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Auf dem Weg zu Netto-Null – das Beispiel des Früchte- und Gemüsevermarkters Schwab-Guillod AG


Bis 2050 will die Schweiz klimaneutral sein. Das heisst: Die Treibhausgasemissionen müssen maximal reduziert und die verbleibenden Emissionen kompensiert werden. Die Emissionsreduktion ist auch Pflicht für die Wirtschaft. EnergieSchweiz, das Förderprogramm des Bundesamts für Energie für Energieeffizienz und erneuerbare Energien, unterstützt noch dieses Jahr sogenannte «Fahrpläne zur Dekarbonisierung» für Unternehmen und Branchen. Solch einen Fahrplan hat der Früchte- und Gemüsevermarkter Schwab-Guillod AG aus Müntschemier BE erstellt.

Schwab-Guillod verarbeitet und vermarktet Früchte und Gemüse, die in der Schweiz produziert oder aus dem Ausland importiert werden. Seit der Gründung 1937 ist das Unternehmen stark gewachsen und erstreckt sich heute über eine Fläche von fast 30’000 m2. Alle Gebäude des Unternehmens sind produktspezifisch klimatisiert.

Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema beim seeländischen GemüsehändlerSchwab-Guillod, der seinen Standort mitten im Gemüsegarten der Schweiz hat. Am Rande des Firmengeländes steht die firmeneigene Wasserstoff-Tankstelle, die 2021 eröffnet wurde. Von den 50 Lastwagen fährt einer mit Wasserstoff und sieben mit Elektroantrieb. Die Fahrzeuge werden mit Regenwasser gereinigt. Die Stapler in den Kühlhallen funktionieren mit Strom. Die Einwegpaletten werden in der Holzschnitzelheizung verwertet. Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern liefern Strom. Sämtliche Beleuchtung wurde auf LED umgestellt. Und das Wasser, welches der Betrieb zum Waschen von Gemüse oder Salat verwendet, wird wieder aufbereitet.

Was ist ein Fahrplan zur Dekarbonisierung?

Der Fahrplan umfasst eine Treibhausgasbilanzierung aller betrieblichen Aktivitäten und zeigt dem Unternehmen so Emissionshotspots auf. Daraus werden Reduktionsziele abgeleitet und ein Massnahmepaket erstellt, um die gesetzten Ziele zu erreichen. So kann das Unternehmen die Dekarbonisierung vorausschauend planen.

Das Merkblatt dazu finden Sie hier.

Das Unternehmen hat also schon einige Massnahmen ergriffen, um den eigenen Fussabdruck zu reduzieren. Doch, reicht dieses Engagement für eine CO2-freie Zukunft des Unternehmens? Schwab-Guillod wollte es genau wissen und hat sich mit dem Fahrplan zur Dekarbonisierung einen Überblick über die Treibhausgas-Emissionen verschafft, die das Unternehmen verursacht.  Doreen Domenge, Nachhaltigkeitsbeauftragte, sagt: «Wir wollen sichtbar machen, was unser Unternehmen für den Klimaschutz tut.» Und sie fügt an: «Es geht auch darum, die Glaubwürdigkeit gegenüber unseren Kunden und Kundinnen zu steigern.»

Transparenz ist für die Konsumentinnen und Konsumenten immer wichtiger. Sie wollen wissen, wie Produkte hergestellt und vertrieben werden. Angaben zu den Treibhausgasemissionen der ganzen Lieferkette – vom Anbau respektive der Herstellung bis zum Verkauf im Laden gehören hier dazu. Als Unternehmen ist man dabei ein Rad in einem Gesamtsystem. Konkret: Beschliesst ein Unternehmen Massnahmen, die auch die Lieferkette betreffen, sind auch die Lieferanten gefordert.  Dem ist sich auch Schwab-Guillod bewusst.

Die Bestandesaufnahme zeige nun, wie das Unternehmen dasteht, und dabei habe es durchaus überraschende Erkenntnisse gegeben, sagt Doreen Domenge: «Wir wussten, dass die Emissionen, die bei der Herstellung und beim Einkauf der Produkte entstehen, gross sind. In diesem Ausmass hatten wir es dennoch nicht erwartet.» Konkret sind es zwei Drittel der Gesamtemissionen. Direkt im Unternehmen werden 5% der Gesamtemissionen verursacht. Das sind Emissionen, die beim Transport mit den firmeneigenen Lastwagen oder bei der Verbrennung von Heizöl und Holz entstehen.

Untätig wird das Unternehmen dennoch nicht sein: «Wir konzentrieren uns vorerst auf die Emissionen im eigenen Betrieb, auf das, was wir selbst verursachen», sagt Doreen Domenge. Die Dieselfahrzeuge sollen schrittweise, bis 2030, durch LKW mit alternativen Antrieben ersetzt werden (siehe Grafik). Geplant sind weitere Betriebsoptimierungen: In der Convenience-Abteilung soll beispielsweise das Wasser vor dem Garen des Gemüses vorgewärmt werden, indem der Steamer an das Warmwassernetz angeschlossen wird. «Unser Ziel ist es, unsere eigenen Emissionen bis 2030 um 42% zu reduzieren.»

