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CO2-freie Pistenfahrzeuge auf Loipen und Skipisten


Der erste Schnee ist da, und in den Wintersportgebieten werden Loipen und Pisten präpariert. Die Pistenfahrzeuge, die dafür eingesetzt werden, werden in der Regel mit Diesel angetrieben, stossen also lokal CO2 aus. 2004 wurde im Berner Oberland ein Pistenfahrzeug mit Wasserstoff-Antrieb vorgestellt. Wie sieht es heute aus auf den Schweizer Loipen und Skipisten? Energeiaplus hat bei den beiden Marktführern von Pistenfahrzeugen nachgefragt.

Eines vorneweg: Eine abgasfreie Pistenpräparierung gibt es nach wie vor kaum in der Schweiz. Doch alternative Antriebe sind bei den Herstellern von Pistenfahrzeugen durchaus ein Thema – nicht zuletzt auch aus eigenem Interesse. Gibt’s weniger Schnee wegen dem Klimawandel, sind auch weniger Pistenfahrzeuge gefragt.

Bei den alternativen Antrieben haben batterieelektrische Modelle derzeit die Nase vorn. 2009 hatte der italienische Hersteller Prinoth mit Sitz im Südtirol bereits ein dieselelektrisches Modell entwickelt und getestet, das aber heute nicht mehr produziert wird. Seit 2022 produziert die Firma vollelektrische Pistenfahrzeuge in Serie.

Sie werden in erster Linie für die Präparierung von Langlaufloipen oder Skischulhügeln eingesetzt – vorab in Skandinavien und Nordamerika. Im Winter 2023/24 war ein solches Fahrzeug auch in der Schweiz im Einsatz. Im Wintersportgebiet Flumserberg SG wurde es auf den Langlaufloipen und den Winterwanderwegen getestet.

«Unsere Fahrzeuge werden in der Natur eingesetzt. Wir sollten schauen, dass die Auswirkungen so gering wie möglich sind», begründet Florian Nicolussi-Rossi, Leiter Produktmanagement bei Prinoth die Entwicklung von alternativen Antrieben. «Elektrische Pistenfahrzeuge werden nicht nur kein CO2 ausstossen, sie machen auch weniger Lärm. Bei Loipen, die in der Nähe von Hotels oder Ferienwohnungen vorbeiführen, ist das durchaus ein Pluspunkt. In der Regel werden Pisten ja am Abend präpariert oder am frühen Morgen.»

Doch es gibt auch Herausforderungen: Ein klassisches dieselbetriebenes Fahrzeug kann bis zu acht Stunden im Einsatz sein. Der Husky von Prinoth schafft unter normalen Einsatzbedingungen bis zu drei Stunden. Doch Florian Nicolussi-Rossi ist zuversichtlich, dass sich die Leistungsfähigkeit der Batterien schnell weiterentwickelt. Hinzu kommt: Ladestationen müssen im Einsatzgebiet verfügbar sein.

Ein anderer grosser Anbieter von Pistenfahrzeugen ist das deutsche Unternehmen Kässbohrer Geländefahrzeug AG. Die Firma hat seit 2012 ein dieselelektrisches Fahrzeug im Angebot, das mit Speicherung und Rekuperation funktioniert. Und sie konzipiert derzeit ein vollelektrisches Fahrzeug für den Loipeneinsatz. Akkus mit einer Kapazität von etwa 200 kWh sollen verbaut werden. Das reicht für etwa 3 Stunden im normalen Arbeitseinsatz mit Schild und Fräse.

Das habe auch Folgen für die Arbeitsweise, schreibt Stefan Herrmann, Leiter Produktmanagement bei Kässbohrer Geländefahrzeug AG. Denn: «Die Ladezyklen sind abhängig von der zur Verfügung stehenden Energie, liegen aber deutlich über der Dauer eines Tankvorgangs.» Neben der Ladeleistung sei auch das Gewicht ein wichtiger Faktor, der die Pistenqualität und die Fahreigenschaften massgeblich beeinflusst. Batterie-Fahrzeuge seien schwerer. Für den Einsatz an steilen Hängen sei das Gewicht ein Nachteil. Grosse Hoffnungen setzt Kässbohrer in die Entwicklung von Feststoffbatterien, die punkto Reichweite und Leistung mehr bieten sollen.

