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Bund fördert Solarthermie für Prozesswärme


Mit der Energie der Sonne lässt sich nicht nur Strom, sondern auch Wärme erzeugen. Soweit, so bekannt. Dennoch wird die Sonnenwärme bei industriellen Prozessen noch selten eingesetzt. Wo macht Solarthermie Sinn? Und was will der Bund mit dem neuen Förderung für solche Anlagen bei Industriebetrieben erreichen?

Auf Solarthermie setzt zum Beispiel der Milchverarbeiter Emmi an seinem Produktionsstandort in Langnau BE. Auf rund 210 m2 Fläche auf dem Dach des Gebäudes sind 109 Sonnenkollektoren installiert. Sie wandeln das Sonnenlicht in Wärme um, rund 95 Grad wird erreicht, auch im Winter, so steht es auf der Homepage des Unternehmens. Gemäss eigenen Angaben kann Emmi so jährlich rund 21’000 Liter Heizöl sparen und den CO2-Ausstoss um 55 Tonnen im Jahr reduzieren.

Mit der Sonnenwärme wird das Wasser aufgewärmt, das für die Herstellung von Fondue-, Raclette- und Streichkäsespezialitäten nötig ist. Die Anlage in Langnau gilt als Pionierprojekt und wurde unter anderem vom Bundesamt für Energie im Rahmen des Pilot- und Demonstrationsprogramms gefördert.

Im neu revidierten CO2-Gesetz wurde nun ein neues Förderinstrument für solche Solarthermie-Anlagen für Prozesswärme geschaffen. Gefördert werden Anlagen ab einer Mindestgrösse von 20 kW thermische Leistung. Die Wärme muss zur Hauptsache für Prozesse oder Dienstleistung genutzt werden. Was heisst das konkret? Wo macht Solarthermie bei industriellen Verarbeitungs- und Fertigungsprozessen Sinn? Energeiaplus hat bei Leo-Philipp Heiniger nachgefragt. Er ist Fachspezialist Erneuerbare Energien im Bundesamt für Energie.

Energeiaplus: Wo kann Solarthermie eingesetzt werden in der Industrie?

Leo-Philipp Heiniger ist Fachspezialist für Erneuerbare Energien; Bild: BFE

Leo-Philipp Heiniger: Die möglichen Anwendungsbereiche von Solarthermie in der Industrie sind relativ breit und decken Prozesse wie beispielsweise Erhitzen, Reinigen, Destillieren, Sterilisieren, Bleichen oder Färben ab. Aufgrund der erforderlichen Temperaturniveaus kommen in erster Linie die Branchen Pharma, Textil, Papier und Lebensmittel für konventionelle solarthermische Systeme mit eher niedrigen Temperaturen bis 130°C in Frage. Aber auch in anderen Bereichen gibt es Anwendungsfälle. So nutzt beispielsweise die Fischer Kerzen AG seit über 15 Jahren eine Solarthermieanlage mit einer Leistung von 67 kW zur Erwärmung des Paraffins. Die Anzahl Anlagen in der Industrie halten sich in der Schweiz jedoch bisher in Grenzen. Daher auch das neue Förderprogramm, welches diesem Anwendungsbereich der Solarthermie einen neuen Schub geben will. Im Bereich Dienstleistungen kommen zum Beispiel Autowaschanlagen, Grosswäschereien oder Spitäler in Frage.

Das neue Förderinstrument wird aus den zweckgebundenen Mitteln der CO2-Abgabe finanziert. Basis bildet Artikel 34a Absatz 1 Buchstabe e des revidierten CO2-Gesetzes.

Die Förderung beruht auf einem einmaligen Investitionsbeitrag und setzt sich aus einem Grundbeitrag von 2400 Franken und einem Leistungsbeitrag von 1000 Franken pro kW thermische Kollektorleistung zusammen. Das entspricht rund 40 Prozent der Investitionskosten bei grossen Anlagen.

Projekte müssen bei der Gesucheinreichung baureif sein.

Weitere Infos: Solarthermie für Prozesswärme

Wie gross ist das Potenzial?

