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Förderprogramm Fahrpläne zur Dekarbonisierung: Eine erste Bilanz


Das Ziel für Unternehmen in der Schweiz ist klar: Bis 2050 müssen sie ihren CO2-Fussabdruck auf Netto-Null verringern. Doch wo anfangen, wie umsetzen? Sogenannte Fahrpläne zur Dekarbonisierung sollen Unternehmen mögliche Wege zu Netto-Null aufzeigen. Knapp 180 Unternehmen und Branchen haben einen solchen Fahrplan seit Ende 2022 – mit Unterstützung von EnergieSchweiz – erstellt. Nun läuft das Förderprogramm aus. Zeit für eine Bilanz.

Für das Förderprogramm hatte EnergieSchweiz ein Budget von ca. 2,7 Millionen Franken zur Verfügung. Pro erstellten Fahrplan wurde im Schnitt ein Förderbeitrag von rund 15’000 Franken geleistet, in jedem Fall aber maximal bis zu 40% der Gesamtkosten für die Erstellung eines Fahrplans zur Dekarbonisierung.

Die unterstützten Projekte umfassen eine Vielzahl von Unternehmen und Branchen, die alle das Ziel haben, die Dekarbonisierung in der Schweiz voranzutreiben. Die Förderung hat es den Teilnehmenden ermöglicht, massgeschneiderte Dekarbonisierungs-Strategien zu entwickeln.

Das Instrument «Fahrplan zur Dekarbonisierung» erfasst ein umfassendes Bild aller direkten und indirekten Emissionen eines Unternehmens und leitet daraus kurz-, mittel- und langfristige Massnahmen ab. Der Gemüse- und Früchtehändler Schwab-Guillod aus Ins BE hat einen solchen Fahrplan erstellen lassen und dabei durchaus Aha-Erkenntnisse gewonnen. (siehe den Artikel auf energeiaplus)

Zu Beginn des Förderprogramms war das Instrument dieser Fahrpläne noch nicht weit verbreitet. Ein weiteres Ziel des Förderprogramms war es deshalb, die Verbreitung dieses Instruments zu fördern und Beratungsunternehmen bei dessen Entwicklung und Implementierung zu unterstützen.

Welches Fazit zieht Paule Anderegg. Sie ist beim Bundesamt für Energie für das Förderprogramm zuständig.

Energeiaplus: 178 Unternehmen und Branchen haben mit Unterstützung von EnergieSchweiz einen Fahrplan zur Dekarbonisierung erstellt. Entspricht das den Erwartungen?

Paule Anderegg ist Fachspezialistin Industrie und Dienstleistung im Bundesamt für Energie; Bild: BFE

Paule Anderegg: Auf jeden Fall. Mit dem Förderprogramm sollten sogenannte Early Movers unterstützt werden, also Unternehmen, die sich bereits auf den Weg zur Dekarbonisierung aufgemacht haben. Dieses Ziel wurde erreicht. Man kann dies an der Anzahl Gesuche sehen, die während der Dauer des Programms stark zunahmen. Im Jahr 2024 sind mehr als doppelt so viele Gesuche eingegangen wie im Vorjahr. Und dies obwohl das Programm nur halb so lange lief. Es spricht für die Relevanz und Interesse am Instrument der Fahrpläne.

Sind das Unternehmen, Branchen, die einen besonders grossen CO2-Fussabdruck haben?

Ja, aber nicht ausschliesslich. Wir haben sowohl energieintensive Industrieunternehmen mit hohen CO2-Emissionen als auch KMU mit geringeren Emissionen aus verschiedenen Branchen unterstützt. Dazu zählen Industrie- wie auch Dienstleistungsunternehmen. Es wurden jedoch anteilmässig mehr Gesuche von Industrie- als von Dienstleistungsunternehmen eingereicht.

Der Fahrplan schlägt auch Massnahmen vor, die das betreffende Unternehmen umsetzen könnte, um Netto-Null zu erreichen. Zeigt sich hier ein Trend, wo Unternehmen insbesondere ansetzen müssen/sollen?

