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Nach dem Watt d’Or: Wie die Tessiner Gemeinde Gordola Wasser und Energie spart


Wasser ist kostbar, auch wenn es scheinbar endlos aus dem Berg sprudelt so wie in Gordola. Die Tessiner Gemeinde unternimmt viel, damit im Versorgungsnetz kein Wasser verloren geht. Für ihre Massnahmen bei der Wasserversorgung erhielt die Gemeinde 2010 den Energiepreis Watt d’Or des Bundesamts für Energie. Seither hat  Gordola weiter an einer nachhaltigen Wasserversorgung gearbeitet und in den letzten Jahren digitale Wasserzähler installiert. Lecks in den Leitungen können so zeitnah festgestellt werden. Denn Wasser sparen ist auch Energie sparen. Wo steht Gordola heute? Ein Augenschein vor Ort.

Gordola weiss genau, wo wieviel Wasser verbraucht wird. Bruno Storni zeigt auf die Grafik auf dem Bildschirm im Büro in der Gemeindeverwaltung. Der Ingenieur sitzt im Nationalrat, ist Gemeinderat von Gordola und dort zuständig für die Wasserversorgung. Die Grafik zeigt einen durchgehenden Wasserverbrauch an, auch in der Nacht. «Das könnte auf ein Leck hindeuten», sagt Storni.

Bruno Storni zeigt, wie Gordola Lecks am Computer entdeckt

Mit einem Mausklick am Computer kann festgestellt werden, wo mehr Wasser als üblich fliesst. Bei allen Liegenschaften liess die Gemeinde in den letzten Jahren digitale Zähler installieren – insgesamt 1700. Weitere Zähler sind noch im 37 km langen öffentlichen Leitungsnetz montiert. Sie messen den Wasserverbrauch. Steigt dieser stark an oder hält über 24 Stunden ununterbrochen an, dann erhält die Gemeinde eine Warnmeldung. Die Daten sind via Cloud immer abrufbar.

Die Ursachen für einen Verbrauchsanstieg können vielfältig sein. «Vielleicht rinnt der Spülkasten, oder es hat ein Leck in der Wasserleitung. Oder ganz banal: Jemand hat nur seinen Swimmingpool gefüllt», sagt Bruno Storni. Die Gemeinde kontaktiere dann die betroffenen Liegenschaftsbesitzer, wenn Lecks vermutet werden. Und Storni ergänzt: «Die Bewohnerinnen und Bewohner sind dankbar für diese Hinweise. Sie bezahlen ja für das Wasser.»

19 Lecks im öffentlichen Netz wurden allein im letzten Jahr auf diese Weise entdeckt, vier an Hauptleitungen, 15 an Anschlüssen. Hinzu kommen rund 100 Lecks bei Privaten. Gordola hat die Wasserverluste in den letzten Jahren stark reduzieren können – auf 13 Liter pro Einwohner und Tag. Zum Vergleich: Der nationale Durchschnitt liegt bei 33 Liter pro Tag.

Auch der Wasserverbrauch an und für sich ging in Gordola zurück. 195 Liter sind es noch pro Einwohner pro Tag. Das ist fast halb so viel, wie der kantonale Durchschnitt (350 Liter pro Person und Tag). «Die Bewohnerinnen und Bewohner sind mittlerweile sensibilisiert», sagt Bruno Storni und fügt hinzu: «Das Wasser, das wir nicht verbrauchen, gelangt auch nicht in die Kläranlage. Kläranlagen sind energieintensiv. Wir können also auch Energie sparen.»

Eigentlich müsste sich Gordola keine Sorgen machen, dass plötzlich zu wenig Wasser fliesst. Bruno Storni führt uns zu den Quellen im Valle Carcale. Die unterste liegt auf 528 Meter über Meer, die oberste auf 643 Meter über Meer, zwölf Quellen sind es insgesamt, die Gordola mit Wasser beliefern. Bruno Storni öffnet die Tür zum Beton-Bau von Quelle 12. Es rauscht und sprudelt aus dem Felsen, das Wasser ist glasklar.

