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Radioaktive Abfälle: Wertvolle Vernetzung beim langfristigen Wissenserhalt


 Es gibt zwei zentrale Gründe, warum das Wissen über künftige geologische Tiefenlager bewahrt werden sollte: Erstens, um ein unbeabsichtigtes Eindringen in ein solches Lager zu verhindern und damit Gefahren für Mensch und Umwelt zu vermeiden. Zweitens, um künftigen Generationen die Grundlage für fundierte Entscheidungen zu bieten. 

Damit Informationen und Wissen über geologische Tiefenlager über lange Zeiträume hinweg verständlich, aussagekräftig, glaubwürdig und nutzbar bleiben, braucht es eine Strategie mit vielfältigen Massnahmen. Ein wichtiger Aspekt ist der breite Einbezug aller Stakeholder – lokal, regional und national. Ebenso wichtig sind die nachhaltige Verankerung und internationale Vernetzung der Informationen. Die internationale Zusammenarbeit ist diesbezüglich bereits gut etabliert und wird am «Symposium on Information, Data and Knowledge Management for Radioactive Waste: Challenges Across All Timescales» in Yokohama, Japan vom 7. bis 9. Oktober 2025 vertieft.

Bei der Nuclear Energy Agency (NEA) gibt es seit vielen Jahren Expertengruppen, die sich mit den Themen Informations-, Daten- und Wissensmanagement für radioaktive Abfälle befassen. Das Bundesamt für Energie (BFE) und die Nagra engagieren sich in der Expert Group on Archiving and Awareness Preservation. Mitglieder sind Vertretende von Organisationen und Behörden sowie Forschungseinrichtungen. Gemeinsam entwickeln sie Strategien und Massnahmen zum Wissenserhalt und fördern damit auch den internationalen Austausch.

In dieser Expertengruppe wurde unter anderem das sogenannte «Key Information File» (KIF) entwickelt. Es handelt sich um ein kompaktes Übersichtsdokument, das grundlegende und leicht verständliche Informationen beispielsweise über den Standort des geologischen Tiefenlagers oder die Art der darin eingelagerten radioaktiven Abfälle enthält. Ziel ist es, künftigen Generationen ein Verständnis für das Lager, dessen Bedeutung und Zweck zu ermöglichen. Da sich kulturelle Kontexte, Sprache und Interpretationen im Laufe der Zeit verändern, muss das KIF regelmässig überprüft und angepasst werden. Um dies zu gewährleisten, braucht es Strategien und Prozesse, beispielsweise durch eigens dafür geschaffene Institutionen, Erinnerungsorte oder Rituale.

Erste praktische Erfahrungen mit der Erstellung eines KIF liegen aus Frankreich und Schweden vor. In Schweden wurde im Herbst 2024 das KIF für das geplante geologische Tiefenlager für ausgediente Brennelemente in Forsmark erstellt. Der Bau dieses Tiefenlagers hat im Januar 2025 begonnen. Schweden zeigt mit seinem Vorgehen, dass die Erarbeitung eines KIF bereits vor Baubeginn sinnvoll ist. Das schwedische KIF wurde von der Universität Linköping im Auftrag der der «Swedish Nuclear Fuel and Waste Management Company» (SKB) erstellt – unter Einbezug verschiedener nationaler und internationaler Akteure. Thomas Keating, Co-Autor des KIF von der Linköping Universität in Schweden, betont dies: «Die Stärkung der internationalen Zusammenarbeit im Rahmen des KIF ist von entscheidender Bedeutung, um eine wichtige gesellschaftliche Herausforderung anzugehen: Wie kann die Erinnerung an Lager für radioaktive Abfälle über Generationen hinweg am besten bewahrt und weitergegeben werden, und wer ist am besten dafür geeignet, diese Verantwortung zu übernehmen?». Der Abschlussbericht wurde 2025 veröffentlicht.

Auch die Nagra hat die Arbeit an einem KIF begonnen. Die Erfahrungen aus Frankreich und Schweden liefern dazu wertvolle Impulse. Eine Aufgabe besteht darin, sie dem hiesigen Kontext anzupassen. Die gut etablierte nationale und regionale Zusammenarbeit im Zusammenhang mit der Standortsuche für das geologische Tiefenlager für radioaktive Abfälle wird dabei ebenfalls hilfreich sein.

Pascale Jana Künzi, Fachspezialistin Regionale Partizipation, Bundesamt für Energie
Hauptbild: Linköping University (Schweden)

 

 

 

 

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