, , ,

Kaufen Schweizer und Schweizerinnen zu wenig Elektroautos? Ein Überblick zum Stand des E-Mobilitätsmarkts in der Schweiz


«Schweizer kaufen zu wenig Elektroautos» oder «E-Mobilitätsziele nicht erreicht – Schweizer Wirtschaft drohen Sanktionen in Millionenhöhe». Diese Schlagzeilen erwecken den Eindruck, dass der E-Anteil bei den Neuwagen eingebrochen wäre. Die Verkaufszahlen des Autohandels zeigen ein anderes Bild. Der Monat November 2025 war nach September 2025 und Dezember 2023 der bisher drittstärkste «Steckermonat» in der Schweiz. Im November waren rund 24.2% aller neu zugelassenen Autos batterieelektrische Fahrzeuge und 11.5% Plug-in Hybride. Total macht das einen Anteil von 35.8% Steckerfahrzeugen. Gesamthaft im Jahr 2025 liegt der Steckeranteil bisher bei knapp 33%, das sind knapp 5%-Punkte mehr als 2024. Der traditionsgemäss gute Steckermonat Dezember ist noch nicht mitgezählt.

Die  Roadmap Elektromobilität 2025 hatte sich höhere Ziele gesteckt. 50% sollte der Steckeranteil 2025 betragen. Hierauf hatten sich die Akteure der Roadmap 2025 geeinigt, auch vor dem Hintergrund eines fast exponentiellen Wachstums bei den Steckerfahrzeugen in den Jahren 2020-2022. Der Importeurverband auto-schweiz hat dieses Ziel ebenfalls anvisiert und unterstützt, wie die Präsentation zur Jahresmedienkonferenz 2022 zeigt (Folie 11).

Dass dieses ambitionierte Ziel verpasst wird, hat verschiedene Gründe, nicht zuletzt die nach wie vor zurückhaltende Konsumentenstimmung seit der Covid-19-Pandemie und den nachfolgenden Krisen wie dem Krieg in der Ukraine und der darauffolgenden Energiekrise. So liegen die Zulassungen seit 2020 um ca. 20% tiefer als zuvor. Weitere Gründe, sind laut Importeurverband die fehlende Strommarktliberalisierung und dadurch zu hohe Strompreise, unzureichende Ladeinfrastruktur, fehlende Preistransparenz an öffentlichen Ladesäulen oder die Einführung der Automobilsteuer auch für Elektrofahrzeuge seit 2024 (Importsteuer von 4% auf den Importwert).

Wichtig zu wissen: Die Akteure der Roadmap hatten sich am 16. Mai 2022 unabhängig von den CO2-Emissionszielwerten für das Jahr 2025 auf einen Steckeranteil von 50% bis 2025 geeignet. Diese konkreten Zielwerte waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal in der EU bekannt und in der Schweiz erst in der Frühjahrssession 2024 im revidierten CO2-Gesetz beschlossen worden. Das aktuelle Ziel für Personenwagen von 93.6 g CO2/km wird im Schnitt schon bei wesentlich tieferen Steckeranteilen erreicht.

Wo hapert es noch für den Durchbruch der Elektromobilität? Aktuelle Umfragen von Sotomo oder gfs Bern zeigen, dass in der Schweiz bei der Elektromobilität immer noch grosse Informationsdefizite bestehen, sei es zu den Umweltauswirkungen von Elektrofahrzeugen, zur Lebensdauer von Batterien, zur Reichweite und zum tatsächlichen täglichen Bedarf an Reichweite. Die Vorbehalte gegenüber der Elektromobilität stiegen in den letzten Jahren sogar leicht an. Ein Paradox, denn: Die Fahrzeuge werden laufend besser und effizienter, benötigen weniger kritische Rohstoffe und decken heute praktisch alle Bedürfnisse punkto Reichweite, Platzangebot, Ausstattung, Einsatzzweck und Preis ab. Es gibt E-Autos mit Reichweiten zwischen 600 bis über 700 km und die Preise liegen gemäss autoscout24 im laufenden Jahr um 10% tiefer als im Vorjahr (siehe Artikel im Saldo vom 3.12.2025). In verschiedenen Segmenten sind E-Autos gleich teuer oder sogar günstiger als vergleichbare Verbrenner.

