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Giga-Potenzial für Solarstromproduktion entlang Nationalstrassen


An Lärmschutzwänden und Mauern entlang der Schweizer Nationalstrassen existiert ein unangetastetes Potenzial von rund 55 GWh Strom, welches mit Photovoltaikanlagen genutzt werden könnte. Das Bundesamt für Strassen ASTRA will dieses schlummernde Potenzial nun erschliessen: mit eigenen Solarstromanlagen sowie mit einem Bewerbungsverfahren für die Nutzung der Flächen durch Dritte.

Anknüpfend an die Energiestrategie 2050 hat der Bundesrat das «Klimapaket Bundesverwaltung» verabschiedet, welches Strossrichtungen zu Massnahmen für die Treibhausgasreduktion der Bundesverwaltung enthält. Eine der Stossrichtungen betrifft die Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen. Während die Bundesverwaltung bereits heute 100 Prozent erneuerbaren Strom bezieht, wird erst ein kleiner Teil davon selbst produziert. Dieser Anteil soll gesteigert werden. Das Bundesamt für Strassen ASTRA, das heute 1 GWh Solarstrom pro Jahr selbst produziert, hat sich deshalb im Rahmen der Umsetzung des «Klimapakets Bundesverwaltung» folgendes Ziel gesetzt: Bis 2030 sollen 35 GWh erneuerbarer Strom selbst produziert werden. Weiter fördert das ASTRA im Rahmen der «Roadmap Elektromobilität Etappe 2025» die Nutzung des Photovoltaik-Potenzials entlang von Nationalstrassen durch Drittanlagen.

Photovoltaikanlagen für Tunnelbeleuchtung
Das ASTRA verbrauchte im Jahr 2021 165 GWh Strom. Der grösste Teil des Stromverbrauchs fiel mit 82 Prozent auf die Tunnel. Diese müssen beleuchtet, belüftet sowie sicher betrieben werden. Die Beleuchtung fällt dabei am meisten ins Gewicht. «Da die 35 GWh Solarstrom dort produziert werden sollen, wo sie direkt genutzt werden können, wird ein Grossteil der ASTRA-Photovoltaikanlagen auf Dächern der Tunnelein- und ausgänge sowie auf Dächern von Tunnelzentralen installiert», erklärt Valentina Kumpusch, Vizedirektorin des ASTRA und Chefin der Abteilung Infrastruktur West. So werden im nächsten Jahr beispielsweise Solaranlagen mit einer Leistung von 300 kWp an den Tunnelportalen des Turtmann-Tunnels im Wallis installiert. Zudem soll noch dieses Jahr die bisher grösste Photovoltaikanlage des ASTRA in Betrieb gehen. Das ASTRA hat die 2400 m2 grosse Anlage auf der Überdeckung des Sonnenhofs in Bern am Ende ihrer Lebensdauer von der Stadt erworben und deren in die Jahre gekommenen Module durch neue, leistungsfähigere ersetzt. Die Anlage weist eine Leistung von 500 kWp auf und wird im Vergleich mit der vorherigen Anlage jährlich ein Vierfaches an Solarstrom produzieren.

Steigerung der Energieeffizienz
«Solarstrom eignet sich ausgezeichnet für die Adaptionsbeleuchtung von Tunneln», erklärt Valentina Kumpusch, und fügt an: «Die Adaptionsbeleuchtung verläuft proportional zur Aussenhelligkeit und weist daher eine gute Synergie mit der Tagesganglinie der Solarstromproduktion auf.» Um den Deckungsgrad der Tunnelbeleuchtung durch den eigens produzierten Solarstrom zusätzlich zu steigern, werden Effizienzmassnahmen umgesetzt. Bis 2030 sollen alle Tunnel mit LED ausgerüstet sein. Bereits heute sind es mehr als die Hälfte. Des Weiteren kann Strom gespart werden, indem die Tunnelwände weiss gestrichen und helle Beläge eingesetzt werden. Denn dadurch sinkt die notwendige Beleuchtungsintensität. «Dank diesen Effizienzmassnahmen werden wir ab dem Jahr 2030 mit den 35 GWh Solarstrom 30 Prozent unseres Strombedarfs selbst decken können», verkündet Valentina Kumpusch.

