Förderung im Rahmen des Klimaschutzgesetzes: Auch Wasserstoff und Speicherlösungen sind gefragt
Viele Prozesse in der Industrie sind nur schwer dekarbonisierbar. Eine Alternative zu fossilen Energien können Wasserstoff oder daraus hergestellte Stoffe sein. Der Bund fördert deshalb im Rahmen des Klima- und Innovationsgesetzes (KlG) neuartige Wasserstoff-Projekte zur Dekarbonisierung in der Industrie. Gesuche können seit dem 1. Juni 2025 laufend beim Bundesamt für Energie (BFE) eingereicht werden.
Markus Bareit und Elena Burri sind beim BFE in der Sektion Sektorkopplung und Monitoring für das Thema Wasserstoff zuständig. Sie erläutern im Interview mit Energeiaplus unter anderem, was für Projekte eine Chance auf Förderung haben.
Energeiaplus: Es braucht relativ viel Energie, um Wasserstoff herzustellen. Wandelt man den Wasserstoff wieder in Strom um, braucht dies nochmals Energie. Der Wirkungsgrad von Wasserstoff ist entsprechend klein. Warum ist Wasserstoff trotzdem relevant für die Dekarbonisierung?

Markus Bareit ist zuständig für das Thema Wasserstoff im Bundesamt für Energie; Bild: BFE
Markus Bareit: Ja, Wasserstoff ist kein Effizienz-Champion. Wasserstoff sollte man daher nicht dort einsetzen, wo es effizientere Alternativen wie die direkte Elektrifizierung gibt. Stattdessen spielt er genau dort eine entscheidende Rolle, wo andere Lösungen an ihre Grenzen stossen, zum Beispiel in der Industrie und der Mobilität, oder als Vorstufe für erneuerbaren Flugtreibstoff etc. Ein weiterer Vorteil ist, dass Wasserstoff Energie speichern kann und zwar auch saisonal.
Wo könnte Wasserstoff denn in der Industrie zum Einsatz kommen?
Markus Bareit: Wasserstoff kann vor allem bei Prozessen, die sehr hohe Temperaturen benötigen, ein sinnvoller Ersatz für fossile Energieträger sein, wie zum Beispiel in der Glas-, Zement- oder Keramikindustrie.
Wasserstoff ist nicht gleich Wasserstoff. Denn er kann auf verschiedene Arten hergestellt werden, z.B. aus Erdgas aber auch aus erneuerbarem Strom. Welche Anforderungen gelten diesbezüglich für Gesuchsteller?
Elena Burri: Um Fördermittel zu erhalten, muss erneuerbarer Wasserstoff verwendet werden. Das heisst, dass der für die Elektrolyse verwendete Strom aus nicht fossilen Quellen stammen muss. Für den Nachweis muss der Gesuchsteller entsprechende Herkunftsnachweise für den Strom beschaffen.
Konkret: Was ist förderfähig im Bereich Wasserstoff?

Elena Burri, Fachspezialistin in der Sektion Sektorkopplung und Monitoring im Bundesamt für Energie; Bild: BFE
Elena Burri: Eine Massnahme muss neuartig sein und Mindest-Schwellenwerte zur CO2-Reduktion erreichen. In der Richtlinie zu Artikel 6 des KlG sind die Entwicklungsphasen und die Schwellenwerte definiert. Wichtig ist: Projekte mit alleinigem Fokus auf die Produktion von Wasserstoff entsprechen nicht dem anwenderorientierten Ansatz des KlG. Aber es sind Zusammenschlüsse möglich: Unternehmen, die mit innovativen Massnahmen fossile Energieträger ersetzen, könnten sich mit Betreibern von Produktions- und Speicheranlagen von erneuerbarem Wasserstoff und erneuerbaren synthetischen Energieträgern zusammenschliessen. So sind neuartige Projekte über die gesamte Wertschöpfungskette möglich, zum Beispiel der Aufbau von Verteilnetzen zwischen Produzenten von Wasserstoff und synthetischen Gasen und anwendenden Unternehmen. Zentral ist, dass alle involvierten Unternehmen einen Netto-Null-Fahrplan erstellen.
Das Klima- und Innovationsgesetz (KlG) ist seit 1.1.2025 in Kraft. Es fördert mit Artikel 6 neuartige Technologien und Prozesse und unterstützt damit Massnahmen von Unternehmen und Branchen auf dem Weg zur Dekarbonisierung. Diese neuartigen Massnahmen müssen zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen führen. Deshalb erfordern Förderanträge einen Netto-Null-Fahrplan gemäss Artikel 5 mit einer CO2-Bilanz, einem Reduktionsziel und einem konkreten Massnahmenplan, um die Emissionen bis spätestens 2050 auf Netto-Null zu senken. Bis 2030 stehen für diese Förderung 1,2 Milliarden Franken zur Verfügung.
