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Der Marathon ist zu Ende


Die Nagra hat vor etwas über einem Jahr mit ihren Sondierbohrungen für die Untersuchungen der möglichen Standorte für geologische Tiefenlager begonnen. Für jede einzelne dieser Bohrungen musste sie zuvor eine Bewilligung einholen. Die ersten Gesuche dafür hatte sie im September 2016 eingereicht. Das Bewilligungsverfahren für diese Gesuche ist in der damaligen Medienmitteilung nachzulesen. Am 8. Juni 2020, über dreieinhalb Jahre nach dem Einreichen der ersten Gesuche, hat das UVEK die letzte von insgesamt 21 Bewilligungen erteilt. Zwei weitere Bewilligungsverfahren wurden hinfällig, weil die Nagra die entsprechenden Gesuche zurückgezogen hat. Peter Raible hat als Jurist beim Bundesamt für Energie die Verfahren begleitet und schaut im Interview auf eine intensive Zeit zurück.

Peter Raible, BFE

Peter Raible, im September 2016 hat die Nagra die ersten Gesuche für Sondierbohrungen eingereicht. Die ersten Bewilligungen wurden im August 2018 ausgestellt, mittlerweile ist es Juni 2020 und gerade wurde das letzte Gesuch bewilligt. Mehr als dreieinhalb Jahre von der Einreichung bis zur letzten Verfügung: Was haben Sie in dieser Zeit gemacht?
Wir haben für jedes Gesuch jeweils ein eigenes Bewilligungsverfahren durchgeführt. Am Ende jedes Verfahrens stand dann eine Bewilligung, im Schnitt je über hundert Seiten lang. Wir mussten dazu mit den Fachbehörden viele Details klären. Die Entsorgung von radioaktiven Abfällen ist ein komplexes Thema. Entsprechend gab es in den Gemeinden und bei den Anwohnern einige Vorbehalte gegenüber den Bohrungen. Dies zeigt sich unter anderem an den eingereichten Einsprachen. Bei der Behandlung der Gesuche sind wir auf jedes Argument der Einsprechenden detailliert eingegangen. Der Aufwand für die umfassende Beurteilung der Gesuche war entsprechend gross.

Als Laie stelle ich mir vor, dass die Bohrungen immer ähnlich geplant und durchgeführt werden. Hätte man da nicht eine «Muster-Bewilligung» entwerfen, und diese dann für jedes Gesuch mit geringem Aufwand anpassen können, um so den Prozess zu beschleunigen?
Nein, leider nicht. Zwar gab es schon einige wiederkehrende Themen, die keine individuelle Betrachtung benötigten. Jede Bohrung hat jedoch eine andere geografische Lage und damit unterschiedliche Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Das Kernenergiegesetz fordert von der Bewilligungsbehörde eine umfassende Beurteilung jedes Einzelfalls. Gewisse Bohrungen sind zum Beispiel in der Nähe von Naturschutzgebieten, Lebensräumen von geschützten Tieren oder Wanderwegen. Anderswo wurde ein Aussichtsturm aus der Zeit der Römer vermutet oder mögliche Altlasten im Boden. Auf all dies mussten wir bei der Beurteilung eingehen.

Gegen zwei Bewilligungen gingen Beschwerden ein, eine weitere ist noch nicht rechtskräftig, könnte also auch noch angefochten werden. Was passiert mit diesen Bewilligungen?
Bei den zwei Bewilligungen, gegen welche eine Beschwerde erhoben wurde, stehen die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts noch aus. Die Urteile können danach noch ans Bundesgericht weitergezogen werden. Solange kein rechtskräftiges Urteil vorliegt, darf die Nagra nicht bohren. Auch gegen die noch nicht rechtskräftige Bewilligung kann Beschwerde erhoben werden, die Konsequenz wäre die gleiche.

Wie blicken Sie auf die vergangenen Jahre zurück? Überwiegt die Freude oder das Bedauern, dass der Bewilligungs-Marathon vorbei ist?
Wir freuen uns, dass wir eine Praxis etablieren konnten, die eine kritische und faire Beurteilung der Gesuche und Einsprachen ermöglicht hat. Nur wenige Bewilligungen wurden gerichtlich weitergezogen. Wir schliessen daraus, dass wir auf die drängendsten Fragen überzeugende Antworten geben konnten. Nun hoffen wir natürlich, dass das die Gerichte ebenfalls so sehen.

Das Interview mit Peter Raible führte Andreas Besmer, Fachspezialist Regionale Partizipation BFE

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