustrativen Charakter zur Demonstration der Fähigkeiten der entwickelten Plattform. Die Szenarien im Nexus-e Bericht sind nicht auf das Erreichen des Netto-Null-Emissionen Ziels im Jahr 2050 ausgerichtet, sondern untersuchen die Entwicklungen im schweizerischen Elektrizitätssystem unter heutigen gesetzlichen Rahmenbedingungen. Die Energieperspektiven 2050+ beinhalten hingegen Zielszenarien, welche Pfade zur Realisierung von Netto-Null-Emissionen im Jahr 2050 modellieren.

Die Ergebnisse von Nexus-e und der Energieperspektiven 2050+ können daher nur sehr bedingt verglichen werden.

 

 

 

 

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1 Antwort
  1. Jürg+Jehle
    Jürg+Jehle sagte:

    TESLA will 2022 halbe Million Elektroautos in Grünheide bauen.
    Dadurch steigt der Bedarf von AKW, weil die halbe Welt konsumiert jedes Jahr 8760 Stunden geregelte Stromleistung ohne Unterbruch.
    Produzierte Stromleistung und Verbrauch müssen jederzeit gleich stark sein.
    Künftig steigt der Elektrische Leistungsbedarf wegen eMobilität, Wärmepumpen, Speicher, Digitalisierung und Ersatz für CO2, usw.
    Rund 2000 bzw. 4000 Stunden pro Jahr sind Sonne bzw. Wind verfügbar, aber mit x-tausend Leistungsschwächen (Flatterstrom).

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