Können auch Netzbetreiber oder Energieversorger ein Fördergesuch stellen?
Markus Bareit: Ja, wenn das Projekt industrierelevant ist und klar zur Reduktion der Treibhausgasemissionen beiträgt. Ich mache ein Beispiel: Ein Stadtwerk plant, einen Teil seines Gasnetzes auf Wasserstoff umzurüsten, um nahegelegene Industriebetriebe zu versorgen. Oder ein Unternehmen errichtet ein innovatives Quartierspeicher-System, das hilft, Strom, Wärme oder Kälte genau dann zu liefern, wenn sie gebraucht werden. Damit wird möglichst keine Energie verschwendet. Solche Lösungen sind durchaus förderfähig, aber die Gesuchsteller müssen im Gesuch sauber darstellen, dass das Projekt die Anforderungen an die Förderung erfüllt.
Gefördert werden auch Speicherlösungen. Was ist da möglich?
Markus Bareit: Speicherprojekte sind besonders dann förderfähig, wenn sie helfen, erneuerbare Energie flexibel einzusetzen und damit Treibhausgasemissionen zu vermeiden. Das kann ein thermischer Speicher sein, der Industrieabwärme zu einem anderen Zeitpunkt nutzbar macht, oder Batteriespeicher, die als Zwischenspeicher für fluktuierenden erneuerbaren Strom – zum Beispiel Sonnenenergie – dienen. Aber auch Wasserstoff- oder Power-to-X-Speichern stehen die Türen offen, vor allem, wenn sie in ein Gesamtsystem eingebettet sind, das auf das Netto-Null-Ziel hinarbeitet.
Wasserstoffstrategie für die Schweiz
Der Bundesrat hat am 13. Dezember 2024 die nationale Wasserstoffstrategie verabschiedet. Sie enthält das Leitbild und die Ziele des Bundesrates zu Wasserstoff und Power-to-X-Derivaten. Weiter schlägt sie Massnahmen für den Aufbau des inländischen Wasserstoffmarktes und die Anbindung an den europäischen Markt vor. Bis Mitte der 2030er Jahre geht die Strategie von einer geringen Nachfrage nach Wasserstoff in der Schweiz aus.
Welche Voraussetzungen müssen Unternehmen erfüllen, wenn sie ein Gesuch einreichen wollen?
Elena Burri: Neben der erwähnten Neuartigkeit und den Schwellenwerten ist ein Netto-Null-Fahrplan eine zentrale Voraussetzung. Er zeigt auf, wie das Unternehmen bis 2050 klimaneutral werden will und wie das eingereichte Projekt zu diesem Ziel beiträgt. Für Wasserstoff- oder Speicherprojekte bedeutet das: Auch die Integration ins Gesamtsystem muss aufgezeigt werden. Das Gesuch muss zudem eine technische Beschreibung des Projekts, die erwartete CO?-Einsparung, einen Finanzierungsplan sowie Angaben zu bestehenden Fördermitteln enthalten.
Was wird nicht gefördert?
Elena Burri: Es gibt keine Negativliste. Grundsätzlich sind alle Projekte förderbar, welche die formellen und materiellen Anforderungskriterien erfüllen. Wichtig ist dabei, dass die Projekte zur Dekarbonisierung der Unternehmen und nicht der privaten Haushalte beitragen. Auch Forschungsprojekte können über dieses Gefäss nicht gefördert werden.
Gibt es noch weitere Einschränkungen?
Markus Bareit: Ja, die gibt es. Das Klimaschutzgesetz sieht vor, dass keine Förderung ausgerichtet wird für Massnahmen, die bereits anderweitig eine Förderung erhalten. So können zum Beispiel Wasserstoffproduktionsanlagen, die ab dem 1.1.2026 von einer Rückerstattung der Netznutzungsentgelte profitieren, keine Gelder aus dem Klimaschutzgesetz beantragen.
Vorgehen für Gesuchstellende:
Unternehmen können Finanzhilfen für die Förderung von neuartigen Technologien mit einem direkten Gesuch beantragen. Die Gesuche werden seit 1.6.2025 vom BFE registriert. Die Übermittlung an das BFE mit dem Betreff «ITINERO» erfolgt per e-Übermittlung. Die Prüfung der Gesuche erfolgt ab 1.7.2025.Für Fragen: itinero@bfe.admin.ch
Interview: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Bild: Shutterstock; Asset-ID: 2282288749; FOTOGRIN
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