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Für eine intelligente Energiezukunft: Holz energetisch nutzen, wo es Sinn macht


In den letzten 30 Jahren hat sich der Verbrauch von Energieholz rund verdoppelt. Der Grund: Immer mehr Holz wird zum Heizen von Gebäuden oder für thermische Netze genutzt. Doch heute ist Umdenken angezeigt. Denn Energieholz ist zwar erneuerbar, aber nicht unbegrenzt verfügbar. Und es wird künftig dort gebraucht, wo fossile Energieträger nur schwer durch andere erneuerbare Energieträger (wie Sonne oder Wind) ersetzt werden können. Das ist in der Industrie, wo es Prozesse bei hohen Temperaturen braucht. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung zur Holznutzung, die im Auftrag des Bundesamts für Umwelt gemacht und kürzlich publiziert wurde.

2050 soll die Schweiz klimaneutral sein. Das heisst: Fossile Energieträger sollen durch erneuerbare ersetzt werden. Holz ist ein erneuerbarer Rohstoff, und er ist vielseitig verwendbar – für Möbel, zum Bauen, für die Papierproduktion und eben auch für die Erzeugung von Energie, insbesondere Wärme. Holz ist damit ein Ersatz für fossile Energieträger.

Ein besonderer Vorteil von Holz als Energieträger ist, dass durch das Verbrennen hohe Temperaturen erreicht werden können, die für Prozesswärme nötig sind. Es kann zwar auch im Niedrigenergiebereich als Ersatz von Heizöl oder Gas zur Erzeugung von Gebäudewärme genutzt werden. Doch: Für beide Verwendungen ist künftig nicht genügend Energieholz da.

Wie steht es genau um das Angebot an Energieholz? Wie gross ist der Bedarf? Und wofür soll Energieholz schliesslich prioritär verwendet werden? Das hat Thomas Nussbaumer untersucht in der Studie «Verwertungspfade Holzenergie». Er ist Professor für erneuerbare Energien an der Hochschule Luzern – Technik & Architektur und leitet die auf Holzenergie spezialisierte Firma Verenum AG. Die Studie basiert auf Potenzialzahlen der vom BAFU in Auftrag gegebenen Studie «Grundlagenarbeit zu einem Monitoring Holzenergie in der Schweiz», welche ebenfalls Ende 2023 publiziert wurde.

Energeiaplus: Der Anteil des Energieholzes an der Holzernte ist in den letzten Jahren angewachsen. Was ist der Grund?

Thomas Nussbaumer beschäftigt sich seit Jahren mit der Nutzung von Holz als Energieträger. Bild: HSLU

Thomas Nussbaumer: Da Holzheizwerke und Fernwärmenetze bewährte und wirtschaftliche Möglichkeiten zur Substitution von Heizöl und Erdgas bieten, wurde ihr Bau in den letzten 30 Jahren gefördert. Holz hat damit einen Marktwert erhalten, der mindestens dem Energiepreis entspricht. Damit können auch Holzsortimente genutzt werden, welche die Qualitätsanforderungen für eine stoffliche Verwertung wie zum Beispiel für Möbel und Bauholz nicht erfüllen. Die Folge ist, dass die Holznutzung erhöht werden konnte und gleichzeitig der Anteil Energieholz gestiegen ist.

Was ist das Problem dabei?

In der Holzverwertung gibt es das sogenannte Kaskadenprinzip (siehe Kasten). Energieholz ist in dieser Kaskade ein Nebenprodukt und kommt idealerweise erst am Schluss der ganzen Verwertungskette zur Verwendung. Darin sehe ich eine Chance. Wichtig ist jedoch, dass die energetische Nutzung von Holz die stoffliche Nutzung nicht konkurrenziert, sondern ergänzt. Die finanzielle Förderung der Energieerzeugung mit Holz sollte darum nicht zu hoch ausfallen.

Sie haben in Ihrer Untersuchung den Bedarf an Energieholz im Jahr 2050 berechnet. Dann will die Schweiz das Ziel Netto-Null erreicht haben. Zu welchem Schluss kommen Sie?

Aktuell deckt Energieholz in der Schweiz rund 7.6 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs. Bei einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung kann die Nutzung von Energieholz noch um mindestens einen Viertel erhöht werden. Dies würde gut 9.5 Prozent des heutigen Verbrauchs entsprechen. Wenn nun zusätzlich der Wärmeverbrauch der Gebäude dank Effizienzverbesserungen bis 2050 auf die Hälfte reduziert werden kann, wie dies vom Bund prognostiziert wird, steigt der Anteil des Energieholzes auf 11.8 Prozent. Dies gilt für den schlechtest möglichen Fall, dass Energieholz wie bis anhin fast ausschliesslich zur ganzjährigen Wärmeerzeugung genutzt wird.

Da die Heizwärme jedoch während eines grossen Teils des Jahres wesentlich effizienter mittels Wärmepumpen erzeugt werden kann, bietet sich künftig eine Kombination von Wärmepumpen und Holzheizungen an. Wird Energieholz dann nur noch für Spitzenlastwärme im Winter eingesetzt und die restliche Wärme mit Solarstrom betriebenen Wärmepumpen erzeugt, sinkt der Energieverbrauch, sodass der Anteil des Energieholzes auf 12.5 Prozent erhöht werden kann.

