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Vier Jahre swissesco: «In der Schweiz braucht man Geduld»


Vor vier Jahren hat das BFE mitgeholfen, den Verband swissesco zu gründen. Er vertritt die Interessen der Anbieter von Energiespar-Contracting in der Schweiz und arbeitet stetig daran, das Modell hierzulande bekannter zu machen. Geschäftsführer Matthias Gerth blickt auf die Gründungsjahre zurück und erklärt, wie sich swissesco in Zukunft weiterentwickeln soll.

Matthias Gerth ist nach wie vor Feuer und Flamme für das Energiespar-Contracting: «Das Modell hat viel Potenzial, doch leider entscheiden sich heute noch viel zu wenige Gebäudebesitzer dafür». Gerth beschreibt die Entwicklung des Verbandes über die letzten Jahre «als zögerlich, aber stetig». Mit 40 Mitgliedern sei der Verband immer noch relativ klein. Das Ziel sei aber, weitere Partner und Kunden dazuzugewinnen.

Energiespar-Contracting ist ein markwirtschaftliches Modell zur Optimierung der Energieeffizienz, beispielsweise im Gebäudebereich oder der Strassenbeleuchtung. Im Zentrum steht dabei die partnerschaftliche Beziehung zwischen Gebäudebesitzer und Energiedienstleister (sogenannter ESCO). Dieser garantiert dem Hausbesitzer jährliche Energieeinsparungen in seiner Immobilie. Dabei übernimmt der Energiedienstleister in der Regel die Anfangsinvestitionen oder eine explizite Garantie für die Einsparungen an Energie, Energiekosten und CO2. Die Investitionen werden über die erzielten Energiekosteneinsparungen amortisiert.

Was tut swissesco und wie funktioniert Energiespar-Contracting?

Der Branchenverband swissesco vertritt die Interessen dieser Branche, entwickelt den Markt in der Schweiz weiter, vernetzt die Akteure untereinander und bemüht sich darum, Kunden zu gewinnen. Zu den Mitgliedern gehören Energieversorger, Hersteller (z.B. Siemens), Finanzierungspartner (z.B. Banken), Berater (z.B. Ingenieurbüros), Kantone, Rechtsberater und viele mehr. Der Kunde profitiert beim Energiespar-Contracting davon, dass er vom Dienstleister ein Gesamtpaket bekommt, und sich nicht mit den einzelnen Akteuren, wie den Architekten, Ingenieuren, Energieanbietern und Rechtsberatern einzeln rumschlagen muss. Im Prinzip stellt der Kunde sein Gebäude zur Verfügung und bekommt nach der Sanierung eine Abrechnung davon, wie viel investiert und wie viel eingespart wurde. Wird weniger eingespart als investiert, so zahlt dies der Dienstleister. Sind die zusätzlichen Einsparungen grösser als die Investitionen, wird das eingesparte Geld unter den Akteuren aufgeteilt.

Persönliches Highlight in Lausanne

«Energiespar-Contracting als Modell ist umso erfolgreicher, je grösser das Einsparpotenzial eines Gebäudes ist», erklärt Matthias Gerth. Zu den Kunden der Anbieter von Energiespar-Contracting gehören folglich keine Einfamilienhäuser, sondern grössere Bauten wie Bürogebäude, Hotels, Schulhäuser, Spitäler, Mehrfamilienhäuser oder Industriegebäude. Bisher gibt es in der Schweiz etwa drei Dutzend laufende Projekte mit Investitionen. Dazu kommen unzählige «Energiespar-Contracting light» oder Betriebsoptimierungen, bei denen die Optimierung technischer Geräte mit gering- oder nichtinvestiven Maßnahmen im Vordergrund steht. Auch diese werden über die Einsparungen finanziert. Ein persönliches Highlight für ihn sei die Schulhaus- und Schwimmbadsanierung des Hauptgymnasiums Mottier in Mont-sur-Lausanne gewesen, bei der vorab eine öffentliche Ausschreibung durchgeführt wurde. «Wenn man viel im Büro sitzt und Projekte in der Planung sieht, ist es umso schöner, wenn diese dann endlich gebaut und umgesetzt werden», erklärt Gerth.

