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Auf in eine nachhaltige Zukunft


Die Steigerung der Energieeffizienz und die Energieversorgung mit erneuerbaren Energien sind zentrale Pfeiler für die Energiestrategie 2050 und damit auch für Vorbild Energie und Klima. Grund genug, um mit Cornelia Brandes und Thomas Weisskopf über die Initiative und über vergangene sowie zukünftige Entwicklungen im Energie- und Klimabereich zu reden. Als Fachpersonen standen sie der Initiative Vorbild Energie und Klima mit Rat und Tat zur Seite bei der Programmentwicklung, der Zielsetzung und der Massnahmenplanung.

Cornelia Brandes, bis Ende Dezember 2021 Inhaberin und Geschäftsleiterin von Brandes Energie AG, und Thomas Weisskopf, bis März 2022 Inhaber und Geschäftsführer von Weisskopf Partner GmbH, haben einen reichhaltigen Erfahrungsschatz im Energie- und Klimabereich. Seit mehr als 30 Jahren begleiten sie Gemeinden und Regionen, seit mehr als 20 Jahren Industrie, Gewerbe, Bundesstellen und Kantone bei der Umsetzung von Massnahmen in den Bereichen erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Suffizienz. Seit 2011 sind sie Teil der Geschäftsstelle Vorbild Energie und Klima.

Cornelia Brandes, Geschäftsstelle Vorbild Energie und Klima (bis Ende März 2022)

 

Die Initiative ist 2021 in eine zweite Phase gestartet, nachdem die Akteure in der ersten Phase ihre Ziele erreicht hatten. Was hat in der Vergangenheit zum Erfolg beigetragen?

Cornelia Brandes: Es gab von Anfang an einen klaren Auftrag des Bundesrats für die Initiative; nämlich im Energiebereich mit gutem Beispiel voranzugehen. Und es ist gelungen, zusammen mit den teilnehmenden Bundes- und bundesnahen Betrieben die Handlungsbereiche, die Fragestellungen, das Monitoring und die Zielsetzungen so zu definieren, dass sie dem Handlungsspielraum der individuellen Akteure g

erecht werden.

Thomas Weisskopf: Das gegenseitige Vertrauen zwischen den Akteuren und erreichbare Ziele waren besonders wichtig. Es war zudem zentral, die Anforderungen an das Controlling möglichst basierend auf bestehenden Instrumenten zu definieren. Und natürlich trugen auch die regelmässigen Angebote für gemeinsame Erfahrungsaustausche zum Erfolg bei.

Thomas Weisskopf, Geschäftsstelle Vorbild Energie und Klima (bis Ende März 2022)

Auch losgelöst von der Initiative hat sich einiges getan in den vergangenen Jahren. Veränderungen durch das Klima sind heute sichtbarer, der Klimawandel ist dadurch präsenter geworden. Technische Möglichkeiten, um den Energieverbrauch zu reduzieren, sind selbstverständlicher als früher und wurden vom Gesetzgeber übernommen. Engagiert sich die Bevölkerung also heute mehr für Energieeffizienzmassnahmen und erneuerbare Energien

C. B.: Die Auswirkung auf unser Verhalten ist leider noch nicht konsequent genug. Verhaltensänderungen haben es nach wie vor schwer, werden aber nötig sein: vom Abstimmungsverhalten für weitere klimafreundliche Rahmenbedingungen über das Mobilitäts-, Wohn-, Ess- und Freizeitverhalten bis zu den Ferien. Die Kosten werden meist zu kurzfristig betrachtet. Hilfsmittel und klare Entscheidungskriterien können hier Abhilfe leisten. Wir haben deshalb im Rahmen der Initiative die LCC-Tools entwickelt. Die Wege zum Ziel sind zwar noch weit, aber heute bereits deutlich sichtbarer – so arbeiten wir schon fast selbstverständlich an Roadmaps für Netto-Null.

T. W.: In einigen Bereichen hat sich viel getan, beispielsweise im Gebäudesektor .Alternativen zu fossilen Heizungen haben sich in Neubauten durchgesetzt. Und beim Bau ist die Betrachtung des Lebenszyklus bereits alltäglich, denn der Materialeinsatz ist sehr gross: Beim Abbruch wird alles separat entfernt. In neuen Ziegeln werden alte Ziegel wiederverwertet. Holz wird mehrfach genutzt. Die Betrachtung von nicht-energetischen, monetarisierbaren Aspekten, also so genannten Multiple Benefits, ist aber immer noch selten. Zum Beispiel können sich Vorteile wie mehr Komfort und Platz oder erhöhte Arbeitssicherheit aus Massnahmen zur Reduktion der Treibhausgase ergeben.

Die Wege zum Ziel sind heute sichtbarer, sodass wir schon fast selbstverständlich an Roadmaps für Netto-Null arbeiten.

Aktuell liegt der Fokus auf den stark steigenden Energiepreisen, Versorgungsengpässen und einer möglichen Strommangellage. Welche Herausforderungen werden Ihrer Einschätzung nach zukünftig auf den Energiesektor zukommen?

C. B. Es ist wichtig, bekannte Fehler aus der Vergangenheit nicht zu wiederholen und die Auswirkungen der Energieproduktion sachlich über die ganze Lebensdauer und über die Systemgrenzen hinaus transparent anzuschauen, bevor Entscheidungen getroffen werden.

 T. W. Grüne Technologien gibt es eigentlich nicht. Alle Technologien hinterlassen anthropogene Spuren in der Natur. Es ist wichtig, diese Eingriffe so klein wie möglich zu halten und sie reversibel zu gestalten.

Und welche spezifisch auf die Akteure von Vorbild Energie und Klima?

