Wie Karrosserie- und Lackierbetriebe Betriebe Richtung Netto-Null steuern können
Eine Beule an der Stossstange oder ein Kratzer an der Autotür? Das ist ein Fall für die Karrosserie- oder Lackierwerkstätte. Damit am Ende nicht nur das Auto wieder glänzt, sondern die Reparaturarbeiten auch die Umwelt nicht belasten, hat das Automobilunternehmen Amag zusammen mit der Cleantech Agentur act den CO2-Fussabdruck von mehreren Karrosserie- und Lackbetriebe evaluiert und Massnahmen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen definiert. Das Ziel: Der Massnahmenkatalog soll für die ganze Branche nutzbar sein.
Die Schweiz hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu sein. Unternehmen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Um zu wissen, wo ein Unternehmen ansetzen kann, müssen die Treibhausgas-Emissionen identifiziert und quantifiziert werden. Daraus können dann mögliche Massnahmen abgeleitet und ein Fahrplan inklusive Netto-Null-Absenkpfad erarbeitet werden. EnergieSchweiz, das Programm des Bundesamts für Energie (BFE) für Energieeffizienz, hat Unternehmen bis Ende 2024 bei der Erstellung eines Fahrplans finanziell unterstützt.
Einen solchen Fahrplan hat das Automobilunternehmen Amag erstellt. Im Video-Interview erklärt Oliver Stegmann, Leiter der Abteilung Aftersales bei Amag Import, warum sein Unternehmen einen Fahrplan erstellt hat, der zudem für die ganze Branche anwendbar sein soll.
Knapp 60 Seiten umfasst der Branchenfahrplan für Karrosserie- und Lackbetriebe. Er basiert auf den Daten aus sieben Betrieben, die zum Totalrepair-Netzwerk der Amag gehören und zeigt pro Betrieb die Treibhausgasemissionen auf und schlägt dann Massnahmen vor, mit denen diese Emissionen reduziert werden können. Der Fahrplan enthält auch Angaben zu den Investitionen, die nötig sind, und Schätzungen zu den Kosten, die diese Investitionen auslösen würden.
Die wichtigsten Erkenntnisse der Treibhausgasbilanz:
Ein K+L-Betrieb verursacht durchschnittlich 147 Tonnen CO2-Äquivalente
- 67% der Emissionen entstehen durch Pendlerverkehr, eingekaufte Produkte, Betriebsabfälle (Scope 3)
- 32% der Emissionen werden durch Wärmeerzeugung verursacht (Heizung und Prozesswärme) (Scope 1)
- 1% geht aufs Konto der Elektrizität (Scope2)
Erfasst wurden sowohl Garagenbetriebe mit integrierter Karrosserie und Lackierabteilung (K+L) wie auch reine K+L-Betriebe, sowie erst kürzlich erstellte Gebäude wie auch ältere Liegenschaften und Einrichtungen. So sollte ein möglichst repräsentatives Bild der K+L-Branche entstehen.
Die Ausee-Garage in Wädenswil (ZH) mit ihren 54 Mitarbeitenden hat bei der Erabeitung des Branchenfahrplans mitgemacht. Die Garage verkauft Neuwagen und bietet in ihrer Werkstatt Reparaturarbeiten an, darunter auch Karrosserie- und Lackierarbeiten. Patrick Schaffter leitet die Technik-Abteilung. Im Interview erklärt er, was ihn an der Treibhausgas-Bilanz am meisten überrascht hat und welche Bedeutung der Branchenfahrplan für seinen Betrieb hat.
Mario Herakovic ist Karrosserie- und Lackierleiter am Amag-Standort in Buchrain (LU), eine weitere Garage, die sich beim Branchenfahrplan beteiligt hat. Von den rund 100 Mitarbeitenden in Buchrain sind 35 in der Abteilung Karrosserie und Lack beschäftigt. Obwohl der Standort Buchrain sehr neu ist, gebe es dennoch Potenzial zur Reduktion der Treibhausgasemissionen, sagt Mario Herakovic im Video-Interview. Den Branchenfahrplan sieht er als roten Faden auf dem Weg zu Netto-Null.
In der Karrosserie- und Lackierbranche gibt es viele kleine Betriebe, die nicht unbedingt die Mittel haben, um einen eigenen solchen Fahrplan zu erstellen. Taugt der Branchenfahrplan, den die Amag jetzt präsentiert hat, als Leitfaden für diese Betriebe? Felix Wyss ist Zentralpräsident des Branchenverbandes Carrosserie Suisse, der Betriebe vertritt.
Der Branchenfahrplan für das Karrosserie- und Lackiergewerbe ist der erste Fahrplan, der für sich in Anspruch nimmt, die typischen Treibhausgas-Emissionen einer ganzen Branche festzuhalten und daraus mögliche Massnahmen für diese Branche abzuleiten. Paule Anderegg ist im Bundesamt für Energie Fachspezialistin für Industrie und Dienstleistungen. Sie hat das Subventionsgesuch der Amag für die Erstellung dieses Branchenfahrplans geprüft.
Im Video-Interview erklärt Paule Anderegg, welche Bedeutung dieser Branchenfahrplan aus Sicht des BFE hat und wie er im Zusammenhang mit dem Klima- und Innovationsgesetz, das seit 2025 in Kraft ist, zu bewerten ist.
Text: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Videos: Brigitte Mader und James Pocher
Hauptbild: Philippe Bodinger
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