Besuchszentrum geologisches Tiefenlager: Lernen von internationalen Erfahrungen
Die Regionalkonferenz Nördlich Lägern (RK NL) befasst sich seit diesem Jahr auch mit dem Thema «Besuchszentrum» für ein künftiges geologisches Tiefenlager für radioaktive Abfälle. Die Fachgruppe Oberflächeninfrastruktur erarbeitet dazu eine Vision und wird bei dieser anspruchsvollen Aufgabe von einem Prozessbegleiter unterstützt. Erste Ideen der Fachgruppe wurden am 25. November 2025 in der Vollversammlung der Regionalkonferenz vorgestellt und diskutiert.
Blick über den Tellerrand
Um eine Vision zu entwickeln, lohnt sich der Vergleich mit bestehenden Besuchszentren – national wie international. Solche Einrichtungen gibt es etwa bei Kernkraftwerken oder an Standorten, an denen radioaktive Abfälle bereits gelagert werden oder künftig gelagert werden sollen. Besonders interessiert war die Fachgruppe an Beispielen, die gemeinsam mit lokalen Akteuren entwickelt wurden.
Ein prominentes Beispiel ist das belgische Informations- und Begegnungszentrum «Tabloo», das 2022 eröffnet wurde. Der Name ist angelehnt an das Wort «Tisch» in der Kunstsprache Esperanto und steht für den Dialog über radioaktive Abfälle in Belgien. «Tabloo» entstand aus einer langjährigen Zusammenarbeit mit zwei lokalen Interessengruppen der Gemeinden Dessel und Mol und war sogar Voraussetzung für die Akzeptanz des Lagers für schwach- und mittelaktive Abfälle an der Oberfläche.
Das Zentrum vereint zahlreiche Funktionen: Wissensvermittlung, Café, Park und Spielplatz, wechselnde Ausstellungen, Tagungsräume und mehr. Zudem dient es als Ort der Erinnerung – die markante Betonstruktur in Tischform soll auch in 300 Jahren noch bestehen. Einige Mitglieder der Regionalkonferenz konnten sich bereits 2022 im Rahmen eines Workshops der Nuclear Energy Agency vor Ort ein Bild machen. Dieses Beispiel lässt sich nicht direkt auf die Schweiz übertragen. Dennoch liefert es wertvolle Hinweise, welche Aspekte für ein Besuchszentrum relevant sein könnten.
Internationale Erfahrungen
Auch auf internationaler Ebene setzt man sich mit dem Thema auseinander. Der Vorsitzende der Fachgruppe, Marcel Baldinger, nahm zusammen mit dem Co-Präsidenten Christopher Müller der Regionalkonferenz am Länderworkshop des NEA Forum on Stakeholder Confidence in Frankreich teil. Neben Informationen zum Projekt Cigéo, dem künftigen geologischen Tiefenlager für hochaktive Abfälle in Frankreich, widmete sich der Workshop auch der Rolle von Besuchszentren bei Lagerstandorten für radioaktive Abfälle. «Tabloo» wurde vorgestellt, aber auch Beispiele aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Spanien. Baldinger zeigte sich beeindruckt von der offenen Atmosphäre und dem konstruktiven Austausch: «Wir sind nicht alleine – auch andere Länder stehen vor Herausforderungen. Solche Workshops ermöglichen uns, voneinander zu lernen.»
Offene Fragen und Herausforderungen
Es gibt kein Patentrezept für ein Besuchszentrum. Standort, Grösse, Gestaltung, Funktionalitäten, Zielgruppen, langfristiger Wissenserhalt und mögliche Synergien sind zentrale Fragen, welche seit diesem Jahr in der Fachgruppe diskutiert werden. Damit ein Besuchszentrum auch langfristig attraktiv bleibt, braucht es ein durchdachtes Konzept – idealerweise eingebettet in ein umfassenderes «Besuchswesen», das mit Massnahmen der regionalen Entwicklung verknüpft ist. Daher wird sich auch die Fachgruppe Regionale Entwicklung der RK NL mit dem Thema beschäftigen. Baldinger betont: «Ein Besuchszentrum ist kein Selbstläufer. Es muss mit Leben gefüllt werden, damit das Interesse langfristig erhalten bleibt». Aus seiner Sicht ist es zudem entscheidend, dass die Regionalkonferenz jetzt eine Position entwickelt: «Nur wenn sich die Regionalkonferenz dazu einbringt, kann die Nagra, dies bei einer allfälligen Umsetzung berücksichtigen».
Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) ist für die sichere Lagerung der in der Schweiz anfallenden radioaktiven Abfälle und die damit verbundenen Forschungs- und Projektierungsarbeiten verantwortlich. Im November 2024 hatte die Nagra die Rahmenbewilligungsgesuche für das geologische Tiefenlager in der Region Nördlich Lägern (ZH) und die Brennelementverpackungsanlage beim Standort des bestehenden zentralen Zwischenlagers in Würenlingen (AG) eingereicht.
Pascale Jana Künzi, Fachspezialistin Regionale Partizipation, Bundesamt für Energie
Bild: BFE
BFE
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