Energiespar-Contracting stärker gefragt in der Romandie

Der Markt des Energiespar-Contracting hat sich in den letzten vier Jahren nur wenig verändert. Allerdings gehen die Entwicklungen in unterschiedliche Richtungen. «Im Vergleich zur Deutschschweiz, wo der Markt kaum gewachsen ist, sieht man in der Westschweiz eine deutlichere Zunahme», erklärt Matthias Gerth. Er vermutet dahinter einerseits einen Spillover-Effekt aus Frankreich, andererseits hat die Westschweiz ein starkes Vorbild mit den Services Industriels de Genève SIG, welche ein sehr aktiver Akteur im Bereich des Energiespar-Contracting waren. Nach wie vor ist der Markt im nahen Ausland der Schweiz aber deutlich grösser als hierzulande. «Die Verbreitung des Modells geht länger, als wir am Anfang dachten», fasst Gerth zusammen.

Neue Strategie für die Zukunft

Für die kommenden Jahre hat swissesco darum auch seine Strategie leicht angepasst. «Nach wie vor wollen wir die Anzahl der Projekte erhöhen», so Gerth. «Wir gehen aber dafür stärker auf die Gebäudebesitzer und die Finanzierungspartner zu und weniger wie bisher auf die Energiedienstleister.» Er glaube daran, dass sich der Markt vergrössere und Energiespar-Contracting ein vielversprechendes Modell der Zukunft sei, betont Gerth. «In der Schweiz braucht man einfach Geduld.»

Zusätzlichen Aufschwung erhofft sich Gerth von der Änderung der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG). Heute können die Gebäudebesitzer nur einen Teil der Kosten einer energetischen Sanierung über den Mietzins auf den Mieter überwälzen, aber es sind die Mieter, die in der Folge von tieferen Energiekosten profitieren. Mit der Revision der VMWG würde Energiespar-Contracting in einer Verordnung als Begriff verankert und es wäre möglich, die Kosten einer Sanierung an die Nebenkosten der Miete anzurechnen, wobei der Aufschlag nicht höher sein darf als die eingesparten Energiekosten. Ziel ist eine Erhöhung der Sanierungsquote, wodurch vor allem das Klima profitieren würde. Die Vernehmlassung zur Anpassung der Vorlage wurde Ende November 2018 abgeschlossen.

In den nächsten Jahren soll ein Fokus neu auf das Messen der Einsparungen gelegt werden. In der Schweiz gibt es dazu noch wenige Grundlagen und keine einheitlichen Standards. «Wir wollen mit Weiterbildungskursen und der Einführung des internationalen Standards zu Messung von Energie-, Wasser- oder Nachfrageeinsparungen IPMVP einen Beitrag leisten», erklärt Gerth.

Klimadebatte als Ansporn?

Auf die Frage, ob die Klimadebatte und die anstehenden Wahlen im Herbst 2019 dem Modell des Energiespar-Contracting zuträglich sind, gibt Matthias Gerth keine eindeutige Antwort. Einerseits sind Energieeffizienz und der Gebäudepark wichtige Pfeiler der Energiestrategie 2050 des Bundes. Das Potenzial im Bereich des Energiespar-Contracting sei riesig, und um die Ziele der Energiestrategie zu erreichen, brauche es Energieeffizienz, so Gerth. Andererseits bräuchten politische Vorstösse lange, und bis ein neues Parlament wirklich aktiv werde und sich mit Energiespar-Contracting auseinandersetze, vergehe wohl viel Zeit. Zudem sei ein entscheidender Faktor die immer noch sehr tiefe Sanierungsrate. Würden jedoch beispielsweise Ölheizungen in Zukunft schrittweise verboten, wie Gerth dies vermutet, so würden letztendlich auch die Hausbesitzer umdenken müssen, was dem Energiespar-Contracting zu immer mehr Relevanz verhelfen wird.

Vera Zotter, Hochschulpraktikantin Medien und Politik, BFE

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