Wer ans Klima denkt und ökologisch bauen will, kommt schnell aufs Holz. Weshalb dem Baustoff eine grosse Zukunft vorausgesagt wird und worauf es bei seiner Verwendung ankommt. Zu Besuch bei Familie Marmy in Forel FR. Sie hat sich bewusst für ein Holzhaus entschieden – ein Zuhause mit guter Energiebilanz und Wohlfühlatmosphäre.

«Wir konnten mit dem Haus all unsere Träume verwirklichen», sagt Emmanuel Marmy, Familienvater, KMU-Geschäftsführer und stolzer Besitzer eines Einfamilienhauses in Forel FR. Man glaubt ihm aufs Wort. Das Haus mit der grauen Holzverkleidung sieht stattlich aus. Es steht im Weiler Les Planches zwischen den behäbigen Bauernhäusern. Die Innenräume werden durchflutet von Licht, und es ist viel Holz zu sehen. Geschliffen als Fussboden und weiss lasiert an der Decke der offenen Wohnküche. Von Chalet-Feeling keine Spur, eher schon skandinavischer Wohnkomfort.

«Für uns war immer klar, dass wir mit Holz bauen wollen, das möglichst naturbelassen ist», sagt Emmanuel Marmy, «das Material schafft eine wohltuende Raumatmosphäre.» Sara Marmy ergänzt: «Das sagen auch alle, die zu uns auf Besuch kommen. Die Leute fühlen sich auf Anhieb wohl.» Doch das Ehepaar ist nicht allein deswegen auf den Werkstoff gekommen: Wichtig war, möglichst schadstofffreie Materialien zu verwenden und ökologisch zu bauen. Das neue Daheim, ein Passivhaus, ist denn auch Minergie-P zertifiziert.

Wer ökologisch bauen will, sollte sich zwar Gedanken über geeignete Baumaterialien machen – aber nicht nur. Dazu gehört auch der geringe Energieverbrauch eines Gebäudes, etwa durch eine optimierte Nutzung von Sonnenenergie und eine effiziente Wärmedämmung. Idealerweise sind beim Erstellen und Bewohnen eines Hauses die Auswirkungen auf die Umwelt so gering wie möglich und gleichzeitig hat man eine hohe Lebensqualität.

Will heissen: Wer umweltverträglich baut, greift schonend in den Kreislauf der Natur ein, versiegelt folglich möglichst wenig Fläche oder garantiert eine nachhaltige Entwässerung, indem man zum Beispiel Trink- und Brauchwasser trennt. Selbstverständlich gehört auch ein minimaler Verbrauch von Ressourcen und die Wiederverwendung von Materialien dazu oder eben die Wahl von Baustoffen, welche die Umwelt möglichst wenig belasten – von der Herstellung bis später zum Rückbau.

Holz speichert langfristig CO2
Es gibt zahlreiche natu?rliche Baumaterialien, die diesen Kriterien genügen – und auch zunehmend genutzt werden. So entstehen in der Schweiz immer mehr Privathäuser aus Lehm, Strohballen oder Hanf. Doch am beliebtesten ist Holz. Aus gutem Grund. «Holz belastet das Klima nicht unnötig, so wie andere Baumaterialien – das ist mit Blick auf den Klimawandel wichtig», sagt Sébastien Droz von Lignum, Westschweizer Mediensprecher der Dachorganisation der Schweizer Wald- und Holzwirtschaft. «Im Gegenteil, Holz gilt als langfristiger CO2-Speicher.» Im Bauholz bleibt das CO2, das die ungefällten Bäume der Luft entzogen hatten – etwa eine Tonne pro Kubikmeter Holz – über Jahrzehnte gebunden.

Wer mit Holz baut, hofft darauf, auch sonst das Klima zu schonen – weil weniger Beton oder Stahl verwendet wird, dessen Produktion das Klima stark belastet. Dazu kommt, dass Holz ein nachwachsender Rohstoff und lokal verfügbar ist. Eine nachhaltige Waldbewirtschaftung sorgt in der Schweiz dafür, dass Holz für die stoffliche Verwertung, also für die Herstellung von Bauteilen, Möbeln oder Papier auch in Zukunft zur Verfügung steht. Dennoch gibt es auch folgende Punkte zu bedenken: Holzbauten benötigen mehr Wartung und Unterhalt als Betonhäuser und müssen überdies – gemessen an den heutigen Ansprüchen – eher saniert werden. Die Erneuerung von Bauteilen geht immer auch einher mit Material- und Ressourcenverbrauch. Zudem verfügen beispielsweise Beton-Massivbauten über eine grössere thermische Masse, um darin Wärme zu speichern, was Heizenergie spart.