Es ist noch zu früh, um die Ergebnisse zu verallgemeinern. Wir haben noch nicht alle Fahrpläne erhalten, für die wir einen Förderbetrag bewilligt haben. Dennoch konzentrieren sich die meisten Unternehmen auf die Emissionen, die sie direkt beeinflussen können, das sind die sogenannten Scope-1-Emissionen. Dabei fokussieren sich die Massnahmen auf die Verbesserung der Energieeffizienz, den Ersatz von fossilen Energieträgern durch erneuerbare Energien sowie die Optimierung von Produktionsprozessen. Für die Industrie stellen insbesondere Massnahmen zur Elektrifizierung der Prozesse eine grosse Herausforderung dar. In Unternehmen, bei denen die vor- und nachgelagerten Emissionen in der Lieferkette (das sind die sogenannten Scope-3-Emissionen) einen grossen Teil der Emissionen ausmachen, soll der Fahrplan auch diese Emissionen berücksichtigen.

Netto-Null für Unternehmen ist Pflicht bis 2050. Dabei kann ein solcher Fahrplan zur Dekarbonisierung eine wichtige Grundlage sein. Weil das Budget begrenzt ist, können nun keine weiteren Gesuche für Unterstützung mehr entgegengenommen werden. Wie sind die Reaktionen?

Die Enttäuschung war bei den Unternehmen und den Beraterinnen und Beratern, die sie begleiten und die Fahrpläne erstellen, verständlicherweise gross. Gleichzeitig freuen wir uns über die Beliebtheit des Instruments der Fahrpläne bei Unternehmen. Fahrpläne werden auch weiterhin nötig und gefragt sein. Das Klimaschutz-Gesetz (KlG), das am 1. Januar 2025 in Kraft tritt, soll diesen Prozess unterstützen. Dort dienen Fahrpläne als Grundlage für Förderbeiträge, um die Einführung neuer Technologien und Prozesse zur Reduktion von Treibhausgasemissionen zu unterstützen.

Im KlG steht bis 2030 ein Finanzhilfebudget von 1,2 Milliarden Franken für die Einführung neuartiger Technologien und Prozesse zur Dekarbonisierung sowie für die Absicherung von thermischen Netzen und thermischen Langzeitspeichern bereit. Die Bedingungen für die Finanzhilfen des KlG werden spätestens im Frühjahr 2025 veröffentlicht.

Sie sprechen die Förderbeiträge im Rahmen des Klimaschutz-Gesetzes an. Gibt es noch andere Fördermassnahmen für die Dekarbonisierung in Unternehmen?

Ja. Neben den Förderbeiträgen aus dem Klimaschutz-Gesetz werden andere bestehende Instrumente weitergeführt. Dazu zählt die Rückerstattung der CO2-Abgabe. Für Unternehmen, die davon nicht profitieren, gibt es zudem das Gebäudeprogramm sowie die Förderprogramme von EnergieSchweiz, wie PEIK und PinCH.

Zum Schluss: Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen für Unternehmen auf dem Weg zu Netto-Null?

Die Möglichkeiten und Herausforderungen zur Emissionsreduktion unterscheiden sich zwischen den einzelnen Branchen teilweise stark. Eine möglichst frühzeitige Ausrichtung auf Netto-Null ist eine Chance für die Schweizer Unternehmen und bietet für viele Branchen zusätzliche Wachstumschancen. Dennoch erfordert dies eine langfristige Planung und teilweise hohe Investitionen.

Eine besondere Herausforderung stellt die Reduktion der technisch schwer vermeidbaren Emissionen dar, wie sie beispielsweise in der Zementindustrie und bei der Abfallverbrennung auftreten. Die dafür notwendigen Technologien zur CO2-Abscheidung und dauerhaften Speicherung sind heute noch nicht marktreif. Ihre Verbreitung soll durch Fördermassnahmen im Rahmen des KlG vorangetrieben werden.

Interview: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Bild: Shutterstock
; Stock-Foto ID: 2313085625; FrankHH

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