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Politik und Volk in der Beziehungskrise


Das wichtigste Ergebnis der Demokratiekonferenz 2015 gleich zu Beginn: Was gestern gut war, muss heute überdacht werden. Bereits zum dritten Mal bildete die vom Kanton Aargau und dem Bundesland Baden-Württemberg organisierte Konferenz eine Plattform für Wissenschaft und Politik. Es ging unter anderem um die Frage direkte vs. indirekte Demokratie: Was passiert, wenn die Bürgerinnen und Bürger nicht das letzte Wort haben – sind Stuttgart 21 und Wutbürger und -bürgerinnen das Resultat? Und was, wenn das Schweizer Volk der Einwanderungsinitiative zustimmt – ist ein Staat noch verantwortungsvoll handlungsfähig?

Die Referate und Diskussionen an der Konferenz zeigten, dass es keine einfachen Antworten auf solche Fragen gibt. Fakt scheint, dass Politik und Volk ein Beziehungsproblem haben. Heute werden die Volksvertreterinnen und -vertreter gewählt, morgen sind sie schon Teil der «classe politique». Globalisierung und kultureller Wandel führen zu Individualisierung und neuen Ansprüchen an den Staat. Soziale Bewegungen befassen sich heute nicht mehr mit Weltproblemen wie Hunger, Frieden oder Umweltschutz, sondern mit lokalen Anliegen; es interessiert, was bei mir passiert.

Anhand konkreter Projekte wie Asylheime, Hochspannungsleitungen oder geologische Tiefenlager wurden Handlungsmöglichkeiten für den Einbezug der Bevölkerung diskutiert. Früh, transparent und fair heisst die Devise. Der Einbezug von Betroffenen sowie die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf allen Ebenen – Gemeinde, Kantone, Länder – sind unabdingbar. Das kostet Zeit und Geld und setzt politischen Rückhalt voraus. Mein Fazit: Im Auswahlverfahren für geologische Tiefenlager (Storymap) sind wir auf dem richtigen Weg, aber noch lange nicht am Ziel.

Michael Aebersold, Leiter Entsorgung radioaktive Abfälle BFE

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