Von der Schweiz in den isländischen Boden: Wie CO2 gespeichert werden soll
Es tönt einfach und könnte einen wichtigen Beitrag zur Verminderung von CO2-Emissionen sein. CO2 wird , wo es entsteht, abgeschieden, verflüssigt, dann dort, wo es gespeichert werden soll, mit Meerwasser vermischt und danach in den Untergrund injiziert. Das steckt – etwas vereinfacht – hinter dem Projekt DemoUpCARMA, das das Bundesamt für Energie (BFE) und das Bundesamt für Umwelt (BAFU) unterstützen. Nun ist ein erster Meilenstein erreicht – die erste Injektion von verflüssigtem CO2 in vulkanisches Gestein in Island.
Die Schweiz hat sich verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu sein und die Treibhausgas-Emissionen unter dem Strich auf Null zu reduzieren. Kohlendioxid (CO2) macht dabei den grössten Anteil aus. Es geht also, darum, den Ausstoss von CO2 zu vermeiden und schwer vermeidbare CO2-Emissionen aus Industrie, Abfallwirtschaft und Landwirtschaft zu kompensieren.
Ein Ansatz dabei: Das CO2 direkt beim Entstehungsort – Müllverbrennungs-, Chemie- oder Zementanlagen – abfangen und dann dauerhaft in unterirdischen geologischen Formationen oder in Baumaterialien (z. B. Beton) zu speichern. Man spricht dabei von Carbon Dioxide Capture and Storage (CCS). Im Projekt DemoUpCARMA werden beide Verfahren erprobt. Ziel ist, dass sie so ausgereift sind, dass sie skaliert, sprich breit eingesetzt werden können. CO2-Emissionen aus grossen industriellen sogenannten Punktquellen sollen durch solche CCS-Massnahmen reduziert werden.
Fokus Island
Untersuchungen haben gezeigt, dass das geologische Speicherpotenzial in der Schweiz in erschliessbar, aber begrenzt ist. Daher ist es wichtig, auch nach alternativen Speichermöglichkeiten zu suchen. In Island sind die Voraussetzungen dafür günstig. Island verfügt einerseits mit Basaltgestein über geeignete geologische Formationen – in Basalten kann sich das CO2 innerhalb weniger Jahre zu Karbonaten (sprich Gestein) mineralisieren und damit dauerhaft verfestigen. Andererseits hat Island bereits Erfahrung mit der unterirdischen CO2-Speicherung.
Und so läuft das DemoUpCARMA-Projekt ganz konkret:
Das CO2 wird in der Abwasserreinigungsanlage Bern abgeschieden und verflüssigt und in vakuumisolierte Container gefüllt. Per Lastwagen und Bahn werden die Container nach Rotterdam transportiert und von dort per Schiff nach Island. Das abgeschiedene CO2 wird im Meerwasser gelöst, und dann erfolgt die Injektion in den Basalt.
Eine erste solche Injektion hat nun stattgefunden. Sie soll zeigen, ob das Verfahren auch in der Praxis funktioniert und vor allem skalierbar ist. Was sind die Herausforderungen bei dieser Speicherung von CO2 im Boden? Energeiaplus hat bei Alba Zappone, Geologin vom Projekt DemoUpCARMA nachgefragt.
Energeiaplus: Die Mineralisierung von mit Meerwasser verflüssigtem CO2 ist im Prinzip ein natürlicher Prozess. Das zeigt sich in Island. Meeresrücken absorbieren grosse Mengen von CO2, die vom Magma freigesetzt und im Meerwasser aufgelöst sind. Trotzdem reden Sie bei dieser ersten Injektion von einem Meilenstein. Warum? Was ist das Besondere?
Alba Zappone: Wir versuchen hier einen natürlichen Vorgang künstlich «nachzubauen». An sich ist der Vorgang nicht ganz neu: Die Firma Carbfix injiziert an einem anderen Standort in Island bereits CO2 in den basaltischen Untergrund. Neu ist, dass wir dazu CO2 mit Meerwasser und nicht wie bisher mit Süsswasser vermischen. Ein Meilenstein ist es auch, weil im Rahmen von DemoUpCARMA zum ersten Mal Schweizer CO2 zu Speicherzwecken nach Island transportiert wurde.