Die Nachfrage nach elektrisch angetriebenen Pistenfahrzeugen sei aber durchaus da. «Wir können uns nicht mit einem Elektroauto vergleichen. Jeder Berg ist anders, und auch die Bedingungen (Schnee, Eis, Kälte, Einsatzzeit) sind anders. Es fehlen derzeit noch Langzeiterfahrungen, wie die Fahrzeuge dies bewältigen», so Stefan Herrmann.

Erste Versuche mit Wasserstoff:

2004 wurde in der Jungfrau-Region im Berner Oberland ein auf Wasserstoff-Betrieb umgerüstetes Pistenfahrzeug vorgestellt. Entwickelt wurde die Technologie dafür an der Universität Fribourg mit Unterstützung des Bundesamts für Energie. Von EnergieSchweiz, dem Programm des Bundesamts für Energie für erneuerbare Energien erhielt das Projekt den «prix pegasus».

Wasserstoff-Pistenfahrzeug 2004; Bild: aus Schlussbericht zum Projekt „Demonstration eines Metallhydrid Speichers in einem mit Wasserstoff angetriebenen Pistenfahrzeug“

Hinter dem Projekt stand der Förderverein Swiss Alps 3000, in dem sich Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Behörden zusammenschlossen. Abgasfreie Mobilität im Alpenraum sei keine Utopie, erklärte Vereinspräsident Martin Hodler in der NZZ. Als erstes Ziel sollten die Pistenfahrzeuge im Skigebiet Mürren mit der neuen Technologie ausgerüstet und so der autofreie Ort zur abgasfreien Wintersportdestination gemacht werden. Doch das Projekt wurde schliesslich nicht weiterverfolgt.

Und wie sieht es heute punkto Wasserstoff aus bei den Pistenfahrzeugen? Bei Kässbohrer heisst es dazu: «Viele Themen sind in diesem Bereich ungeklärt.» Die Lagerung und Betankung sei extrem herausfordernd, da Wasserstoff sehr reaktionsfreudig sei. Für Stefan Herrmann eine ungünstige Kombination, weil die Tankstelle in der Nähe des Skigebiets sein müsste. Und: CO2-frei sei Wasserstoff nur, wenn er tatsächlich mit erneuerbarem Strom hergestellt werden. Wasserstoff- und Batteriefahrzeuge seien indes vergleichbar, was Aktionsradius und Gewicht betrifft.

Für Prinoth ist Wasserstoff eine Option. Derzeit sei man daran, ein Fahrzeug mit Wasserstoff-Motor zu entwickeln. «Mit Wasserstoff erreichen wir längere Einsatzzeiten», sagt Florian Nicolussi-Rossi. Je nach Infrastruktur bei den Kunden ergebe sich auch, welche Technologie gefragt sei.

Eine weitere Möglichkeit, die unmittelbar zu einer Reduktion von Emissionen führt und damit die Ökobilanz verbessert, ist der Einsatz von HVO als Treibstoff. HVO steht für Hydrogenated oder Hydrotreated Vegetable Oils (= hydrierte Pflanzenöle). Das sind ökologische Kraftstoffalternativen. «Alle Kässbohrer-Pistenfahrzeuge, die heute mit Diesel fahren, können auch mit HVO betankt werden», sagt Stefan Herrmann. Damit könne der CO2-Ausstoss um rund 90% reduziert werden. Und er ist überzeugt, dass genügend HVO-Treibstoff für diese Anwendung verfügbar sei. Die Umstellung auf die kommende Technologie könne so schrittweise erfolgen.

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Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Hauptbild: Fotomontage BFE auf Basis von Bildern von Prinoth und Kässbohrer

 

 

 

 

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