Energie- und Wasserkostenabrechnung: Verbrauchsabhängig oder nicht?
In der Regel einmal pro Jahr flattert den Bewohnerinnen und Bewohnern von Mehrfamilienhäusern die Nebenkostenabrechnung ins Haus, welche unter anderem die Kosten für Energie und Wasser ausweist. Die meisten werden sich noch nie Gedanken darüber gemacht haben, wie die Gesamtkosten für Energie und Wasser innerhalb der Liegenschaft unter den Bewohnerinnen und Bewohnern aufgeteilt werden – oder wahrscheinlich erst dann, wenn man mit der Abrechnung nicht einverstanden ist. Wohin wendet man sich am besten, wenn Fragen zur Nebenkostenrechnung auftauchen? Und welche Regeln gelten überhaupt für die diese Abrechnungen?
«Primärer Ansprechpartner bei Unklarheiten in der Nebenkostenabrechnung ist die Verwaltung der betreffenden Liegenschaft», erklärt Patrik Lanter vom Schweizerischen Verband für Energie- und Wasserkostenabrechnung (SVW). Die Liegenschaftsverwaltungen stellen den Mietern oder Eigentümerinnen im Mehrfamilienhaus die Abrechnungen zu, beauftragen zur Datenerhebung und
-aufbereitung aber in der Regel eine spezialisierte Abrechnungsfirma. Diese grossen Abrechnungsfirmen sind unter dem Dach des SVW vereint. «Unsere Aufgabe besteht darin, für die Liegenschaftsverwaltungen eine gerechte Aufteilung von Wasser- und Energiekosten für die einzelnen Wohneinheiten zu machen», erklärt Patrik Lanter. Konkrete Fragen zu höheren Energie- und Nebenkosten könnten sie aber nicht beantworten. «Wir kommen dann ins Spiel, wenn jemand Fragen zum Abrechnungsmodell hat oder unzufrieden ist mit dem Verteilschlüssel», fügt Lanter an. Auch beim Bund winkt man ab: «Wir sind nicht Anlaufstelle für Fragen zur Nebenkostenabrechnung», erklärt Adrian Grossenbacher, Gebäudespezialist beim Bundesamt für Energie. Dass doch regelmässig Fragen zum Thema beim BFE eingehen, hat damit zu tun, dass der Bund Herausgeber der sogenannten VEWA ist, des Models zur verbrauchsabhängigen Energie- und Wasserkostenabrechnung – auch Bundesmodell genannt.
Weil das Abrechnungsmodell resp. der Verteilschlüssel zentral ist für die Nebenkosten, haben Bund, Kantone und der SVW 2017 die VEWA publiziert. 2018 wurde sie um den Teil Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch ergänzt und ist kürzlich aktualisiert neu publiziert worden (siehe Kasten). Für Neubauten ab Baujahr 2017 empfiehlt der Bund, die Energie- und Wasserkostenabrechnung nach dem Modell der VEWA zu machen. «Der Verbrauch in den einzelnen Wohnungen hängt stark vom Verhalten der Bewohnerinnen und Bewohner ab. Es ist darum nur fair, wenn ich nur für die effektiv verbrauchte Menge Energie und Wasser bezahlen muss», erklärt Adrian Grossenbacher. Weiter macht die VEWA auch Empfehlungen für die Darstellung der Abrechnung, damit sie für Mieter und Eigentümerinnen verständlicher wird: «Eine saubere Zusammenfassung der wichtigsten Daten und Kennzahlen ist sehr hilfreich. Die Veränderung der Verbräuche gegenüber dem Vorjahr sowie der Vergleich mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der anderen Wohneinheiten kann das Bewusstsein für den eigenen Verbrauch schärfen und sogar zu Sparbemühungen anregen», erklärt Patrik Lanter.
Unterschiede in den Kantonen
Aus Sicht des Bundesamts für Energie ist daher wünschenswert, dass die VEWA möglichst breit angewendet wird. «Allerdings können wir das den Kantonen nicht vorschreiben, welche für die gesetzlichen Grundlagen der Energie- und Wasserkostenabrechnungen verantwortlich sind», sagt Grossenbacher. So ist der Kanton Basel-Stadt heute eine Ausnahme: er schreibt in seiner Energieverordnung explizit vor, dass für die Energiekostenabrechnung die Grundsätze der VEWA eingehalten werden müssen.