Das Potenzial für solare Prozesswärme mit Temperaturen bis 100°C wurde in der Studie Sol-Ind Swiss 2019 auf etwa 3 TWh geschätzt. Für höhere Temperaturen werden typischerweise konzentrierende Systeme wie Parabolrinnenkollektoren verwendet. Ein weiteres Potenzial liegt im Dienstleistungssektor (siehe Antwort oben). Hierzu liegen jedoch keine genauen Zahlen vor. Gemäss der Roadmap «Solarwärme Schweiz 2050» von Swissolar soll die Solarthermie im Bereich Industrie bis 2050 rund 2 TWh bereitstellen.

Was ist, wenn die Sonne nicht scheint? Müssen dann wieder fossile Energieträger die Wärme erzeugen?

Eine Solarthermie-Anlage funktioniert fast immer in Kombination mit einem Speicher. Abhängig davon wie gross dieser und die Anlage ausgelegt sind, können kürzere oder längere Perioden ohne Sonnenschein überbrückt werden. Eine zusätzliche Wärmeerzeugung wird in der Industrie auch bei einem grossen Speicher jedoch fast immer notwendig sein. Eine Solarthermie-Anlage hilft aber, fossile Energien zu ersetzen und so einen Schritt Richtung Dekarbonisierung zu machen. Bei Wohngebäuden gibt es Beispiele von Solarthermie-Anlagen, welche ganz ohne zusätzliche Wärmeerzeugung das ganze Jahr über die Heizung und Warmwasseraufbereitung gewährleisten (z.b. in Kombination mit einem Jenni Speicher).

Zu den Förderbedingungen: Die Anlage muss mindestens 20 kW Leistung haben. Warum?

Solarthermie-Anlagen für Prozesswärme sind in der Planung und der Integration in den Prozess meist komplexer als klassische Systeme zur Warmwasseraufbereitung. Somit macht es aus Kostensicht Sinn, wenn die Anlagen eine gewisse Grösse haben. Je nach verwendeten Kollektoren entsprechen die 20 kW etwa 35 m2 Bruttofläche. Dies sind zwar im internationalen Vergleich recht kleine Anlagen. Im Anschluss an die Vernehmlassung zur revidierten CO2-Verordnung wurde die Mindestleistung aber bewusst etwas gesenkt, damit gerade auch kleinere Anlagen von der Förderung profitieren können.

Webinar zum Förderprogramm «Solarthermie für Prozesswärme:

Wann: 8. Mai auf Deutsch und 13. Mai auf Französisch; 16.00-17.15 Uhr

Wie: Online via Microsoft Teams

Anmelden hier: Deutsch / Französisch

Wo erfahre ich, welche Leistung meine Kollektoren haben?

Damit eine Anlage gefördert wird, müssen die verwendeten Kollektoren auf der Kollektorliste (www.kollektorliste.ch) des Instituts für Solartechnik (SPF) registriert sein. Dort wird auch für jeden Kollektortyp die thermische Kollektornennleistung (TKN) angegeben, welche die Basis bildet für die Berechnung der Förderung.

Wofür gibt es keine Förderung?

Nicht gefördert werden Anlagen, welche die Fördervoraussetzungen nach Art .113g der CO2-Verordnung nicht erfüllen, insbesondere, wenn die produzierte Wärme nicht überwiegend für gewerbliche oder industrielle Prozesse oder für Dienstleistungen genutzt wird. Solarthermie-Anlagen für Raumwärme oder Warmwasser werden durch die Kantone über das Gebäudeprogramm und neu über das Impulsprogramm gefördert, eine Doppelförderung ist somit ausgeschlossen. Nicht gefördert werden zudem Anlagen von Teilnehmern am Emissionshandelssystem (EHS). Weiter gilt für Betreiber mit einer Verminderungsverpflichtung, dass diese zwar eine Förderung beanspruchen können, die Emissionsverminderungen, welche auf die geförderte Anlage zurückzuführen sind, jedoch nicht an die Verminderungsverpflichtung angerechnet werden können.

Wo erfahre ich mehr zum Förderprogramm?

Details zu den Förderbedingungen finden sich in der revidierten CO2-Verordnung und dem erläuternden Bericht dazu. Zudem werden aktuell die Richtlinie zum Förderprogramm und das Gesuchformular erarbeitet. Im Rahmen eines Webinars (siehe unten) am 8. Mai 2025 (auf Deutsch) und am 13. Mai 2025 (auf Französisch) werden die Förderbedingungen und der Gesuchsprozess erklärt und Praxisbeispiele vorgestellt.

Interview: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Hauptbild: zvg Emmi

 

 

 

 

 

 

 

 

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