PV-Anlagen und Brandschutz: Was man wissen muss
Führen PV-Anlagen zu mehr Bränden an Gebäuden? Die Antwort ist nein. Dennoch löst der Zubau von PV-Anlagen immer wieder Fragen nach der Sicherheit und dem Brandschutz auf. Energeiaplus klärt auf, was gilt.
Rund 9000 Brände an Gebäuden werden pro Jahr festgestellt. Das zeigt die Statistik der Vereinigung der kantonalen Gebäudeversicherungen. Bei jedem vierten Brand lag die Ursache bei der Elektrizität. Allerdings: Der Boom bei den PV-Anlagen – die Zahl der Anlagen hat sich von 2017 bis 2022 verdreifacht – hat zu keiner Zunahme dieser Art von Bränden geführt. Eine spezielle Statistik zu Bränden an Gebäuden mit Solaranlagen gibt es in der Schweiz nicht.
Eine länderübergreifende Studie, an der neben deutschen Instituten auch die Berner Fachhochschule mitgearbeitet hat, bestätigt diese Tendenz: Bei 1,3 Millionen PV-Anlagen wurden 430 Brände ermittelt. Das entspricht einer Brandquote von 0,014 Prozent. In der Schweiz sind aktuell deutlich über 200’000 Photovoltaikanlagen auf Gebäuden installiert.
Dennoch: Jeder Brand ist einer zu viel. Werden PV-Anlagen fachgerecht installiert, betrieben und unterhalten, kann das Risiko massgeblich minimiert werden. Hilfreich ist dabei das Brandschutzmerkblatt «Solaranlagen» der Vereinigung kantonaler Feuerversicherungen (VKF). Da sind die spezifischen Vorgaben für PV-Anlagen aufgeführt aber auch mögliche Gefahrenquellen (Stecker, Hinterlüftung, Aufstellungsort Wechselrichter, etc). Pflicht ist zudem der Warnkleber für einen allfälligen Feuerwehreinsatz.
Der Fachverband Swissolar hat ergänzend dazu ein Stand der Technik Papier entwickelt mit konkreten Hilfestellungen für Solaranlagen auf Dächern. Für Herbst 2024 ist zudem ein solches Dokument zu PV-Anlagen an Fassaden von Gebäuden geplant.
Genügen diese Vorschriften? Braucht es angesichts von aktuellen Brandfällen Anpassungen? Energeiaplus hat beim Experten nachgefragt.
Energeiaplus: Ein Mann hat auf seinem Balkon eine PV-Anlage montiert. Drei Monate später brennt sein Wohnzimmer ab. Dieser Fall aus dem Kanton Zürich hat im Oktober Schlagzeigen gemacht. Sind PV-Anlagen also doch gefährlicher als angenommen?
Frederik Gort: PV-Anlagen sind grundsätzlich sicher, und es entsteht kein erhöhtes Risiko. Eine saubere mechanische und elektrische Installation ist dabei zentral um solche Vorfälle zu verhindern.
Von PV-Anlagen geht also grundsätzlich nicht eine erhöhte Gefahr aus für Brände, wenn sie richtig installiert sind. Geht von solchen Balkon-PV-Anlagen das grösste Risiko aus?
Die Gefahr bei Balkon-PV-Anlagen ist nicht höher als bei festinstallierten Systemen, aber Balkon-Anlagen werden verhältnismässig häufiger von Laien installiert, was zu Fehlern führen kann. Auch bei Balkon-PV-Anlagen muss auf eine stabile Befestigung geachtet werden, die Starkwetterereignissen standhält. Zudem ist es wichtig, dass elektrische Kabel nicht geknickt oder eingeklemmt werden.
Wo sind die grössten Knackpunkte bei der Installation von PV-Anlagen?
