Im Januar purzelten die Rekorde: mit Allrad unterwegs im wärmsten Januar


Der Januar war – trotz Schneechaos und Stürmen – warm, sehr warm. An vielen Orten in der Schweiz wurden diesen Januar die mildesten Temperaturen seit Messbeginn im 19. Jahrhundert registriert, auch im landesweiten Mittel erwartet MeteoSchweiz den mildesten Januar seit Messbeginn 1864. Gestern Donnerstag kam dann der Newsletter von auto-schweiz zu den Monatszahlen vom Januar. „Ein Jahresauftakt nach Mass“ frohlockte der Importeursverband und vermeldete zweistellige Zuwachsarten gegenüber dem Vorjahresmonat, eine erfreuliche Entwicklung für den Schweizer Automobilhandel. Und noch ein weiterer Rekord wurde diesen Januar gebrochen: erstmals im Januar liegt der Allrad-Anteil über 50 Prozent. So weit so gut, bei den zwischenzeitlichen Schneemassen in den Bergen war ein Allrad in den ersten Stunden vor der Schneeräumung auf den Hauptstrassen sicher praktisch und nützlich und das Anlegen von Schneeketten haben die meisten Autofahrerinnen und –fahrer inzwischen wohl ohnehin verlernt. Aber viele Strassen blieben aufgrund der Lawinengefahr trotzdem gesperrt, Allradantrieb hin oder her.

Ob das Eine (rekordmilder Winter) mit dem Anderen (rekordhoher 4×4-Anteil) etwas zu tun hat, sei dahingestellt, zudem sollte man Wetterphänomene nicht mit Klimaveränderungen gleichsetzen. Was aber Fakt ist: Allradfahrzeuge haben einen höheren Verbrauch und damit höhere CO2-Emissionen, die nachweislich zum Treibhauseffekt und zur Klimaerwärmung beitragen. Dafür verantwortlich sind vor allem zwei technische Gründe, nämlich das im Vergleich zum 2×4-Antrieb höhere Gewicht und die höheren Reibungsverluste durch eine zweite angetriebene Achse sowie ein zusätzliches Getriebe. Bei wichtigen Volumenmodellen in der Schweiz wie beispielsweise dem Skoda Octavia sind die CO2-Emissionen der 4×4 Varianten um 5-16% höher als jene der gleich motorisierten 2×4-Varianten, dies entspricht 7-21 Gramm höheren CO2-Emissionen pro gefahrenem Kilometer. Hinzu kommen noch Beweggründe beim Kaufverhalten. 4×4-Fahrzeuge werden öfters in Verbindung mit einem stärkeren Motor gekauft als ein vergleichbares 2×4-Fahrzeug, was nochmals zu einem höheren Verbrauch führt.

Es ist ähnlich wie beim Winterspeck: wenn man den im Frühjahr nicht wieder loswird, schleppt man ihn das ganze Jahr mit sich herum. So praktisch das Allradfahrzeug in der Skiferienwoche im Engadin ist, das Mehrgewicht fährt auch die restlichen 50 schnee- und eisfreien Wochen des Jahres mit und führt dort zu Mehrverbrauch. Damit wir uns nicht falsch verstehen: für die Bewohner der Berggebiete ist und bleibt der 4×4 oft das einzige Fahrzeug der Wahl, vor allem, wenn man abseits der grösseren Zentren lebt oder entsprechende Berufe ausübt.

Aber halt, werden viele jetzt sagen, 4×4 Fahrzeuge sind doch generell viel sicherer! Wenn man nach wissenschaftlichen Untersuchungen zu diesem Thema sucht, stösst man auf unterschiedliche Aussagen. Generell gilt: 4×4-Antriebe haben klare Vorteile bei der Traktion, schon beim Bremsen und auf der Fahrt bergab besteht aber kein Vorteil mehr gegenüber einem 2×4-Fahrzeug. Das Bundesamt für Strasse ASTRA hat im Rahmen des Forschungspakets VESPA die Einflüsse von verschiedenen Fahrzeugeigenschaften auf das Unfallgeschehen detailliert untersucht und kommt zum Schluss: „Die Häufigkeit und die Schwere der von „Sports Utility Vehicles“ (SUV) verursachten Unfälle unterscheiden sich nicht signifikant von den übrigen Marktsegmenten.“ Falls es zu Unfällen kommt, sind die Insassen von SUV jedoch besser vor Verletzungen geschützt als Insassen anderer Marktsegmente (Link Studie). Es ist einschränkend zu beachten, dass das Segment SUV nicht eindeutig und tendenziell nur anhand der Karosserieform definiert werden kann und auch in anderen Marktsegmenten der Anteil von Allradantrieben bedeutend ist. Eine Untersuchung der schwedischen Versicherung Folksam (nur in schwedischer Sprache verfügbar) kommt zu Schluss, dass die Unfallhäufigkeit von Allradfahrzeugen auf Eis und Schnee um 20-30% höher ist als bei vergleichbarer 2×4 Fahrzeugen. Auffällig war, dass 4×4-Fahrzeuge bei den Kollisionen höhere Geschwindigkeiten aufwiesen als vergleichbare 2×4 Fahrzeuge. Der Grund hierfür könnte die sogenannte Risikokompensation sein: Fahrerinnen und Fahrer fühlen sich im 4×4 Fahrzeug sicherer und gehen dadurch höhere Risiken ein.

Was wäre nun zu tun? Nun, neben der Wahl des Fahrzeugs anhand des häufigsten Einsatzzwecks und dem Mitführen von Schneeketten beim 2×4-Fahrzeug nimmt auch das Angebot energieeffizienterer Allradfahrzeuge laufend zu. Auf dem Online-Verbrauchskatalog von EnergieSchweiz und TCS finden sich zahlreiche Modelle mit Allradantrieb, geringem Verbrauch und der Energieeffizienzkategorie A oder B. Schauen Sie sich um, die Auswahl steigt laufend. So leisten Autofahrerinnen und –fahrer einen Beitrag zur Erreichung der Schweizer Klimaziele, damit man auch in Zukunft ab und zu mal noch Schneeketten montieren oder sein Allradfahrzeug in den Bergen auf Schnee ausfahren kann.

Christoph Schreyer, Leiter Mobilität, Bundesamt für Energie BFE

Bild: 4×4 Promotionsaktion im Sommer 2017
(Foto: Christoph Schreyer)

 

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