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Förderung von Biomasseanlagen neu geregelt


Biomasseanlagen zur Stromproduktion können neu von Investitionsbeiträgen profitieren. Neuanlagen, erhebliche Erweiterungen und Erneuerungen bekommen bis zu 50 Prozent der anrechenbaren Investitionskosten vergütet. Auch Schlammverbrennungs- und Deponiegasanlagen können Beiträge beantragen. Holzkraftwerke und Biogasanlagen können zusätzlich Betriebskostenbeiträge (BKB) beziehen.

Das neue Fördermodell ist seit Anfang Januar 2023 in Kraft. Die neu geltende Regelung ist eine Überbrückung zwischen dem auslaufenden bisherigen Fördersystem und dem Inkrafttreten des neuen Energiegesetzes, das im Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien momentan im Parlament diskutiert wird. Die jetzige Regelung geht zurück auf die parlamentarische Initiative von Bastien Girod (Grüne, Zürich).

Aufgrund der neuen Situation erreichen viele Fragen aus der Biomassebranche das Bundesamt für Energie (BFE). Energeiaplus mit Antworten auf die häufigsten Fragen.

Gefördert werden ausschliesslich Biomasseanlagen zur Stromproduktion. Weshalb?

Die Massnahme dient dazu, die Versorgungssicherheit beim Strom zu stärken. Sie wird aus dem Netzzuschlagsfonds finanziert.  Den Netzzuschlag bezahlen alle Stromkonsumentinnen und -konsumenten über den Strompreis. Er wird zur Förderung von erneuerbarem Strom eingesetzt. Anlagen, die zum Beispiel nur Wärme produzieren, dürfen nicht über den Netzzuschlagsfonds gefördert werden. Oder auch Biogasanlagen, die Gas aufbereiten und ins Netz einspeisen, können vom Bund bislang nicht gefördert werden, weil die gesetzliche Grundlage dafür fehlt. Das im 2021 vom Volk abgelehnte CO2-Gesetz hätte die Türe dafür geöffnet.

Wie sieht es für die bestehenden Biomasseanlagen aus? Gehen sie leer aus?

Die bestehenden Anlagen profitieren vom Einspeisevergütungssystem (EVS /KEV) oder noch bis Ende 2025 von der Mehrkostenfinanzierung (MKF). Anlagen, die aus der EVS /KEV oder MKF ausscheiden, können jetzt Betriebskostenbeiträge beziehen.

Falls bei einer bestehenden Anlage, die nicht in einem bisherigen Fördersystem ist, eine erhebliche Erweiterung oder Erneuerung vorgenommen wird, kann sie auch von den Investitionsbeiträgen profitieren.

Biomasseanlagen erhalten also bis zu 50 Prozent der anrechenbaren Investitionskosten vergütet. Was bedeutet «bis zu»? Und was bedeutet «anrechenbar»?

Der Investitionsbeitrag ist nach Anlagenkategorie festgelegt: Biogasanlagen erhalten 50 Prozent der anrechenbaren Investitionskosten, Holzkraftwerke 40 Prozent und KVA, Schlammverbrennungs-, Klärgas- und Deponiegasanlagen 20 Prozent, sofern die Prüfung des Gesuchs positiv ausfällt. Es gibt auch Maximalbeträge pro Kategorie, die nicht überschritten werden können.

Anrechenbar sind Kosten, die in direktem Zusammenhang mit der Elektrizitätsproduktion der Anlage stehen. Werden gewisse Anlagenteile auch für andere Aktivitäten genutzt, können sie nur anteilmässig angerechnet werden. Planungs- und Projektleitungskosten werden höchstens bis zu einer Höhe von 15 Prozent der anrechenbaren Ausführungskosten angerechnet. Nicht anrechenbar sind zum Beispiel Grundstückkosten oder die Mehrwertsteuer bei den jeweiligen Kosten.

Wann und wie kann das Gesuch für Investitionsbeiträge eingereicht werden?

Das Gesuch kann gestellt werden, wenn eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt oder, sofern keine Baubewilligung erforderlich ist, die Baureife des Projekts nachgewiesen wird. Die Gesuchsformulare sind auf der Webseite des BFE unter «Förderung» aufgeschaltet. Die Gesuche werden nach Eingangsdatum behandelt.

Wie geht es dann weiter? Wann wird der Investitionsbeitrag ausbezahlt?

Das BFE prüft das Gesuch und entscheidet über dessen Unterstützung. Bei positivem Entscheid wird eine Grundsatzverfügung erstellt, in welcher der maximale Förderbetrag und der Zahlungsplan festgehalten werden. Der Investitionsbeitrag wird nämlich in mehreren Tranchen ausbezahlt. In wie vielen Tranchen hängt von der Gesamtsumme des Betrages ab. Die erste Tranche wird üblicherweise bei Baubeginn ausbezahlt, eine weitere nach Inbetriebnahme der Anlage. Vor der Auszahlung der letzten Tranche müssen die Bauabschlussmeldung, Baukostenabrechnung und die Daten vom ersten vollen Betriebsjahr eingereicht werden. Anschliessend werden die definitiven anrechenbaren Investitionskosten geprüft und der definitive Investitionsbeitrag anhand einer Schlussverfügung festgelegt. Der definitive Investitionsbeitrag darf den maximalen Förderbetrag aus der Grundsatzverfügung nicht übersteigen.

