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Sommerliche Überhitzung: Wie Innenräume kühl bleiben


Sonne, Sommer, heiss: Auch im Innern von Gebäuden kann es unangenehm warm werden. Das muss nicht sein. Was gilt es zu beachten für ein angenehmes Raumklima? Antworten gibt es von Robert Minovsky, technischer Leiter bei Minergie. Er hat beim neuen Merkblatt von EnergieSchweiz, dem Programm für Energieeffizienz und erneuerbare Energien des Bundesamts für Energie, mitgearbeitet.

Energeiaplus: Grosse Fensterfronten – das ist heute weit verbreitet bei Wohn- und Bürogebäuden. Da ist die Überhitzung im Sommer gewissermassen vorprogrammiert, oder?

Robert Minovsky ist technischer Leiter bei Minergie. Bild: Minergie

Robert Minovsky: Leider ja. Ich verstehe, dass grosse, oft raumhohe Fenster für viele Architektinnen und Architekten ein Mittel der Gestaltung sind. Aber sie verursachen im Sommer viele Probleme. Auch mit einem ausgeklügelten aussenliegenden Sonnenschutz ist die Gefahr für eine Überhitzung im Innern sehr hoch.

Rollläden runter, Fensterläden zu. So bleibt es im Innern von Gebäuden schön kühl im Sommer. Wer sich im Raum aufhält, muss dann das Licht anschalten. Was halten Sie von dieser Massnahme?

Dies kann und soll vermieden werden. Der Mensch benötigt Tageslicht, und es ist schade, wenn wir das natürliche Licht nicht nutzen können. Zumal es Beschattungssysteme gibt, die einen guten sommerlichen Wärmeschutz gewährleisten, trotzdem Tageslicht in den Raum lassen und die Sicht nach aussen ermöglichen. Ein Beispiel sind Rafflamellenstoren. Mit gekippten Lamellen (z. B. 45°) verhindern sie den Einfall direkter Sonnenstrahlen und lassen dennoch Licht in den Raum.

Was sind die wichtigsten Aspekte, die Planerinnen, Architekten und Bauherrschaften berücksichtigen sollten?

Es beginnt schon beim ersten Entwurf des Gebäudes. Die Ausrichtung oder die Wahl der Fassadenöffnungen sind Punkte, die Planerinnen und Architekten hinsichtlich einer Überhitzung bereits ganz früh beachten sollten. Weiter spielt es eine Rolle, wie die Baumaterialien (z. B. Beton, Holz, Gips, Lehm) Wärme speichern. Und schliesslich kommt es auch darauf an, mit welchen Massnahmen die Wärme sozusagen «abgeführt» wird – Stichwort Lüftung oder Kühlung. Es gilt, eine Balance zwischen diesen Punkten zu finden. Wichtig sind mir vor allem die Fenstergrössen und eine gute Konzeption für Beschattung und Nachtauskühlung. Die Nutzerinnen und Nutzer tragen danach mit ihrem Lüftungsverhalten, der Bedienung der Sonnenstoren oder dem Gerätebetrieb wesentlich dazu bei, dass es in den Innenräumen nicht zu heiss wird.

Sie erwähnen es: Nicht zu unterschätzen ist die Wärme, die von Geräten ausgeht – beispielsweise von Computern oder Kaffeemaschinen. Was gilt es da zu beachten?

Bei der Wahl der Geräte sollte man auf eine hohe Effizienz und einen geringen Standby-Verbrauch achten. Kaffeemaschinen lassen sich zum Beispiel mit Zeitschaltuhren ausstatten. Ein abgeschaltetes Gerät gibt keine Wärme ab. Wichtig ist auch die Beleuchtung, da auch die Abwärme der Leuchtmittel den Raum aufheizt. Neben hocheffizienten LED-Leuchten wie den Minergie-Modul-Leuchten sollten auch intelligente Regelungssysteme zum Einsatz kommen. Diese reduzieren Energieverbrauch und Abwärme wesentlich.

Je nach Nutzung geht es im Sommer nicht ohne Kühlung – Stichwort Air-Conditioning. Solche Anlagen brauchen auch viel Strom. Wie funktioniert Kühlung energieeffizient?

Wenn der bauliche Hitzeschutz nicht ausreicht, sollte man zuerst ein Free-Cooling oder Geocooling prüfen. Also eine leichte Kühlung mittels Erdsonden. Das braucht fast keinen Strom und bewirkt viel. Erst dann kommt die aktive Kühlung ins Spiel, das Air-Conditioning. Stammt der Strom für ein Klimagerät vom eigenen Dach, ist das ökologisch verträglich wegen der Gleichzeitigkeit: Die PV-Anlage produziert gerade dann viel Strom, wenn es heiss und sonnig ist. Effizient bedeutet auch, dass die Kühlanlage professionell ins Gebäudesystem integriert wird. Ein Kühlgerät aus dem Baumarkt frisst sehr viel Strom.

Wo machen automatisierte Sonnenschutzsysteme Sinn? Also Storen, die automatisch runter- und raufgehen?

Überall dort, wo die Nutzenden nicht permanent vor Ort sind, um die Storen bedienen zu können. Ganz wichtig ist eine Automatik auch dort, wo der Sonnenschutz nicht sturmsicher ist. Zu beachten ist: Ein Kühlsystem darf nur installiert werden, wenn der Kältebedarf auf ein Minimum reduziert wurde. So schreiben es auch die kantonalen Vorschriften vor.

Im Winter ist die Erwärmung der Innenräume durch die Sonne durchaus wünschenswert. Wie lässt sich dieser Zielkonflikt – sommerliche Überhitzung vermeiden und Wintersonne nutzen – lösen?

Eine wichtige Voraussetzung für den Komfort im Sommer wie auch im Winter ist eine gute Dämmung. Im Winter ist es durchaus wünschenswert, dass die Innenräume auch von der Sonne erwärmt werden

– so kann der Heizbedarf reduziert werden. Allerdings: Zu grosse Fenster können auch in der Heizperiode kontraproduktiv sein, einzelne Räume überhitzen auch in der Heizperiode. Es braucht eine Balance und einen mobilen Sonnenschutz, der im richtigen Moment oben bleibt oder heruntergelassen wird.

Zum Schluss: Wie kann ich mit meinem Verhalten dazu beitragen, dass die Temperaturen im Haus und im Büro angenehm bleiben?

Storen runter und kippen, sobald die Sonne auf das Fenster scheint. Fenster geschlossen halten, wenn es draussen wärmer ist als drinnen. Wer eine automatische Lüftung hat, muss dabei bezüglich der Raumluftqualität keine Abstriche machen. Geräte ganz abschalten, wenn diese nicht mehr benötigt werden. Nachts gut durchlüften, so dass die Wärme aus dem Gebäude kann und man mit angenehm kühlen Innenraumtemperaturen wieder in den Tag starten kann.

Und hier finden Sie das Merkblatt: Sommerliche Überhitzung vermeiden – Wintersonne nutzen.

Interview: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie

 

 

 

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