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Nachhaltig und energieeffizient unterwegs: Wie sumo Unternehmen vernetzt.


Rund die Hälfte der Erwerbstätigen pendelt mit dem Auto zur Arbeit. Das zeigen die Zahlen des Bundesamts für Statistik zur Pendlermobilität. Nicht eingeschlossen in dieser Statistik ist der Geschäfts- und Kundenverkehr mit dem Auto. Die Frage: Wie kann man Mitarbeitende sowie Kundinnen und Kunden zu einer nachhaltigeren und energieeffizienteren Fortbewegung animieren? Hier setzt sumo an.

Sumo steht für sustainable Mobility und ist ein Pilotprojekt von EnergieSchweiz, dem Programm des Bundesamts für Energie, das mit freiwilligen Massnahmen Energieeffizienz und erneuerbare Energien fördert. Bei Null muss sumo allerdings nicht anfangen. Es gibt bereits viele Firmen, die die nachhaltige und energieeffiziente Mobilität fördern. Energeiaplus stellt die Massnahmen von drei Unternehmen vor und fragt bei der BFE-Mobilitätsexpertin nach, wo Unternehmen am wirkungsvollsten den Hebel ansetzen können.

Der Werkzeughersteller Hilti

Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 30’000 Mitarbeitende, davon 2200 am Hauptsitz im liechtensteinischen Schaan. Vier von fünf Mitarbeitenden in Schaan sind Pendler und Pendlerinnen. Eine Auswertung der liechtensteinischen Handelskammer hat gezeigt: Die drei grössten Firmen machen einen Viertel des Verkehrs aus. Regelmässig kommt es beim Übergang über den Rhein denn auch zu Staus. Den Bau einer S-Bahn-Verbindung hat die Liechtensteiner Stimmbevölkerung abgelehnt. Als ÖV steht nur der Bus zur Verfügung.

Hilti setzt vorab auf Anreize:

  • Velo: Am Standort in Schaan stehen 30 Fahrräder zur Verfügung (können auch privat genutzt werden).
  • Monetäre Anreize: Wer mit dem Fahrrad oder mit dem Bus zur Arbeit fährt, kann sogenannte Ökopunkte sammeln. Wer 16’500 Punkte gesammelt hat, erhält einen Einkaufsgutschein von 150 Franken für Liechtensteiner Geschäfte. Über 380 Mitarbeitende sind im System registriert.
  • Umstieg auf ÖV: Fairtiq via Arbeitgeber (mit Codes können Mitarbeitende ihre ÖV-Verbindung eine Woche lang kostenlos testen)
  • Parkplatzbewirtschaftung: Hat Hilti bis jetzt nicht eingeführt. Parkieren ist nach wie vor gratis. Wer ein E-Auto fährt, kann indes das Auto gratis laden.
  • Der Grossteil der Hilti-Mitarbeitenden in der Schweiz ist indes im Aussendienst tätig. Sie sollen künftig mit Elektroautos unterwegs sein.

 Das Pharma-Unternehmen Roche

Roche beschäftigt rund 11’000 Mitarbeitende an den beiden Firmenstandorten in Basel und Kaiseraugst. Im Zuge der Standortentwicklung hat das Unternehmen das Mobilitätskonzept angepasst. Das Ziel von Roche: Möglichst wenige Autofahrten generieren, und wenn Auto, dann sollen die Mitarbeitenden möglichst elektrisch und nicht alleine unterwegs sein. Der Anteil der Mitarbeitenden, die das Auto für den Arbeitsweg nutzen, beträgt 30%. Bis 2030 will das Unternehmen seine Umweltbelastung um die Hälfte reduzieren.

Roche setzt sowohl auf Anreize als auch auf Einschränkungen bei der Mobilität seiner Mitarbeitenden.

  • Parkplatzbewirtschaftung in Basel: Anspruch auf einen Parkplatz hat, wer länger als 45 Minuten mit dem ÖV vom Wohn- zum Arbeitsort benötigt (Ausnahmen: Eltern mit Betreuungspflichten, Schichtarbeit, medizinische Gründe).
  • ÖV-Nutzung: Wer mit dem ÖV nach Basel pendelt, erhält einen Mobilitätsbonus von 40 Franken pro Monat.
  • Velo: 2`500 Parkplätze für Velos in Basel – mobiler Velo-Service am Arbeitsplatz verfügbar.
  • E-Mobilität fördern: E-Car-Sharing und E-Bikes via Mobilitätsplattform Urban Connect.

Hirslanden-Klinik St. Anna, Luzern

Das Spital bietet 226 stationäre Betten, beschäftigt rund 1300 Mitarbeitende ohne angestellte Ärzte und Belegärzte. 2022 zählte die Klinik 14’000 stationäre Eintritte und 88’000 ambulante Eingriffe. Ein Parkhaus mit rund 180 Plätzen steht für Mitarbeitende, Patienten und Patientinnen und Besucherinnen und Besucher zur Verfügung. Ein zeitnaher Ausbau ist keine Option. Das Mobilitätskonzept der Klinik (in Kraft seit 2017) setzt an:

Einschränkungen

  • ÖV-Rayon: Wer in der Nähe der Klinik wohnt (vordefiniertes ÖV-Rayon), wählt zwischen den Optionen ÖV, Langsamverkehr oder Mix. Die Option Auto steht diesen Mitarbeitenden nicht zur Verfügung.

