Wie Schulkinder Freude am Velo als Verkehrsmittel bekommen sollen
Immer weniger Schülerinnen und Schüler kommen mit dem Velo zur Schule. Wer Spass am Velofahren hat und sich sicher fühlt im Sattel, benutzt das Velo auch häufiger. Hier setzt der Workshop bikecontrol von Swiss Cycling an. Er wird von EnergieSchweiz, dem Förderprogramm des Bundesamts für Energie für Energieeffizienz, unterstützt.
Der 90-minütige Workshop richtet sich an Kinder und Jugendliche im Schulalter. Das Ziel: Die Schülerinnen und Schüler für das Velofahren in der Freizeit und im Alltag motivieren, indem sie auf spielerische Weise die dazu nötigen Kompetenzen lernen und üben können.
Auf dem Sportplatz der Schule Spiegel bei Bern ist an diesem Montagmorgen alles parat dafür: Alan Blank, der Kursleiter an diesem Tag, hat einen Parcours mit verschiedenen Elementen aus Hütchen, Wippen, Balken und Podesten aufgebaut. Hier können die Schülerinnen und Schüler Gleichgewicht, Geschicklichkeit und vor allem Sicherheit auf dem Velo üben.
Kurz nach 10 Uhr schieben elf Viertklässlerinnen ihre Velos auf den Platz. Alle tragen Helm – auch der Kursleiter. Und er macht gleich zu Beginn auf die wichtigsten Punkte für sicheres Velofahren aufmerksam. Sitzt der Helm richtig? Wie hält man die Hände am Lenker beim Bremsen? Mit welchem Bein steht man ab, wenn man mit dem Fahrrad anhält? Wie biegt man korrekt links ab im Strassenverkehr? Und dann wird geübt: Slalomfahren, über einen Absatz oder ein schmales Brett fahren oder Blick zurück und Handzeichen beim Linksabbiegen. Einige fahren zögerlich, andere getrauen sich mehr. Das Selbstvertrauen fördern und gleichzeitig Spass haben, das sei wichtig, wenn das Velo zu einem selbstverständlichen Fortbewegungsmittel werden soll, sagt der Kursleiter.
2023 haben mehr als 10’000 Schülerinnen und Schüler einen bikecontrol-Workshop besucht. Swiss Cycling hat das Programm 2021 übernommen. Rund 3000 Schülerinnen und Schüler machten damals mit. Die Kurse richten sich an Schulklassen und finden während der Unterrichtszeit statt. Für die Schulen sind sie kostenlos. Das ist bewusst so konzipiert, sagt Sabrina Jaquet. Sie ist Projektleiterin bei Swiss Cycling und für die Kurse von bikecontrol zuständig. Denn: «Velofahren ist wie Schwimmen. Alle sollten es können.»
Im Video-Interview erklärt Sabrina Jaquet zudem, was die bikecontrol-Workshops von anderen Angeboten unterscheidet. Der Verkehrsdienst der Polizei führt in den Schulen ebenfalls Velofahrlektionen durch – und auch ProVelo bietet Kurse an.
EnergieSchweiz, das Förderprogramm des Bundesamts für Energie für Energieeffizienz, unterstützt die bikecontrol-Workshops. Zuständig dafür ist Raffaella Silvestri. Sie ist beim Bundesamt für Energie Fachspezialistin Mobilität.
Energeiaplus: Warum fördert EnergieSchweiz das Projekt bikecontrol?
Raffaella Silvestri: Das Velo ist ein energieeffizientes Verkehrsmittel. Doch oft wird das Velo, vor allem von jungen Menschen, nicht als Verkehrsmittel gesehen, sondern als Sport- oder Freizeit-Gerät. Damit sich dies ändert, investiert Schweiz Energie in zahlreiche Projekte, die das Velo als Verkehrsmittel fördern. Dabei gibt es nicht nur technische Aspekte wie die Infrastruktur, um das Velofahren als Verkehrsmittel in seinen Alltag zu integrieren, sondern auch kulturelle Aspekte. Stichwort: Freude am Velofahren.
In diesem Sinne steht das Projekt bikecontrol im Einklang mit den Zielen von EnergieSchweiz zur Steigerung der Energieeffizienz: Die Förderung des Veloverkehrs bei Kindern und Jugendlichen ist ein wichtiger Aspekt, um den Veloanteil auf Schweizer Strassen in Zukunft zu erhöhen. Es ist uns wichtig, diese Zielgruppe – Kinder und Jugendliche – zu sensibilisieren, die gemäss den neusten Mikrozensus-Daten ( im Alter von 13-14 Jahren auf das Velo verzichten und auf andere Verkehrsmittel umsteigen.
Immer weniger Schülerinnen und Schüler benutzen das Velo für den Schulweg. Kann mit einem solchen Kurs Gegensteuer gegeben werden?
Wenn die Kinder sich schon früh sicher bewegen können mit dem Velo, dann werden sie es auch öfter benutzen. Und wenn sie noch Freude daran haben, umso besser.
Die Zahlen zeigen: Die Kurse sind gefragt. Die Anmeldungen nehmen laufend zu. Aber klar, es ist ein Puzzle – es braucht noch andere Anstrengungen, damit das Velofahren als Fortbewegungsmittel gewählt wird. Sichere Velowege zum Beispiel, aber auch die Motivation, diese zu benutzen.
In diesem Alter gibt es noch viele andere Aspekte, die das Velofahren beeinflussen: Eine wichtige Rolle spielen zum Beispiel die Eltern, die entscheiden, wie sich ihre Kinder fortbewegen, oder die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen (in öffentlichen Verkehrsmitteln kann man sich zum Beispiel unterhalten, Freunde treffen), die körperliche Anstrengung, die Entfernungen, das Wetter. Bei Kindern und Jugendlichen kommt noch der Mode- und Imageaspekt des Velofahrens hinzu. Dies sind alles Elemente, die wir berücksichtigen und an denen wir arbeiten müssen, um das Velofahren in diesem Alter attraktiver zu machen.
EnergieSchweiz fördert neben bikecontrol noch andere Projekte im Bereich Langsam-Verkehr. Was ist das Ziel?
Der gemeinsame Nenner für die Projekte, die wir im Bereich der Veloverkehrsförderung unterstützen, ist immer derselbe: Das Velo ist ein energieeffizientes Verkehrsmittel. Daher ist es wichtig, die Kultur des Velofahrens als Verkehrsmittel zu fördern. Was sich ändert, ist unser Zielpublikum. Kinder und Jugendliche sind für uns eine wichtige Zielgruppe. Sie sind unsere Zukunft. Wenn sie bereits in jungen Jahren für das Thema sensibilisiert werden, kann das ihr Mobilitätsverhalten als Erwachsene beeinflussen.
Sie sind aber nicht unsere einzige Zielgruppe: Der Pendlerverkehr zum Beispiel ist ein weiterer Aspekt, auf den wir uns konzentrieren. Wenn man bedenkt, dass fast 50 Prozent der Fahrten kürzer als 5 km sind, gibt es ein enormes Potenzial. Darum investieren wir in Projekte, die das Velofahren fördern, und/oder in Kommunikationskampagnen (z. B. Cyclomania : Cyclomania – die nationale Velo-Challenge). Zudem möchten wir auch Fachleute und politische Vertreter und Vertreterinnen für das Thema sensibilisieren und sie über die Vorteile in Bezug auf Energie, aber auch Gesundheit, Lebensqualität usw. informieren.
Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
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