Wird denn das ganze Potenzial von Energieholz ausgeschöpft? Stichwort Altholz (von Möbeln, Gebäudeabbrüchen, etc.) oder Flurholz (naturbelassenes Holz aus Böschungen, Gärten, etc.).

Ja, der genannte Beitrag von 11.8 beziehungsweise 12.5 Prozent setzt die Nutzung aller genannten Energieholzsortimente voraus.

Energieholz ist eine Alternative zu fossilen Energieträgern. Zum Beispiel auch beim Heizen von Gebäuden. Dennoch sollte hier ein Umdenken stattfinden. Erklären Sie.

Energieholz kann nur rund einen Viertel des heutigen Bedarfs an Gebäudewärme decken, bei halbiertem Bedarf somit die Hälfte. Wenn alles Energieholz für Gebäudewärme eingesetzt wird, fehlt aber ein CO2-freier Ersatz für fossile Energieträger, die heute für Hochtemperaturwärme in der Industrie eingesetzt werden. Dies umfasst zum Beispiel die Herstellung von Zement und Glas. Dort wäre ein Ersatz durch Elektrizität extrem aufwendig, aber auch bei Prozessen in Chemie und Pharma sowie in der Nahrungsmittelindustrie. Wir sollten deshalb Gebäude künftig soweit möglich mit Wärmepumpen beheizen, die mit erneuerbarem Strom betrieben werden. Dazu kann Solarstrom auf den Dächern produziert werden. Diese liefern allerdings im Winter, wenn der Wärmebedarf gross ist, nur wenig Strom für die Wärmepumpen.

In einem Szenario habe ich gezeigt, dass rund die Hälfte der für Fotovoltaik geeigneten Dachflächen genügen, um drei Viertel des Jahresbedarfs an Gebäudewärme mit Wärmepumpen zu erzeugen. Das fehlende Viertel fällt während rund zehn Wochen im Winter an und kann mit Energieholz gedeckt werden. Dazu genügt die Hälfte des verfügbaren Energieholzes. Die andere Hälfte wird für den dringend benötigten Ersatz von Erdöl und Erdgas für Hochtemperaturwärme verfügbar.

Von den 1068 thermischen Netzen (Stand 2021) in der Schweiz werden 773 mit Energieholz versorgt. Wie sollen Sie denn künftig betrieben werden?

Die thermischen Netze sollten künftig im Mittel zu rund drei Viertel mit Wärmepumpen oder lokal verfügbarer Abwärme beheizt werden. Die bereits bestehenden Holzheizungen sollten nur noch während der Winterperiode betrieben werden und bis 2050 noch rund einen Viertel der Jahreswärme produzieren. (siehe vorangehende Antwort).

Und wo sehen Sie die grössten Herausforderungen?

Holzenergie, Solarenergie und Windkraft sind seit langem verfügbar und sollten nun ausgebaut werden. Wichtig ist dabei, dass wir die einzelnen Energieträger so nutzen, dass sie sich optimal ergänzen. Für Holz sollte dabei die Möglichkeit der Erzeugung hoher Temperaturen und das Potenzial zur saisonalen Speicherung genutzt werden.

Die eigentlichen Herausforderungen zur Erreichung der Klimaziele sind aber nicht technischer Natur. Eine Herausforderung ist der Mangel an Fachleuten. Um diesen zu beheben, müssen wir dringend die Attraktivität von technischen Berufen in der Schweiz verbessern.

Zusätzlich wird die Wirkung neuer Technologien oft überschätzt oder durch Rebound zunichte gemacht. Das heisst, dass Effizienzverbesserungen zu einem erhöhten Konsum führen können. Das zeigt  das Beispiel der Zunahme des Gewichts und der Leistung der Autos.

Die grösste Unsicherheit für die Klimaziele ergibt sich aber wohl dadurch, dass das Bevölkerungswachstum und der damit verbundene Ressourcenverbrauch in den bisherigen Prognosen deutlich unterschätzt wird.

 

Kaskadenverwertung Holz:
Das Ziel der Kaskadennutzung ist, Holz so lange und so effizient wie möglich zu nutzen, ohne immer wieder neue Bäume zu fällen.
Und so geht’s:
1. Der Stamm (Rundholz) wird zu Brettern oder Balken verarbeitet, mit denen man Möbel herstellen oder Gebäude bauen kann.
2. Als Nebenprodukt fällt Waldenergieholz an, z.B. als Astmaterial oder schwache Holzsortimente.
3. Im Sägewerk fallen SpäneRinde und anderes Restholz an, welches als Energieholz verwendet kann. Sägemehl wird zu Holzpellets aufbereitet.
4. Altholz (beispielweise aus dem Abriss oder von ausgedienten Möbeln) ist eine weitere Stufe in der Kaskadennutzung von Holz. Teilweise werden daraus Spanplatten produziert.
5. Erst am Schluss der Nutzungskaskade steht die Holzverfeuerung. Sie dient der Wärmegewinnung und ist somit ein wichtiger Baustein, um fossile Energien einzusparen. Die thermische Verwertung sollte im Sinne einer Kreislaufwirtschaft jedoch erst so spät wie möglich kommen, nämlich erst dann, wenn der Rohstoff gar nicht mehr anders genutzt werden kann.

Quelle: Ressourcenpolitik Holz 2030 (admin.ch), S. 48.

Text und Interview: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Hauptbild: keystone-sda; Christian Beutler

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