Grosse kantonale Unterschiede gibt es auch in einem weiteren Punkt: «Ob überhaupt eine verbrauchsabhängige Abrechnung gemacht werden muss, hängt von der Grösse der Liegenschaft ab», erklärt SVW-Präsident Patrik Lanter. Einzelne Kantone ziehen die Grenze bei drei, andere bei fünf oder gar bei sieben Einheiten. «Diese Unterschiede sind schwer nachvollziehbar, da die Kosten für solche Abrechnungen nicht wesentlich davon abhängen, für wie viele Wohneinheiten sie gemacht werden», sagt Lanter weiter. Der Verband würde es darum begrüssen, wenn die Kantone die VEWA bereits bei Liegenschaften ab zwei Wohneinheiten als verbindlich erklären würden. Solange dies noch nicht soweit ist, bemüht sich der SVW von sich aus um eine Vereinheitlichung: «Die Mitglieder unseres Verbands wenden die VEWA an», erklärt er. Das heisst, dass von den rund 33 Prozent der Mehrfamilienhäuser, die eine verbrauchsabhängige Wärmekostenabrechnung erhalten, etwa 80 Prozent gemäss den Vorgaben der VEWA gemacht würden.
Wer also wissen will, ob die Nebenkostenabrechnung verbrauchsabhängig berechnet wird, klärt dies am besten bei seiner Verwaltung ab.
Neue Regelung zur Abrechnung des Eigenverbrauchs in der VEWA
Die Abrechnung von Zusammenschlüssen zum Eigenverbrauch (ZEV) ist seit 2018 Inhalt der VEWA. Ein ZEV ermöglicht, dass der Strom vom Dach nicht für 4-6 Rappen pro Kilowattstunde ins Netz abgegeben werden muss, sondern von mehreren Verbrauchen genutzt werden kann. Die Bewohner profitieren von günstigerem Strom, da der vor Ort produzierte Strom oft billiger ist als der Strom vom Netzbetreiber. Eigentümer profitieren von der Amortisation und Verzinsung über den Energieverkauf.
Der ZEV ist seit 2019 nun noch attraktiver. Bisher durfte beim Eigenverbrauchstarif lediglich eine Rendite im Rahmen des ordentlichen Referenzzinssatzes berücksichtigt werden. Je nach Gestehungskosten und Eigenverbrauch kann der Solarstromtarif dann z.B. bei 16 Rp./kWh liegen, währendem ein Standardstromprodukt vom Netzbetreiber z.B. bei 20 Rp./kWh zu liegen kommt. In diesem Beispiel hat der Eigentümer eine kleine Rendite (aktueller Referenzzinssatz bei 1,25%) und der Bewohner einen grossen Nutzen (Solarstrom über 30% günstiger als der Strom aus dem Netz). Um einen Ausgleich und grösseren Anreiz für die Investition in Photovoltaik zu schaffen, darf neu die hälftige Marge zwischen Eigenstromtarif und Standardstromprodukt dem Verbraucher weiterbelastet werden (Profit-Share). In genanntem Beispiel dürfte der Gestehungstarif von 16 auf 18 Rp./kWh erhöht werden. Das ist immer noch deutlich günstiger als der Netztarif und bietet dem Eigentümer einen grösseren Investitionsanreiz. Die 4. Auflage der VEWA wird um diese Regelung erweitert und zeigt die praktische Anwendung im Abrechnungsmodell. Sie können sie auf der Webseite von EnergieSchweiz downloaden oder im Shop der Bundespublikationen kostenlos beziehen.
Sabine Hirsbrunner, Kommunikation BFE
Wieland Hintz, BFE-Fachspezialist Solarenergie
Da kann man ewig darüber streiten, was verursachergerecht ist!
Die neue Regelung beim ZEV ist aber eindeutig zum Ungunsten der Mieter ..
Ob das die Energiewende vorantreiben wird, ist fraglich!