Und sämtliche aktuellen Studien zu den Umweltauswirkungen von Elektroautos zeigen auf, dass diese um 50-70% geringere Umweltauswirkungen und CO2-Emissionen haben als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und das unter Berücksichtigung der Herstellung und Entsorgung der Batterien. Mit dem Umweltrechner Verkehr von EnergieSchweiz kann dies für alle Verkehrsmittel nachgeprüft werden.  Im Verbrauchskatalog von TCS und EnergieSchweiz kann man zudem für sämtliche verfügbaren Neuwagenmodelle eine CO2-Bilanz auswerten.

Zurück zu den Verkaufszahlen: Wenn man die bisherige Entwicklung der Antriebstechnologien in der Schweiz genauer anschaut, zeigt sich: Am meisten zurück gegangen sind die Verkaufszahlen bei den reinen Verbrennern, vorab bei den Benzinern und Dieselfahrzeugen. Auch Dieselhybride und -Plug-in Hybride zeigen eine negative Entwicklung. Lediglich elektrifizierte Antriebe legen zu (siehe Grafik unten). Treffender wären also Schlagzeilen wie: «Benziner und Dieselautos verlieren deutlich – Zuwächse bei Elektroautos und Hybriden bremsen den Rückgang».

In Europa sieht das Bild ähnlich aus, auch wenn der Zuwachs bei den batterieelektrischen Antrieben (BEV) im Schnitt Januar – Oktober mit 26.2% höher ist als in der Schweiz. Grund dafür ist unter anderem, dass 2024 in Deutschland – dem grössten Automarkt Europas –nach dem Auslaufen der Kaufprämie Ende 2023 ein sehr starker Rückgang beobachtet wurde, der 2025 wieder aufgeholt wurde. Die Schweiz liegt beim Anteil batterieelektrischer Antriebe im Mittelfeld auf Rang 13 in Europa knapp hinter Österreich, Portugal und UK.

 

Wachstumsraten batterieelektrische Fahrzeuge 2025 in Europa (absolut):

 

 

Wie geht es nun weiter? Traditionell wird im Dezember nochmals ein deutliches Wachstum bei den Steckerfahrzeugen erwartet. Und der Ausblick ist positiv: Das Angebot an E-Fahrzeugen in allen Segmenten wird laufend grösser, insbesondere auch in günstigeren Segmenten. Im kommenden Jahr werden beispielsweise 3 neue Modelle des VW-Konzerns erwartet im Preissegment 25’000 Franken: VW ID.2, Cupra Raval und Skoda Epiq. Mit dem Renault Twingo wird ein Klassiker neu elektrisch mit einem Preisschild um die 20’000 Franken angeboten.

Der Bundesrat wird zudem im kommenden Jahr einen Gesetzesvorschlag für die Umsetzung der Motion Grossen «Laden von Elektroautos im Mietverhältnis und Stockwerkeigentum» in die Vernehmlassung geben. Dies soll den Zugang zu Ladeinfrastruktur für Mieterinnen und Mieter sowie in Stockwerkeigentümergemeinschaften erleichtern und dazu beitragen, eines der wichtigsten Hindernisse für die Anschaffung eines Elektroautos zu beseitigen.

Quelle: Transport&Environment 2025, 8. September 2025: EV progress report: Which EU carmakers are on track for 2025-27 targets? Link: https://www.transportenvironment.org/articles/ev-progress-report-2025

Text: Christoph Schreyer, Leiter energieeffizienter Verkehr, Bundesamt für Energie (BFE)
Bild: KEYSTONE/Stephan Torre; 601939963

 

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne 5 Vote(s), Durchschnitt: 4,80
Loading...