Anreize

  • 4 Mobilitätsvarianten stehen zur Auswahl: ÖV, Langsamverkehr (z. B. zu Fuss/Velo), Mix (Langsamverkehr + ÖV) sowie Auto (für alle, die nicht innerhalb des ÖV-Rayons wohnen).
  • Optionen 1-3 beinhalten Gutscheine von bis zu 500 Franken pro Jahr bei einem 100%-Pensum für den ÖV oder z.B. in einem Partner-Velofachgeschäft.
  • Flankierende Massnahmen: Nachttaxi (subventionierter Heimreise für im ÖV-Rayon wohnhafte Mitarbeitende) und Veloinfrastruktur (E-Bikes zum Ausleihen, Ladestation).
  • Einmal jährlich gratis Velocheck für Mitarbeitende auf dem Klinikareal.

Die Evaluation der Hirslanden Klinik in Luzern zeigt: 2016 benutzte die Hälfte der Mitarbeitenden das Auto, 2022 waren es noch 20%. Weitere Anpassungen im September 2023: Kostenloses Parkieren in der Nacht und am Wochenende für Mitarbeitende mit unregelmässigen Arbeitszeiten. Hintergrund: Attraktivität als Arbeitgeber steigern.


Wie exemplarisch sind diese Beispiele? Energeiaplus hat bei Martina Zoller nachgefragt. Sie ist  Mobilitätsexpertin beim Bundesamt für Energie und betreut das Pilotprojekt sumo (Sustainable Mobility). Die Pilotphase läuft von Herbst 2023 bis Sommer 2024.

Martina Zoller betreut das Projekt sumo beim Bundesamt für Energie. Bild: zvg

Energeiaplus: Inwiefern haben die Massnahmen von Hilti und Roche oder der Hirslanden-Klinik Modellcharakter für andere Unternehmen?

Martina Zoller: Die Entwicklung und Umsetzung von wirkungsvollen Massnahmen zur Förderung der nachhaltigen Mobilität bedeutet viel Arbeit und Überzeugungskraft. Roche, Hilti und die Hirslanden-Klinik zeigen, dass es möglich ist, die nachhaltige Mobilität im Unternehmen zu fördern. Sie motivieren und inspirieren andere Unternehmen und können aufzeigen, was gut und was weniger gut funktioniert.
Die drei Unternehmen fördern eine breite Palette von Massnahmen im Bereich nachhaltiger Mobilität. Sie können so eine Vielzahl von Mitarbeitenden im Unternehmen erreichen und folglich einen grösseren Beitrag zur nachhaltigen Mobilität leisten.

Hilti, Roche und die Hirslanden-Klinik sind grosse Unternehmen mit vielen Mitarbeitenden. Können solche Unternehmen eher Einfluss auf das Mobilitätsverhalten ihrer Mitarbeitenden nehmen?

Meiner Meinung nach ist die Grösse des Unternehmens nicht relevant. Entscheidend sind die Mitarbeitenden. Es braucht motivierte Menschen, welche die nachhaltige Mobilität im Unternehmen mit guten Beispielen und überzeugenden Argumenten vorantreiben. Es kann sein, dass die nachhaltige Mobilität in grossen Unternehmen beispielsweise wegen dem Image eine grössere Relevanz hat als in kleineren Unternehmen.

Wo setzen Unternehmen – ob gross oder klein – am besten den Hebel an?

Jedes Unternehmen hat andere Voraussetzung. Abhängig vom Standort, von der Grösse oder den Arbeitszeiten sind andere Massnahmen nötig und wirkungsvoll. Es gibt keine `One solution fits all`.

Sumo versteht sich als Plattform, die Lösungsansätze aufzeigt und Unternehmen vernetzt. Warum dieser Fokus auf Unternehmen?

8 von 10 Erwerbstätigen in der Schweiz sind PendlerInnen und Pendler. 53% benutzen als Hauptverkehrsmittel für den Arbeitsweg das Auto. Wir sehen bei den Unternehmen ein grosses Potential, über energieeffiziente Mobilität einen Beitrag zur Dekarbonisierung zu leisten. Zudem haben Unternehmen eine Vorbildfunktion und können mit der Förderung einer bestimmten Unternehmenskultur das Verhalten der MitarbeiterInnen beeinflussen.

Was bietet sumo mehr als andere bestehende Angebote?

Sumo baut auf Bestehendem auf, wie beispielsweise den lokalen Angeboten von Luzernmobil und der schweizweiten Plattform Mobilservice. Sumo ist ein bedürfnisorientiertes Netzwerk, welches Unternehmensvertretende zusammenbringt, den Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch fördert und testet, ob der Peer-to-Peer Ansatz die Unternehmen zum Handeln motiviert.

Ein konkretes Angebot von sumo sind sogenannte Innovations-Sprints. Unternehmen können sich bei der Umsetzung ihrer Lösungsansätze coachen lassen. Wie gross ist das Interesse?

Die Innovations-Sprints kommen gut an. Im ersten Innovations-Sprint zum Beispiel wurden Ideen entwickelt, z.B. Gratis-ÖV-Abo für eine bestimmte Zeit, Poolparkplätze und Sensibilisierung der Mitarbeitenden am Mobilitätstag. Diese werden in den nächsten Wochen konkretisiert.

Text und Interview: Brigitte Mader, Kommunikation Bundesamt für Energie

 

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