Grafik: act Cleantech Agentur Schweiz

Im Bericht sind auch mögliche Massnahmen aufgeführt, mit denen Emissionen reduziert werden könnten, die nicht direkt bei Schwab-Guillod verursacht werden:

  • Produkte vermehrt bei Betrieben mit geringeren Treibhausgasemissionen beziehen
  • Flugzeugtransporte vermeiden und Produkte mit kurzem Transportweg beziehen. Dies sollte indes nicht zu höheren Anbauemissionen führen (Produkte aus konventionell beheizten Gewächshäusern statt aus Übersee)
  • Verpackungen reduzieren, ohne die Haltbarkeit der Frischprodukte zu beeinflussen.

Im Video-Interview zieht die Nachhaltigkeitsbeauftragte Doreen Domenge Bilanz und erklärt, warum die Erstellung dieses Fahrplans zur Dekarbonisierung für Schwab-Guillod sinnvoll gewesen ist.

Die Schwab-Guillod AG liefert an 6 Tagen und in 2 Schichten pro Tag bis zu 1000 Paletten Früchte, Gemüse und küchenfertige Produkte aus. Während der Sommersaison kommen Gemüse und Früchte hauptsächlich von den Feldern aus der Umgebung und aus der gesamten Schweiz.

Mit dem neuen Klimagesetz wird die Reduktion von Treibhausgas-Emissionen für Unternehmen Pflicht. Artikel 5 des Klimagesetzes hält fest, dass alle Unternehmen spätestens im Jahr 2050 Netto-Null-Emissionen aufweisen müssen. Dabei sind mindestens die direkten und indirekten Emissionen zu berücksichtigen. Zur Erreichung des Ziels können die Unternehmen Branchenfahrpläne erarbeiten. Diese Netto-Null-Fahrpläne sind künftig Voraussetzung, wenn Unternehmen von Fördergeldern aus dem Klimagesetz-Topf profitieren wollen.  Im Artikel 6 sieht das Klimagesetz vor, dass Industrie- und Gewerbebetriebe, die innovative klimaschonende Technologien einsetzen, Unterstützung beantragen können. Ab 2025 stehen pro Jahr 200 Millionen Franken zur Verfügung. Diese Förderung ist auf sechs Jahre beschränkt.

Paule Anderegg ist beim Bundesamt für Energie Fachspezialistin in der Sektion Industrie und Dienstleistungen. Ihre Sektion ist zuständig für die Umsetzung von Art. 5 und 6 des Klimagesetzes, in Zusammenarbeit mit dem BAFU.

Energeiaplus: Die Fahrpläne zur Dekarbonisierung werden von EnergieSchweiz nur noch dieses Jahr gefördert. Danach nicht mehr. Warum?

Paule Anderegg, Fachspezialistin in der Sektion Industrie und Dienstleistungen im BFE; Bild: BFE

Paule Anderegg: Unternehmen, die vor 2025 Fahrpläne zur Dekarbonisierung erstellen, befinden sich in einer freiwilligen Pionierrolle. Mit der Unterstützung von EnergieSchweiz sollen sie in diesem Prozess bestärkt werden. Mit dem Inkrafttreten des Klimagesetzes im Januar 2025 werden die Netto-Null Fahrpläne in einem Gesetz verankert und die Unterstützung von EnergieSchweiz ist somit nicht mehr angemessen.

Was für Projekte haben Chancen auf Unterstützung aus dem Klimagesetz-Topf?

Die Finanzhilfen sind für den Einsatz innovativer Technologien oder Verfahren vorgesehen. Darunter versteht man Technologien, die bereits verfügbar sind, aber noch keine weite Verbreitung auf dem Markt gefunden haben.

Derzeit läuft die Vernehmlassung zur Verordnung zum Klimagesetz. Darin wird präzisiert, wie die Innovationsförderung genau aussehen soll. Der Bundesrat wird diese Verordnung voraussichtlich im November verabschieden und auf Anfang 2025 in Kraft setzen. Was können Unternehmen, die von Förderung profitieren wollen, jetzt schon tun?

 Wie die Bedingungen und Voraussetzung für die Förderung gemäss Klimaschutzgesetz sind, ist – wie Sie sagen – noch nicht definiert. Derzeit werden die Vernehmlassungsantworten ausgewertet.

Unternehmen, die Unterstützung im Rahmen des Klimagesetzes beantragen wollen, können bereits jetzt einen Netto-Null-Fahrplan erstellen. So sind sie vorbereitet, wenn ab 2025 Anträge auf Unterstützung eingereicht werden können.

Text und Interview: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie

 

 

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