C. B.: Ich sehe eine grosse Herausforderung in der Notwendigkeit, den Handlungsspielraum zukünftig zu erweitern. Denn dies bedeutet, dass KundInnen, BestellerInnen und LieferantInnen vermehrt miteinbezogen werden müssen.

T. W.: Die Dekarbonisierung der ganzen Geschäftsprozesse auf Netto-Null bis spätestens 2050 oder bereits bis 2040 ist schon eine grosse Herausforderung.

Alle Technologien hinterlassen anthropogene Spuren in der Natur. Es ist wichtig, diese Eingriffe so klein wie möglich zu halten und sie reversibel zu gestalten.

Oft hört man, die «low hanging fruits» seien gepflückt und nun gehe es ans Eingemachte. Ist dies ebenfalls eine Herausforderung, die auf uns zukommt? Ist es heute schwerer etwas zu tun als früher?

T. W.: Ich wehre mich gegen die oft gehörte These, dass das Verbesserungspotenzial dadurch immer kleiner werde. Der rasante Technologiewandel und die Digitalisierung halten das Optimierungspotenzial hoch und machen es zum Teil auch einfacher zugänglich. Unschön sind aber Rebound-Effekte, wie wir sie beispielsweise bei der Umrüstung auf LED kennen.

Mit Massnahmen in den folgenden sechs Feldern können Unternehmen ihren CO2-Ausstoss reduzieren.

Um die Ziele zu erreichen, ist es wichtig, den individuellen Handlungsspielraum zu kennen und schrittweise zu erweitern. In welchen Bereichen gibt es den grössten Handlungsbedarf und in welchen den grössten Spielraum für den Klimaschutz? Wie kann ein Unternehmen vorgehen?

C. B.: Klimakonzepte in Gemeinden zeigen klar, dass der Bereich Gebäude einen Drittel der CO2-Belastung, die Bereiche Konsum, Ernährung und Mobilität zusammen die anderen zwei Drittel ausmachen. Je nach Gemeinde und auch je nach Tätigkeit eines Unternehmens können sich diese Schwerpunkte selbstverständlich verschieben – der erste Schritt zu Massnahmen ist deshalb immer die spezifische datenbasierte Bestandsanalyse. Anschliessend braucht es einen Plan für die Dekarbonisierung.

Das ist ein grosses, übergeordnetes Ziel. Wie kann dies im Einzelfall angepackt werden?

T. W.: Die sechs Massnahmenfelder gemäss Energie-Agentur der Wirtschaft EnAW können dabei helfen, bereits geplante und zukünftig erforderliche Veränderungen für die langfristige Planung der CO2-Reduktion in Einklang zu bringen. Die Dekarbonisierung von Raumwärme ist verhältnismässig einfach. Schwieriger wird es bei den Prozessemissionen und der Prozesswärme. Hier braucht es ein systematisches Vorgehen in der folgenden Reihenfolge: Effizienzmassnahmen, Wärme-/Kältenetze, Prozess-/Technologieänderungen, Produktänderungen, neue Energieträger und In-/Offsetting sowie CCS/CCU (Carbon Capture and Storage/Utilization). Die Massnahmen sind aber alles andere als trennscharf und bedingen sich teilweise gegenseitig. Und sie erfordern auch Mut, insbesondere die Prozess- und Produktanpassung.

Was ist bei der Umsetzung wichtig? Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit ein Unternehmen seine Ziele erreichen kann?

C. B.: Der Handlungsspielraum spielt eine wichtige Rolle. Wenn die Basis stimmt, erweitert er sich mit neuen Entwicklungen schrittweise. Zudem sind der Wille der Geschäftsleitung, ein klarer Auftrag an die Projektleitenden sowie entsprechend klare Ausschreibungen und Bestellungen relevante Rahmenbedingungen – und natürlich Raum für Eigenverantwortung.

T. W.: Die Bereitschaft, sich eigene Schwächen einzugestehen und sich zu verbessern, muss vorhanden sein. Zudem sollten die Massnahmen verständlich sein. Moderne Managementsysteme und partizipative Prozesse können hier einen wichtigen Beitrag leisten.

In der Vergangenheit haben Sie unzählige Unternehmen, Kantone und Gemeinden dabei unterstützt, langfristige Pläne zur CO2-Reduktion zu entwickeln und diese umzusetzen. Was war Ihnen dabei wichtig?

C. B.: Es ist wichtig, die Rollen richtig zu verstehen und die Handlungshoheit und -kompetenz bei den Kundinnen und Kunden zu stärken. Denn das bringt den schnellsten Erfolg.

T. W.: Zuhören, zuhören, zuhören und pragmatisch sein. Und viel Geduld haben, denn auch kleine Schritte summieren sich.

Inwiefern kann der Beizug einer externen Firma bei diesen Prozessen hilfreich sein?

SIG hat mit GeniLac das grösste ökologische Wärmenetz in Genf gebaut. Es wird mit Wärme aus dem Genfersee-Wasser und mit 100 % erneuerbarer Energie betrieben.

C. B.: Eine externe Firma bietet einen Blick von aussen. Verantwortlichen können alle denkbaren Fragen stellen, die auftauchen. Dieser Austausch und das Klären von Fragen ist besonders wichtig. Wir empfehlen deshalb allen Verantwortlichen, sich mit anderen Unternehmen mit vergleichbaren Aufgaben oder auch einfach der gleichen Zielsetzung auszutauschen.

Und ganz zum Schluss: Was empfehlen Sie Akteuren im Gebäudebereich?

T. W.: Bei Neubauten und Sanierungen sollten die Verantwortlichen noch viel stärker und rascher auf Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft setzen.

 

Nadine Kammermann, Redaktorin, Initiative Vorbild Energie und Klima

Foto: Magali Girardin/ SIG

Graphik: EnAW 2021

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