Unsaubere Steckverbindungen, unsachgemäss verlegte Kabel und zu wenig gute Hinterlüftung der Module sind wohl die häufigsten Fehlerquellen im Zusammenhang mit Bränden. Auch teilverschattete PV-Module können zu Problemen führen. Grundsätzlich ist eine saubere Installation wichtig, weshalb es sich lohnt erfahrene Installateure und Installateurinnen beizuziehen. Das Qualitätslabel «Solarprofis» von Swissolar kann Bauherrschaften bei der Suche nach einem zuverlässigen Installationspartner helfen. Für die Branche sind gut ausgebildete Fachleute wichtig, daher starten ab 2024 die neuen Berufslehren Solarinstallateur/Solarinstallateurin EFZ und Solarmonteur/Solarmonteurin EBA.
Kann ich als Konsumentin überhaupt kontrollieren, ob punkto Brandschutz alles richtig gemacht wurde? Wie?
Ohne Grundkenntnisse im Bereich Brandschutz ist das schwierig, weshalb auch die Auswahl des Installationspartners so wichtig ist.
Ein Gebäude mit einer Solaranlage kann auch aus einem anderen Grund Feuer fangen. Sind die Solarpanels allenfalls Brandbeschleuniger?
Je nach Modultyp fallen PV-Module in die Brandklassifizierung RF2 oder RF3, was bedeutet, dass sie brennbar sind. Brennen kann dabei die Zwischenschicht, gegebenenfalls die Rückseitenfolie, sowie die Anschlussbox mit Kabel und Stecker, wobei die Brandlast dieser Teile gering ist. Von einem Brandbeschleuniger kann also sicher nicht gesprochen werden.
Wie steht es um die Bestandteile, die in den Solaranlagen verarbeitet werden? Wie gefährlich sind sie für die Umwelt im Fall eines Brandes?
Zunächst ist es wichtig zwischen den einzelnen Technologien zu unterscheiden. Etwa 90% der hier verbauten PV-Module bestehen aus kristallinen Siliziumzellen, welche aus Quarzsand gewonnen werden und wenig bis keine bedenklichen Stoffe enthalten. Ein grosser Teil des PV-Moduls macht das Glas aus. In den elektrischen Kontakten gibt es geringe Mengen an Schwermetallen wie z.B. Blei. Im Falle eines Hausbrandes sind es üblicherweise nicht die PV-Anlagen, welche zu schädlichen Emissionen führen.
Bei einem Dachbrand können z.B. die in Isolations- und Abdichtungsmaterialien enthaltene Giftstoffe von Bauprodukten über weite Strecken verteilt werden. Verfügt das Dach über eine PV-Anlage können zudem scharfkantige Rückstände von Modulen weggetragen werden.
Ein Entscheid der Zürcher Gebäudeversicherung (GVZ) hat im Mai 2023 für Verwirrung gesorgt. An grösseren Gebäuden würden an Fassaden keine Solarpanels mehr toleriert, hiess es damals. Im November hat der Energieversorger Energie 360 Grad grünes Licht erhalten für die Photovoltaikfassade am neuen Hauptsitz in Zürich-Altstetten. Was gilt jetzt?
In Abstimmung mit den Brandschutzbehörden und mehrerer Gebäudeversicherungen hat Swissolar einen erarbeitet, welcher Ende Oktober 2023 veröffentlicht wurde. Der Leitfaden dient PV-Planern und Bauherrschaften bei der Brandschutz-Nachweisführung und unterstützt auch die Behörden bei der Beurteilung solcher Gesuche. Im Weiteren werden im kommenden Jahr Grossbrandversuche an PV-Fassaden durchgeführt, um bisher ungeklärte Fragen zum Brandverhalten beantworten zu können und letztlich ein Stand-der-Technik-Papier zu veröffentlichen.
Gibt es Unterschiede zwischen Solarpanels auf dem Dach und an der Fassade – was den Brandschutz betrifft?
Ja, die gibt es, denn im Unterschied zu Dachanlagen kann es bei einem Brand an einer Fassade dazu kommen, dass ein Feuer rasch auf die darüber liegenden Stockwerke übergreift und so eine Kettenreaktion auslöst. Aus diesem Grund sind auch die Auflagen an den Brandschutz von PV-Systemen höher als bei Dachanlagen.
Interview: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Bild: Shutterstock; Stock Photo ID: 2249909805; anatoliy_gleb
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