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Vier Herausforderungen für den neuen IEA-Generaldirektor


Höhepunkt der Sitzung des Governing Boards der IEA von letzter Woche war die Wahl der neuen Generaldirektors: Das Rennen machte der türkische Chefökonom der IEA, Fatih Birol. Er steht vor grossen Herausforderungen für die Energiewelt sowie die Agentur.

2011 war erstmals ein amtierender Generaldirektor nicht mehr wiedergewählt worden. Anstelle des Japaners Nobuo Tanaka machte die ehemalige holländische Energieministerin Maria van der Hoeven das Rennen. Nun war uns bereits vor Jahresfrist von der türkischen Botschaft in Bern signalisiert worden, dass sich mit Fatih Birol ein langjähriger Kadermann der Organisation für den Job des Generaldirektors interessiere. Nach zwei „closed sessions“ des Governing Boards konnte vergangenen Donnerstag bekanntgegeben werden, dass Fatih Birol konsensual von allen 29 Mitgliedländern zum neuen Generaldirektor bestimmt wurde. In seiner Vorstellung vor der Wahl hatte Birol dem Governing Board bekanntgegeben, dass er stark auf Teamgeist setze und die Arbeit bei der IEA auch „Happiness“ bringen soll. Er gilt als Stratege und ‚Chrampfer‘, er ist ein Mann mit exzellenten Beziehungen zur Energiewirtschaft und zur OPEC, zudem ist er ein grosser Fan und ständiges Ehrenmitglied des Fussballclubs Galatasaray Istanbul.

Auf den neuen Generaldirektor warten in den nächsten vier Jahren verschiedene grosse Herausforderungen, Bereiche, in denen er zusammen mit seinem Team als Vordenker für die Mitgliedländer wirken muss:

1. IEA – mehr als ein Club der alten Industrieländer?

1974 konsumierten die OECD-Industrieländer 80 Prozent des Weltenergieverbrauchs. Gemeinsam gründeten sie die IEA, um vom Anbieterkartell OPEC nach der Ölkrise als Nachfrager ernst genommen zu werden. Die IEA-Mitglieder verpflichteten sich, dass jede Nation mindestens 90 Tage Ölreserve vorrätig haben müsse. 2030 werden diese traditionellen Industrieländer nur gerade noch 30 Prozent der Weltenergieverbrauchs ausmachen. Neue Industriestaaten wie China, Indien, Indonesien, Mexiko, Philippinen etc. werden zusammen weit relevanter sein. Werden sich diese neuen Länder vorerst als Assoziierungspartner und mittelfristig als Mitglieder der IEA anschliessen oder gründen sie eine eigene neue Organisation, welche alsbald der IEA den Rang ablaufen könnte?

2. Wie entwickeln sich die Öl- und Gaspreise global und in Europa?

Nach dem Ölpreiszerfall jubeln einige Nationen über dieses unverhoffte Konjunkturprogramm. Doch ist dieser tiefe Preis auch mittelfristig zu erwarten oder stehen wir in zwei bis drei Jahren vor massiven Preisaufschlägen? Welches sind die Auswirkungen auf die Energieträger Kohle, Gas und Erneuerbare? Wie wird der Wohlstand neu verteilt? Darauf wird Fatih Birol mit seinem Team Antworten zu geben haben.

3. Systemintegration der Erneuerbaren als neue Challenge?

In den vergangenen Jahren haben die IEA wie auch andere Fachorganisationen den Zubau der Erneuerbaren immer wieder unterschätzt. Nun stehen Photovoltaik wie auch Wind an guten Standorten vor der preislichen Konkurrenzfähigkeit. Gefragt sind also nicht mehr primär kräftige Einspeise-Subventionen sondern kluge Vorschläge für eine anreizorientierte Flexibilisierung der Märkte, Speicherung sowie Systemintegration. Gefordert ist nicht – wie einige im alten Denken verhaftete Ingenieure und Geologen meinen – ein zweites Energie-System als Back-up sondern kluge Regeln für Märkte, wo Preise Knappheiten anzeigen und Angebot wie auch Nachfrage mehr und mehr Flexibilität aufweisen. Hier ist viel an Denkarbeit von Fatih Birol und seinem Team zusammen mit den Mitgliedländern nötig.

4. Standort Paris?

Seit ihrer Gründung ist die IEA in Paris beheimatet. Die bisherigen Räumlichkeiten bei der australischen Botschaft müssen dringend saniert werden. Als Alternative hat sich nun Budapest präsentiert, das nicht nur eine energetisch erstklassige Variante anbietet, sondern zudem mit zahlreichen Vergünstigungen lockt. Paris mitsamt Australien zeigen sich demgegenüber in ihren Offerten sehr zurückhaltend. Rein ökonomisch müsste der bisherige Chefökonom der IEA, Fatih Birol, also alles auf die Karte Budapest setzen. So könnte er zusätzliche Mittel für das Core-Business der IEA einsetzen, ohne die Budgets der Mitgliedländer zu strapazieren.

Wir gratulieren Fatih Birol, den wir seit Beginn des Auswahlprozesses unterstützt haben, zu seiner Wahl und freuen uns auf die künftige noch engere Zusammenarbeit.

Walter Steinmann, Direktor BFE

Photo by REUTERS/Benjamin Beavan, courtesy of the International Energy Agency, all rights reserved

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