Bewerbungsverfahren für Photovoltaikanlagen Dritter
Neben der eigenen Solarstromproduktion leistet das ASTRA auch mit der Förderung der Nutzung des Solarstrom-Potenzials entlang von Nationalstrassen durch Dritte einen Beitrag zur Energiewende. Das Bundesamt startete am 19. September 2022 ein bis am 24. Februar 2023 andauerndes Bewerbungsverfahren für Unternehmen und Konsortien. In dessen Rahmen wurden etwa 350 Lärmschutzwände und 100 Rastplätze entlang des gesamten Nationalstrassennetzes zu 15 Losen zusammengefasst. Diejenigen Interessenten, welche ein Los zugeteilt erhalten, sind berechtigt, auf der enstprechenden Fläche eine Photovoltaikanlage innerhalb einer festgelegten Zeitdauer zu planen. Dabei sind sie selbst sowohl für Planung, Finanzierung, Bau, Anschluss, Betrieb und Unterhalt der Solaranlage als auch für die Vermarktung des Stroms verantwortlich. «Das Interesse an den Flächen für Solaranlagen ist aufgrund der Klimaziele vieler Unternehmen und Gemeinden sowie wegen der potentiellen Energiemangellage riesig», erklärt Valentina Kumpusch und fügt hinzu: «Neben Bewerbungen von Gemeinden und Energieproduzenten bzw. -lieferanten rechnen wir insbesondere mit Eingaben von Unternehmen, die im Contracting tätig sind, sowie von Konsortien bestehend aus Investoren und Installateuren».

Pilotanlage an der A13 in Graubünden
«Flächen mit einer Entfernung von weniger als 500 Metern von Tunneln sind von der öffentlichen Ausschreibung ausgenommen, da diese für unsere eigene Nutzung in Frage kommen», erklärt Valentina Kumpusch. So prüft das ASTRA zurzeit beispielsweise die Installation von Photovoltaikmodulen an einer Stützmauer bei Thun sowie an einer Lärmschutzwand in Rubigen (BE). Seit Juli dieses Jahres werden zudem verschiedene Eigenschaften von Solarmodulen, wie zum Beispiel schwarze versus weisse Backsheets oder Standard-Antireflex-Schicht versus Deflect-Glas, im Rahmen einer Pilotanlage getestet. Die Testanlage befindet sich an einer Mauer an der A13 zwischen Ghiffa und Isola (GR) beim San-Bernardino-Tunnel und umfasst insgesamt eine Fläche von 270 m2. Neben der Auswirkung verschiedener Moduleigenschaften auf die Energieproduktion werden auch die Benutzerfreundlichkeit und Beständigkeit von unterschiedlichen Modultypen und Montagesystemen geprüft.

Mit den projektierten eigenen Solaranlagen sowie der Nutzungsvergabe der Fläche an Dritte weckt das ASTRA das Giga-Potenzial, das entlang von Nationalstrassen schlummert, auf und leistet somit einen Beitrag zur Energiestrategie 2050.

 

Vorbild Energie und Klima

Achtzehn wichtige Schweizer Anbieter von öffentlich relevanten Dienstleistungen leisten in der Initiative Vorbild Energie und Klima des Bundes ihren Beitrag zur Energiestrategie 2050 und zum Pariser Klimaübereinkommen von 2015. Der Fokus liegt auf Energieeffizienz, erneuerbaren Energien und neu auch auf klimaverträglichen Finanzflüssen.

Im branchenübergreifenden Aktionsfeld Energie und Klima verfolgen die Akteure individuelle Ziele bis 2026 bzw. 2030 für Energieeffizienz, ökologische Stromproduktion, erneuerbare Wärme und Kälte sowie erneuerbare Treibstoffe. Der Anteil an erneuerbarem Strom soll bei allen spätestens bis 2026 100 Prozent betragen.

Im Aktionsfeld klimaverträgliche Finanzflüsse setzen sich die Akteure Ziele für ihre Anlagen, um die Investitionen in Einklang mit dem Klimaübereinkommen von Paris zu bringen. Dazu fordern die teilnehmenden Pensionskassen und Versicherungen zum Beispiel Unternehmen, in die sie investieren, zu klimaschonendem Verhalten auf. Weiter senken sie kontinuierlich die Treibhausgasemissionen der direkt gehaltenen Immobilien in ihrem Portfolio.

Die Akteure berichten transparent über ihre Zielerreichung und teilen ihre Erfahrungen, damit auch weitere Unternehmen und Organisationen sich daran orientieren können.
www.vorbild-energie-klima.admin.ch

Julia Gremminger, Redaktorin, Polarstern AG
Fotos: Bundesamt für Strassen ASTRA

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