Oft geht in den Berechnungen vergessen, dass das Naturmaterial u?ber weite Strecken transportiert wird, um es zu verarbeiten. Auch das Schweizer Rund- und Schnittholz wird zu 80 bis 90 % im europäischen Ausland weiterverarbeitet, nicht zuletzt aus Kostengru?nden. Ebenso kommt in der Schweiz verbautes Holz zum Teil von weit her.

Holzhäuser stehen zudem im Ruf, teuer und brandgefährdet zu sein. Diese beiden Vorurteile entkräftet jedoch Holzbauingenieur Droz: «Wenn man Gleiches mit Gleichem vergleicht, ist das Preisargument hinfällig.» Holzbauten seien qualitativ hochwertig und bewegten sich auf gleichem Preisniveau wie entsprechende Bauten aus Beton und Backstein. Was die Brandsicherheit angeht: «Holz ist genauso sicher wie andere Materialien. Es muss denselben Brandschutzvorschriften genu?gen.»

Hochhäuser aus Holz
Der Holzbau hat sich in der Schweiz in den vergangenen Jahren stark entwickelt und ist mittlerweile zu einem interessanten Markt innerhalb der Bauwirtschaft geworden. Knapp jedes fünfte Einfamilienhaus wird heute aus Holz gebaut. Einer, der diesen Aufschwung aus der Nähe miterlebt hat, ist Conrad Lutz aus Freiburg, ein Pionier des ökologischen Bauens. Der mittlerweile pensionierte Architekt hat seinen ersten Holzbau, ein Ferienhaus in Giez VD, bereits 1974 realisiert. «Der Durchbruch ging stärker von den Ingenieuren aus als von den Architekten», sagt er. «Unter Architekten war Holz verpönt, und wer, wie ich, trotzdem damit bauen wollte, musste innovativ sein und kämpfen.»

Seit den gelockerten Brandschutzvorschriften für Holzbauten scheint es für den Einsatz des nachwachsenden Baustoffs keine Grenzen mehr zu geben. In Malley bei Lausanne entsteht zurzeit das erste Holzhochhaus der Romandie. Es wird 60 Meter hoch. In der Deutschschweiz peilt das geplante Hochhaus «Rocket» in Winterthur die magische Grenze von 100 Metern Höhe an. Viel zu reden gibt in der Branche ein weiteres Vorzeigeprojekt: Am Flughafen Zürich soll das in die Jahre gekommene Dock A mit einem Bau grösstenteils aus Holz ersetzt werden. Der Baustart ist 2030 vorgesehen. Die Bausumme beträgt mehrere hundert Millionen Franken. Gibt es für solch gigantische Bauvorhaben genügend heimisches Holz? Sébastien Droz von Lignum entwarnt. Ohne unsere Wälder zu übernutzen, könnten zusätzlich rund drei Millionen Kubikmeter Holz pro Jahr geerntet werden. «Das entspricht dem Materialbedarf von 25 000 bis 30 000 Einfamilienhäusern.»

Baustoff mit Zukunft
Noch sind die Möglichkeiten des Baumaterials längst nicht ausgeschöpft. Der österreichische Unternehmer und Förster Erwin Thoma etwa hat ein massives Holzhaus-Bausystem entwickelt, das ausschliesslich auf Holzdübeln basiert und ohne Leim oder Metallverbindungen auskommt. Der Schweizer Holzbauingenieur Stefan Zöllig hat in seinem eigenen Haus bewiesen, dass sich alles aus Holz bauen lässt – sogar der Keller. Allerdings sorgen die aussenliegende Abdichtung und eine automatische Entfeuchtungsanlage dafür, dass die Holzkonstruktion im Boden keinen Schaden nimmt.

Auch Holzbaupionier Conrad Lutz ist davon überzeugt, dass der «Holzweg» in der Schweiz noch lange nicht erschlossen ist. Die Vorzeichen dafür sind gut: Unter anderem gebe es im ganzen Land Holzbaufirmen mit dem nötigen Know-how. Auch Ingenieure und Architekten seien mittlerweile auf diesem Gebiet gut ausgebildet. «Für einen Architektur-Narren wie mich, der Holz liebt, ist das natürlich erfreulich – und für die Gesellschaft sehr wohltuend.»

Adaptierter Text aus dem Energiejournal von EnergieSchweiz
Bild: Symbolbild ©shutterstock

 

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