Wie ein Schwyzer Landwirt seine Biogasanlage wirtschaftlich betreibt
Strom und Wärme aus Gülle und Mist: Was früher vom Stall via Güllengrube direkt aufs Feld kam, verarbeitet der Schwyzer Landwirt Pirmin Schelbert nun zu Biogas. Daraus produziert er Strom und heizt damit seinen Betrieb und zwei Nachbarhäuser. Eine Besonderheit seiner Biogasanlage: Man sieht und riecht sie nicht. Energeiaplus hat den Betrieb in Schwyz besucht.
«Hier im Milchviehstall beginnt die Energieproduktion», sagt Pirmin Schelbert. «Ohne diese Tiere gäbe es kein Biogas.» Pirmin Schelbert führt einen Milchwirtschaftsbetrieb. Eine Kuh leckt Mineralstoffe aus einem Becken, einige Tiere liegen im Stroh, andere kommen neugierig auf uns zu, strecken den Kopf durch das Gitter und lassen sich kraulen. In einem separaten Gehege sind fünf Kälber. 38 Milchkühe sind es bei unserem Besuch. Dazu kommen 50 Zuchtschweine und rund 150 Legehennen, die auch Mist liefern für die Biogasproduktion.
Der Traum seines Vaters sei es eigentlich gewesen, aus dem in Mist und Gülle enthaltenen Gas eigenen Treibstoff herzustellen für den Traktor, erzählt Pirmin Schelbert. Er produziere nun Wärme und Strom aus dem Biogas.
Zwei Mal am Tag wird dieser Mist weggeschabt – ein automatisch gesteuerter Vorgang – nicht der einzige im Zusammenhang mit der Biogasproduktion. Die Automatisierung der ganzen Anlage habe etwas mehr gekostet, dafür müsse er jetzt täglich weniger Zeit dafür aufwenden, sagt Pirmin Schelbert im Videointerview und erklärt, was die Anlage sonst noch besonders macht.
Zwischen 6 bis 7m3 Gülle landen pro Tag in der Vorgrube. Dort werden Gülle und Mist zerkleinert und gerührt – eine Stunde lang. «Die Masse muss eine Konsistenz bekommen wie eine Kürbissuppe», sagt Pirmin Schelbert und lacht über den Vergleich. Das Ganze passiert unterirdisch – in einer bestehenden Grube. Von dort gelangt die Masse in den Fermenter, wo der eigentliche Vergärungsprozess stattfindet, bei dem das Biogas produziert wird.
Der Gärraum – 9 Meter breit und 20 Meter lang und rund 4 Meter hoch – ist in den Hang eingebaut. Von aussen deutet nichts darauf hin, dass darin Biomasse vergärt wird. Eine 16cm dicke Isolationsschicht sorgt dafür, dass es im Fermenter immer 45 Grad warm ist. Pirmin Schelbert zeigt auf die Bullaugen oben an der einen Seitenwand. «Durch diese Bullaugen kann ich kontrollieren, ob die Konsistenz stimmt. Ist die Masse gut durchmischt und breiig, vergärt sie auch gut, und es entsteht Gas.»

Im weissen Teil des Gebäudes befindet sich die Vergärungsanlage, der Fermenter. Bild: BFE – Brigitte Mader
Nicht nur die Kuppel über der Vergärungsanlage, wie man es von anderen landwirtschaftlichen Biogasanlagen kennt, fehlt, auch der Vorgang im Fermenter ist besonders. Die Masse wird auf der einen Seite in den Fermenter gedrückt, das vergärte Material kommt nach einer Art Slalom-Parcours auf der anderen Seite wieder raus. Unterwegs sorgt ein Rührwerk dafür, dass die Masse immer die gleiche Konsistenz behält. «So ist sichergestellt, dass bereits vergorenes nicht mit neuem Material vermischt wird. Das erhöht die Produktion von Biogas», erklärt Pirmin Schelbert.
Das vergärte Material gelangt danach in ein Endlager, bevor es bei Bedarf wieder als Dünger aufs Feld gebracht werden kann. Und das Biogas? Pirmin Schelbert öffnet die Tür zu einem Holzverbau. Drinnen befindet sich ein riesiger dunkelgrauer ballonartiger Behälter. «Da drin ist das Biogas», sagt Pirmin Schelbert.
Genutzt wird das Gas für das Blockheizkraftwerk, das in einem anderen Raum im unteren Stock des Gebäudes steht. Mit der Wärme wird das Wohnhaus geheizt, das Warmwasser aufbereitet, der Liegebereich für die neu geborenen Ferkel beheizt und das Heu belüftet, damit es besser trocknet. Zusätzlich werden mit dem Blockheizkraftwerk noch zwei Nachbarhäuser beheizt. «Wir können dank dem Blockheizkraftwerk die Leistung der Holzschnitzelheizung runterfahren», sagt Pirmin Schelbert.
Knapp eine Million Franken hat die ganze Anlage gekostet. Viel Geld für Pirmin Schelbert, der den Hof erst Anfang 2024 von seinen Eltern übernommen hat. Vom Bund wurde die Anlage mit einem Investitionsbeitrag unterstützt. Im Sommer 2025 hat Pirmin Schelbert die Biogasanlage in Betrieb genommen. «Wir erreichen eine Produktion von 4,4 kWh Strom pro Grossvieheinheit (GVE) pro Tag.» Mit den Gastroabfällen, die der Betrieb schon seit über 30 Jahren in der Region sammelt und hygienisiert und die dem Gärgut beigemischt werden, kann er die Energieproduktion noch optimieren.
Pirmin Schelbert ist zufrieden, wie’s läuft. «Unser Betrieb grenzt an ein Wohngebiet. Wir können die Geruchsemission durch die effiziente Vergärung massiv reduzieren und über 80 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen, das vorher in die Luft rausging.» Und er fügt an: «Die Nachbarn können sehen, was die Landwirtschaft auch noch kann.»
Welche Rolle spielt Biogas in der Schweiz?
Die ersten Biogasanlagen entstanden in der Schweiz in den 1980-er Jahren. Schweizweit gibt es (Stand 2025) knapp 140 landwirtschaftliche Biogasanlagen. Hinzu kommen noch rund 300 Klär- respektive industrielle Anlagen
Alle Biogasanlagen zusammen produzieren rund 450 GWh Strom pro Jahr. Das entspricht dem Verbrauch von ca. 115’000 Haushalten. Die Produktion von Wärme beträgt rund 300 GWh pro Jahr. Biogas ist damit ein kleines, aber wichtiges Puzzleteil in der Schweizer Energielandschaft, sagt Nathalie Bachmann, Fachspezialistin für erneuerbare Energie dazu im Video-Statement.
Fördermöglichkeiten:
Seit 2023 gibt es für Biomasseanlagen Investitions- und Betriebskostenbeiträge. Seit 2025 gibt es zudem die gleitende Marktprämie. Wer eine Biogasanlage realisiert, erweitert oder erneuert kann wählen zwischen der gleitenden Marktprämie und dem Investitions- plus Betriebskostenbeitrag.
Mehr zu den Fördermöglichkeiten hier: Förderung Biomasse und hier Biomasse DE – Pronovo AG
Text, Video und Photos: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
BFE - Brigitte Mader
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