Das Ziel ist ehrgeizig: Bis in fünf Jahren sollen 1500 Wasserstoff-Lastwagen auf den Schweizer Strassen unterwegs sein. Knapp 50 sind es Ende dieses Jahres und schweizweit gibt es bereits neun Tankstellen. Bis Ende 2022 Jahr sollen doppelt so viele Wasserstoff-Tankstellen verfügbar sein. Wo liegen die Herausforderungen, damit sich Wasserstoff durchsetzt? Energeiaplus hat bei Akteuren nachgefragt.

Eine neue Wasserstoff-Tankstelle – das ist heute noch ein Ereignis. In Müntschemier im Berner Seeland wurde kürzlich die neunte Tankstelle der Schweiz eingeweiht.

 

Die Tankstelle gehört einem der grössten Gemüsehändler der Schweiz, der Firma Schwab-Guillod. Ein Wasserstoff-LKW fährt bereits seit Dezember 2020 das Gemüse zu den KundInnen. 80’000 km hat der LKW auf dem Tacho. Jetzt kann er also auch am Firmenstandort in Müntschemier betankt werden. Bis 2023 will Schwab-Guillod die Hälfte der Flotte von gut 50 Nutzfahrzeugen auf Wasserstoff umstellen. Tagsüber können auch Personenwagen die Tankstelle benutzen.

Reto Schwab führt das Gemüseverarbeitungsunternehmen mit seinen knapp 600 Mitarbeitenden in dritter Generation. «Wir liefern Grünes in Grün» ist sein Slogan. Im Video-Interview erklärt er, was ihn am Wasserstoff überzeugt.

 

 

Treibende Kraft in Sachen Wasserstoff-Mobilität in der Schweiz ist der Förderverein H2 Mobilität. 21 Unternehmen sind beim Verein dabei – darunter die grossen Tankstellenbetreiber, Detailhändler und Unternehmen aus der Transport-Branche. Das Ziel ist, die Wasserstoff-Technologie auf die Strasse zu bringen und so einen Beitrag zur Erreichung der CO2-Ziele im Strassenverkehr zu leisten.

Die Schweiz stehe bei der Wasserstoff-Mobilität international sehr gut da, sagt Jörg Ackermann, Präsident des Fördervereins H2 Mobilität im Video-Interview. In Deutschland habe es zwar mehr Tankstellen als in der Schweiz. Die Tankstelle in Zofingen zum Beispiel setze aber mehr Wasserstoff ab als alle in Deutschland zusammen. In der Schweiz komme zudem nur grüner Wasserstoff in den Tank. Das sei Bedingung, sagt Jörg Ackermann.

Soll sich Wasserstoff als Alternative zu fossilen Treibstoffen durchsetzen, muss das Zusammenspiel zwischen Produktion, Verteilnetz und Fahrzeugen stimmen. Da sieht Rolf Huber von H2 Energy die grosse Herausforderung. Wasserstoff sei eine wichtige Technologie, um die Energiewende zu schaffen, so Huber im Video-Interview.

Punkto Reichweite können die Wasserstoff-Lastwagen noch nicht mit den Diesel-LKW mithalten. Eine Tankfüllung reicht beim Wasserstofflastwagen für gut 600 km, beim Diesel-LKW bis zu 1600 km. Die 46 Wasserstoff-LKW, die heute bereits auf den Schweizer Strassen unterwegs sind, stammen vom südkoreanischen Fahrzeughersteller Hyundai. Sie haben zusammen gut zwei Millionen Kilometer zurückgelegt und dabei über 1600 Tonnen CO2 eingespart.

Bis 2025 will Hyundai 1500 Fahrzeuge in die Schweiz liefern, auch bei den Personenwagen setzt der Fahrzeugproduzent auf die Wasserstoff-Technologie. Und wird auch genug Wasserstoff verfügbar sein? Ja, sagt Nicolas Crettenand, Head of Operations bei Hydrospider, der Wasserstoff in der Schweiz produziert. Derzeit betreibt Hydrospider eine 2 Megawatt (MW)Anlage in Niedergösgen.

Zusätzliche 10 MW sollen mit dem Ausbau in Niedergösgen und neuen Projekten dazu kommen, sagt Crettenand im Video-Interview. Auch andere Produzenten haben Projekte in Planung. Insgesamt sind rund 60 MW nötig, um den Bedarf der 1500 Fahrzeuge 2025 abzudecken. Ein Wermutstropfen: Der Wasserstoff wird derzeit noch mit Dieselfahrzeugen zu den Tankstellen gebracht. Hyundai arbeite aber an einer Lösung, heisst es.

Wasserstoff im Flugverkehr

Ist Wasserstoff auch eine Alternative für fossilen Flugtreibstoff? Durchaus, sagte Christian Hegner, Direktor des Bundesamts für Zivilluftfahrt an der nationalen Mobilitätskonferenz in Bern. Die grossen Hersteller hätten schon Projekte im Köcher. Die grosse Herausforderung sei indes die Speicherung des Wasserstoffs. Denn: Wasserstoff hat ein vier Mal grösseres Volumen als Kerosin und muss bei viel niedrigeren Temperaturen (-250 Grad) und unter hohem Druck gespeichert werden.

Der Einsatz von Wasserstoff im Flugverkehr wird auch das Aussehen der Flugzeuge verändern. Das heisst weniger Platz für Passagiere und mehr Platz für den Treibstoff. Zum Einsatz dürfte Wasserstoff darum eher im Kurzstreckenbereich kommen, so Christian Hegner im Video-Interview.

 

 

Grau, blau, türkis oder grün?

Die Herstellungsart des Wasserstoffs wird heute mit verschiedenen Farben bezeichnet

Grauer Wasserstoff wird durch Umwandlung von fossilen Brennstoffen in Wasserstoff und CO2, das in die Atmosphäre abgegeben wird, gewonnen.

Blauer Wasserstoff ist grauer Wasserstoff, wobei das bei der Umwandlung entstehende CO2 abgeschieden und unterirdisch gespeichert wird (Carbon Capture and Storage CCS).

Türkiser Wasserstoff wird durch eine thermische Spaltung von Methan unter Ausschluss von Sauerstoff hergestellt, wobei fester Kohlenstoff entsteht, der gelagert oder als Werkstoff verwendet wird.

Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser mit Strom aus ausschliesslich erneuerbaren Energien hergestellt.

Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie

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1 Antwort
  1. Tom Steiner
    Tom Steiner sagte:

    Interessant beim Wasserstoff als Energieträger der zukünftigen Mobilität wäre zudem die Rolle von e-Methanol zu erwähnen. Methanol enthält 3x soviel Wasserstoffenergie pro Volumeneinheit wie komprimiertes Wasserstoff-Gas bei 700 bar! Speziell in der Fliegerei ist dem Sicherheitsaspekt und der unkomplizierten Anwendung von flüssigem e-Methanol unbedingt Beachtung zu schenken. Die Umwandlung von e-Methanol zu H2-Gas erfolgt durch eine Methanol/H2-Brennstoffzelle mit dem grossen Vorteil, H2-Gas an Bord zu erzeugen und direkt in Strom umzuwandeln (Reforming-Prozess). Als Beispiel wären hier Technologien erwähnt von BlueWorld Technologies oder auch Methanology, einem interessanten Schweizer Start-Up.

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