CO2 abfangen, verflüssigen, und dann in den Boden pumpen. Das tönt alles sehr einfach. Was sind die Knackpunkte bei diesem Verfahren? Die Unwägbarkeiten?
Knackpunkte gibt es viele, sei es beim Transport nach Island, dem Erstellen der Bohrlöcher oder der Anbringung des Überwachungsnetzwerkes. Zum Transport können wir ein Beispiel geben: Es mussten die Ein- und Ausfuhrbedingen für den grenzübergreifenden Transport von CO2 geklärt werden, da CO2 für diese Zwecke vorher noch nie transportiert wurde.
Energeiaplus: Worin besteht denn genau Ihre Arbeit?
Der Fokus meiner Arbeit liegt auf dem, was im Untergrund passiert. Unsere Aufgabe besteht darin, die Injektion des CO2 und die anschliessenden Prozesse im Untergrund mit verschiedenen, dafür geeigneten Messmethoden zu beobachten.
Die erste Knacknuss bestand darin, Sensoren zu finden und so zu installieren, dass sie den teils harschen Witterungsbedingungen in Island standhalten können. Mit dem Beginn der Injektion werden wir unser Augenmerk auf den Mineralisierungsprozess legen. Indem wir messen, wie schnell sich seismische Wellen im Untergrund ausbreiten, können wir erkennen, wie weit der Mineralisierungsprozess fortgeschritten ist. Sobald eine Mineralisierung auftritt, sollte die Geschwindigkeit der Ausbreitung der seismischen Wellen messbar schneller werden. Bis jetzt ist dies eine Theorie. Ob sich das dann bewahrheitet, werden wir voraussichtlich erst in sechs bis acht Monaten erfahren.
Wie sicher ist es, CO2 dauerhaft im Boden zu speichern?
Sobald das CO2 mineralisiert, d.h. sich mit den vorhandenen Elementen Magnesium, Eisen oder Kalzium verbindet, wird es sozusagen zu Gestein und ist damit sicher gespeichert.
Der Schweizerische Erdbebendienst an der ETH Zürich ist am Projekt beteiligt. Wie gross ist das seismische Risiko eines solchen unterirdischen Reservoirs?
Wir gehen aufgrund der geringen Injektionstiefe und den tiefen Drücken, die für die Injektion angewendet werden, von einem sehr geringen seismischen Risiko aus. Dennoch möchten wir genau beobachten und verstehen können, wie der Untergrund auf die Injektion reagiert. Mit unseren seismischen Stationen vor Ort und ergänzenden Messungen können wir Veränderungen im Untergrund sehr genau aufzeichnen und die Injektion gegebenenfalls anpassen oder stoppen.
Grundsätzlich: CO2 aus der Schweiz in Island zu speichern – das produziert auch wieder Emissionen. Stichwort: Lastwagen- und Schiff-Transport. Warum kann das trotzdem Sinn machen?
Unsere Wissenschaftler haben genau dies untersucht und eine Ökobilanz unseres hier gewählten Transportwegs berechnet. Sie haben herausgefunden, dass pro gespeicherte Tonne CO2 beim Transport etwa 200-250 kg CO2 ausgestossen werden. Somit könnten in diesem Setting 750-800 kg CO2 vermieden werden. Sicher könnte diese Bilanz durch Skalierungseffekte zukünftig noch verbessert werden, wenn das CO2 etwa mit eigens konzipierten Schiffen oder über grosse Strecken via Pipelines transportiert würde.
Das DemoUpCARMA-Projekt läuft bis Herbst 2024: Was erhoffen Sie sich für Ergebnisse bis dann?
Wir hoffen, dass die Injektion und die begleitende Messkampagne auch über den Winter problemlos weiterlaufen und wir einen aufschlussreichen Datenkatalog erhalten. Es wird spannend zu sehen, ob die Mineralisierungsprozesse an diesem Standort und mit in Meerwasser gelöstem CO2 ebenso gut funktionieren wie im Labor.
Text und Interview: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Bild: DemoUpCARMA
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