Die Schweiz hat an der 68. Generalkonferenz der Internationalen Atomenergie Agentur (IAEA) vom 16. bis 20. September 2024 in Wien teilgenommen. Neben dem traditionellen Fokus auf die sogenannten drei «S» der nuklearen Sicherheit (Nuclear Safety) und nuklearen Sicherung (Nuclear Security) sowie der Verifikation (Safeguards) stand die andauernde militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine im Zentrum der Debatte.
Die Schweiz unterstützt die IAEA in all ihren Bemühungen zur Gewährleistung der nuklearen Sicherheit, Sicherung und Safeguards in der Ukraine. Sie unterstützt insbesondere die von der IAEA vorgestellten «Sieben Säulen» der nuklearen Sicherheit und Sicherung während eines bewaffneten Konflikts sowie die «Fünf Prinzipien» zum Schutz des Kernkraftwerks Saporischschja. Jeder Angriff auf eine Nuklearanlage ist unverantwortlich und inakzeptabel. Die Schweiz hat die Konfliktparteien wiederholt aufgefordert, von jeglichen Feindseligkeiten in der Nähe von Kernkraftwerken oder anderen Nuklearanlagen abzusehen.
Die Generalkonferenz ist ein politisches Steuerungsorgan der Mitgliedstaaten und gleichzeitig ein Forum für den Informationsaustausch mit Vertretern der IAEA, der Mitgliedstaaten sowie der Industrie. Die Schweizer Delegation stand mit allen drei Vertretungsgruppen im Dialog. Im Committee of the Whole (CoW) wurden die rechtlich nicht bindenden Resolutionen zu den drei S, nukleare Anwendungen, technische Zusammenarbeit und Budget diskutiert und verabschiedet. Darüber hinaus ist das Wissenschaftliche Forum ein wichtiger Bestandteil der Generalkonferenz, das einen vertieften Einblick in wissenschaftliche Nuklearthemen ermöglicht. In diesem Jahr stand das Forum unter dem Motto «Atoms4Food – Better Agriculture for Better Life».
Die nukleare Sicherung ist sowohl für die Verhinderung der Verbreitung von Kernwaffen als auch für die Gewährleistung der friedlichen Nutzung der Kernenergie unerlässlich. Die Schweiz setzt sich weiterhin aktiv für die Stärkung der globalen nuklearen Sicherung ein und unterstützt die Ergebnisse der Internationalen Konferenz über nukleare Sicherung 2024 (ICONS) voll und ganz. Darüber hinaus ermutigt sie alle Mitgliedstaaten, die Sicherheitsstandards und Sicherheitsrichtlinien der IAEA anzuwenden und regelmässig Beratungsdienste, z.B. IPPAS-Missionen und Peer-Review-Missionen durchzuführen. Eine IPPAS-Folgemission fand 2023 in der Schweiz statt.
Die IAEA spielt eine entscheidende Rolle als internationale Aufsichtsbehörde. Ihr Mandat ermöglicht den Nichtkernwaffenstaaten, die Vorteile der friedlichen Anwendung der Kernenergie zu nutzen sowie die Weiterverbreitung von Kernwaffen einzudämmen und zu verhindern. Aufgrund der aktuellen geopolitischen Veränderungen stehen die globale Nonproliferationsarchitektur und das nukleare Sicherungs- und Sicherheitsregime unter Druck. Die Schweiz unterstützt zudem die Bemühungen der IAEA, das Verifikationssystem weiter zu optimieren, um die beschränkten Ressourcen der Organisation möglichst effizient und effektiv einzusetzen. Im Rahmen des Programms zur Unterstützung der Mitgliedstaaten trägt die Schweiz deshalb mit verschiedenen Projekten aktiv zur Weiterentwicklung der Verifikationsmassnahmen bei.
Die Schweiz unterstützt zudem seit vielen Jahren die Aktivitäten der IAEA im Bereich der angewandten Nuklearwissenschaften, -technologien und -anwendungen, beispielsweise durch ihre Kooperationszentren. Das Labor Spiez ist seit 2017 im Bereich der nuklearen Anwendungen tätig, insbesondere bei Feldmessungen, der Probenahme und der Etablierung analytischer Methoden zur Untersuchung von Radionukliden in Umweltproben sowie bei der von der Agentur durchgeführten Laborvergleichsstudie im Zusammenhang mit der Freisetzung des sogenannten ALPS-Wassers aus dem Kernkraftwerk Fukushima-Daiichi. Die École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) unterstützt seit 2019 die IAEA bei der Verbesserung ihrer Modellierungs- und Simulationsfähigkeiten im Bereich fortschrittlicher Reaktoren. Im Jahr 2022 wurde die Zusammenarbeit zwischen der IAEA und dem Schweizerischen Wasserforschungsinstitut (Eawag) durch die Unterzeichnung einer praktischen Vereinbarung vertieft.
Angesichts der zunehmenden Nutzung digitaler Infrastrukturen im Nuklearbereich setzt sich die Schweiz dafür ein, die Schnittstellen zwischen Cybersicherheit und nuklearer Sicherheit zu verbessern. Dies ist entscheidend, um mögliche Risiken zu minimieren. Neben den inhaltlichen Beratungen hat die Generalkonferenz auch über das IAEA-Budget 2025 entschieden. Der Jahresbeitrag der Schweiz beträgt rund 4,8 Millionen Franken, was rund 1,1 Prozent des gesamten ordentlichen Budgets der IAEA entspricht. Zudem unterstützt die Schweiz den Fonds für technische Zusammenarbeit der IAEA mit rund 1 Million Franken pro Jahr.
Die Schweizer Delegation setzte sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern des Bundesamts für Energie (BFE), des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI) sowie des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS).
Ralf Straub, Fachspezialist Internationales BFE
Bilder: Dean Calma/IAEA, BFE
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