Wann kann es losgehen mit Bauen?

Wer von Investitionsbeiträgen profitieren will, darf erst mit den Arbeiten vor Ort beginnen, wenn das BFE den Betrag zugesichert hat. Die Bestellung von Anlageteilen gilt nicht als Arbeit vor Ort und darf somit vor BFE-Bescheid getätigt werden. Ein vorzeitiger Baustart ist möglich, wenn das BFE den Antrag dafür gutheisst.

Was ist bei den Betriebskostenbeiträgen zu beachten?

Ein Gesuch um Betriebskostenbeiträge können Betreiber von Biogasanlagen und Holzkraftwerken bei der Pronovo AG einreichen. Wichtig zu wissen: Auch beim Erhalt von Betriebskostenbeiträgen verkauft die Betreiberin weiterhin ihren Strom am freien Markt. Von der Pronovo erhält sie pro eingespeister kWh, unabhängig vom reellen Verkaufspreis, den entsprechenden Beitragssatz minus Referenzmarktpreis. Übersteigt der Referenzmarktpreis den Beitragssatz, wird der übersteigende Teil dem Anlagenbetreiber in Rechnung gestellt. Die Förderung ist vorerst bis zum 31. Dezember 2030 begrenzt.

Im Gegensatz zu den Regelungen zum Einspeisevergütungssystem (EVS) kann eine Biomasseanlage nach dem Verzicht auf den Betriebskostenbeitrag nach Durchlaufen eines neuen Gesuchverfahrens wieder einen Betriebskostenbeitrag erhalten. Der Betriebskostenbeitrag wird jedoch frühestens ein Jahr nach dem letztmaligen Ausschluss oder Verzicht erneut gewährt

Ist der ökologische Mehrwert des produzierten Stroms bereits mit dem Investitionsbeitrag oder dem BKB abgegolten?

Nein. Im Unterschied zum EVS ist der ökologische Mehrwert weder durch den Investitionsbeitrag, noch durch die Betriebskostenbeiträge abgegolten. Der ökologische Mehrwert kann in Form von Herkunftsnachweisen an ein Stromversorgungsunternehmen oder an einer Strombörse verkauft werden.

Welche Herausforderungen bestehen weiterhin für Biomasseanlagen?

Biomasse ist eine beschränkte Ressource. In vielen Regionen übersteigt schon heute die Nachfrage nach Energieholz oder vergärbaren Substraten (sogenannten Co-Substraten) das Angebot, was auch Einfluss auf die Preise hat. Eine sorgfältige und langfristige Planung der Ressourcen ist unbedingt notwendig.

Bei der langfristigen Planung kommt eine weitere Herausforderung ins Spiel: die finanzielle Planungssicherheit. Die aktuelle Befristung der Betriebskostenbeiträge bis 2030 verunsichert viele potenzielle Projektanten und Geldgeber. Wie es nach 2030 weitergehen wird, ist offen.

Im Weiteren werden neu rein landwirtschaftliche Biogasanlagen ohne Co-Substrate spezifisch gefördert, was ebenfalls Herausforderungen birgt. In der Schweiz bestehen noch kaum Daten zu solchen Anlagen, und sie müssen trotz der Förderbedingungen sehr gut geplant und durchgerechnet werden, damit es nicht zu Enttäuschungen kommt. Der Zeitaufwand des Betreibers für Planung, Bau und Betrieb wird oft unterschätzt. Administrative und finanzielle Verfahren, Vorschriften und Normen für Biogasanlagen sind mit viel Arbeit vor dem Computer verbunden. Besonders bei kleinen Anlagen fällt dies stark ins Gewicht. Gemäss unserer Einschätzung lohnt sich für Landwirtschaftsbetriebe ab ca. 250 Kühen, eine reine Hofdüngeranlage in Erwägung zu ziehen. Daraus ergibt sich eine Anlage mit ungefähr 50 kW. Damit möglichst realistisch geplant werden kann, hat Ökostrom Schweiz, der Verband für landwirtschaftliches Biogas, ein Merkblatt mit vielen wichtigen Hinweisen mit Bezug auf die neuen Rahmenbedingungen herausgegeben (Link unten).

Nathalie Bachmann, Fachspezialistin Erneuerbare Energien, Bundesamt für Energie
Daniel Binggeli, Fachspezialistin Erneuerbare Energien, Bundesamt für Energie
Bild: keystone-sda: Biogasanlage auf einem Bauernhof in Ittigen. Aus Guelle, Mist und weitere organische Abfaelle wird Biogas gewonnen. Im Blockheizkraftwerk wird aus dem anfallenden Biogas Strom und Waerme produziert. Dieser wird ins Netz eingespeist und kann so über 300 Haushalte versorgen.

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