Mit Quellwasser wurde Gordola zwar schon immer versorgt. Doch die Quellen und Fassungen und vor allem die Leitungen waren in die Jahre gekommen. Die Folge: Zu Beginn der 1990-er Jahre war die Gemeinde regelmässig von Trinkwassermangel bedroht. Zur Diskussion stand deshalb der Anschluss an die Wasserversorgung der Nachbargemeinde Tenero, die ihr Wasser aus dem Boden hochpumpte. Für 15 Millionen Franken sollte die Anlage ausgebaut werden.

Doch in Gordola regte sich Widerstand gegen das Projekt. Storni äusserte den Verdacht, dass im Netz selber viel Wasser verloren geht. Er überzeugte darauf den Gemeinderat, das Wasserversorgungsprojekt und vor allem die Verluste durch die EAWAG, das Wasserforschungsinstitut der ETH, untersuchen zu lassen. Die Messungen zeigten schliesslich, dass in Gordola tatsächlich viel Quellwasser irgendwo versickerte.

Gordola beschloss darum, statt viel Geld in das Projekt der Nachbargemeinde zu stecken, das eigene Wasserversorgungsnetz instand zustellen. In die Sanierung der Quellen investierte die Gemeinde zwei Millionen Franken. Sie sanierte die bestehenden Reservoirs und ersetzte die Leitungen nach und nach (900 Meter pro Jahr). Zudem wurde das Netz seit 2018 schrittweise mit Smartmetern ausgerüstet, um allfällige Lecks zu entdecken.

Auf die Grundwasser-Pumpanlage konnte die Gemeinde nun verzichten. Und nicht nur das. Trinkwassermangel kennt die Gemeinde seither nicht mehr. Die Quellen liefern viel mehr Wasser als vorher. So hatte Gordola mit seinen 4900 Einwohnern und Einwohnerinnen auch im heissen Sommer 2022 genug Wasser, auch dank der Sensibilisierung der Bevölkerung fürs Wassersparen. «Und künftig werden die Quellen auch noch Wasser nach Tenero liefern, das dann weniger Grundwasser pumpen muss, was wiederum Energie spart», freut sich Bruno Storni.

Damit nicht genug: Stolz zeigt Bruno Storni auf unserer Tour zu den Quellfassungen das Reservoir, wo mit dem Quellwasser seit zehn Jahren auch noch Strom erzeugt wird. Zusammen mit einer weiteren Turbine, die seit diesem Jahr in Betrieb ist, produzieren die beiden Anlagen im Maximum etwas mehr als 1 MWh pro Tag – oder im Schnitt rund 270 MWh pro Jahr.

Zusätzlich wurde auf dem Dach des einen Reservoirs eine 20-kW-PV-Anlage installiert. Das Beispiel Gordola zeigt: Wasser nicht verschwenden lohnt sich, auch wenn es scheinbar endlos aus dem Berg sprudelt wie zur Zeit des Besuchs. Und wenn es mal einen trockenen Sommer gibt, fügt Storni hinzu, «Dann sind wir froh, dass wir dieses Leck-Management haben und die Bevölkerung sparsam ist beim Wasserkonsum.»

Was sagt der SVGW zum Beispiel Gordola?

Die Antwort des Fachverbands für Wasser, Gas und Wärme:

«Der Energieverbrauch bildet durchaus einen wesentlichen Kostenfaktor für die Wasserversorgung und Netzverluste bedeuten darum auch einen finanziellen Verlust. Das gilt insbesondere, wenn Grundwasser gepumpt werden muss oder eine mehrstufige Aufbereitung des Wassers notwendig ist.
Zudem stellen defekte Versorgungsleitungen auch ein hygienisches Risiko dar. Durch das Leck können Fremdstoffe ins Netz gelangen und das Trinkwasser verunreinigen.
Der Verband stellt zudem fest, dass zunehmend Smart Meter zur Messung des Wasserverbrauchs eingesetzt werden. Die Wasserversorger können Leckagen so frühzeitig erkennen und teilweise sogar schadhafte Stellen einfacher lokalisieren.
Über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg fällt energetisch indes vor allem der Warmwasserverbrauch ins Gewicht.»

Text und Video: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie

 

 

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