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Nuklearanlagen und regionale Entwicklung


Inwiefern können nukleare Infrastrukturanlagen einen Beitrag zu einer positiven regionalen Entwicklung leisten? Dieser Frage widmete sich eine Fachtagung des BFE am 24. und 25. März 2022 in Zürich unter dem Titel «Best Practices: (Nukleare) Infrastrukturanlagen und Regionale Entwicklung».

Eine Aufgabe des BFE im Sachplan geologische Tiefenlager ist es, in Zusammenarbeit mit den Standortregionen mögliche sozioökonomische Auswirkungen eines Tiefenlagers zu untersuchen. Ausgehend von der Annahme, dass es negative Auswirkungen auszugleichen gilt, erwarten die Standortregionen den Erhalt von Abgeltungszahlungen. Diese sollen für regionale Zwecke zur Verfügung stehen. Solche Mechanismen sind bei Nuklearanlagen sowohl im nationalen wie im internationalen Kontext nicht ungewöhnlich. Um Fallbeispiele zu beleuchten und daraus Lehren für den hiesigen Kontext zu ziehen, hat das BFE Referierende aus Spanien, Belgien und der Schweiz eingeladen.

Einleitend lieferte Roland Scherer von der Universität St. Gallen eine wissenschaftliche Perspektive auf das Thema Regionalentwicklung im Kontext von grossen Infrastrukturprojekten. Gegenstand des belgischen Fallbeispiels waren die Entstehungsgeschichte und die Strukturen einer Stiftung in den zwei Standortgemeinden des belgischen Lagers für schwach- und mittelradioaktive Abfälle, das sich im Bau befindet. Bei Inbetriebnahme des Lagers wird die Stiftung mit einem Kapital von 110 Mio. Euro ausgestattet werden, dessen Erträge während 300 Jahren für regionale Projekte zur Verfügung stehen werden. Im Beitrag der spanischen staatlichen Entsorgungsorganisation (ENRESA) lag der Fokus auf einem gesetzlich definierten Mechanismus zur Ausschüttung von Zuwendungen an Gemeinden mit Nuklearanlagen. Das Fazit von ENRESA nach über zwanzigjährigem Bestehen dieses Finanzierungsmechanismus und der Zusammenarbeit mit über 150 Gemeinden ist, dass eine Ko-Finanzierung von Projekten mit Kostenbeteiligung der begünstigten Gemeinden aus regionalökonomischer Perspektive klar bessere Resultate erzielt als die Auszahlung von zweckungebundenen Beiträgen.

Aus Leibstadt war zu erfahren, dass der Gemeindesteuersatz nach Inbetriebnahme des dortigen Kernkraftwerks massiv gesenkt werden konnte, dass dies jedoch nicht zu bedeutenden strukturellen Veränderungen geführt hat. Neben den fiskalischen Effekten profitiert die Gemeinde Leibstadt durch eine Vereinbarung zum Bezug von Gratisstrom sowie einer Stiftung für kommunale Zwecke vom Kernkraftwerk. Die Gemeinde Würenlingen als Standort des zentralen Zwischenlagers für radioaktive Abfälle hat Einsitz in den Verwaltungsrat der Zwischenlager AG und dadurch Mitsprache in deren Angelegenheiten. Basierend auf einem kürzlich erneuerten Standortvertrag fliessen der Gemeinde jährliche Zahlungen zur freien Verwendung zu. Diese tragen dazu bei, dass der Steuerfuss leicht unter dem kantonalen Durchschnitt liegt.

Über die Herausforderungen einer kleinen Gemeinde im Zusammenhang mit einem grossen (nicht nuklearen) Untertagebauprojekt berichtete Placi Berther, Alt-Gemeindepräsident von Sedrun-Tujetsch, basierend auf den Erfahrungen mit dem NEAT-Bauprojekt. Seine wichtigste Empfehlung an die zukünftige(n) Standortgemeinde(n) eines Tiefenlagers war, frühzeitig eine Rahmenvereinbarung mit der Bau- und Betriebsgesellschaft abzuschliessen. Dadurch könnten insbesondere Synergien im Zusammenhang mit der Ver- und Entsorgung der Baustelle sowie deren verkehrlicher Erschliessung genutzt werden.

Clemens Bolli, Fachspezialist Regionale Partizipation, BFE

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