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Elektrizitätswirtschaft: wie weiter?

Gast-Blog des ehemaligen BFE-Direktors Eduard Kiener (1977-2001)

Die schwierige aktuelle Situation der grossen Elektrizitätsproduzenten ist bekannt. Sie leiden unter den nicht kostendeckenden Strompreisen. Nicht nur Alpiq und Axpo schreiben rote Zahlen, sondern auch grosse deutsche Unternehmen. Im Wesentlichen gibt es dafür drei Gründe, über deren Gewichtung allerdings unterschiedliche Einschätzungen bestehen:

  • Der europäische Strommarkt ist gut versorgt, die erneuerbaren Energien werden ausgebaut, die Kohlekraftwerke produzieren auf hohem Niveau, gleichzeitig stagniert der Verbrauch.
  • Die kostendeckende Förderung der neuen erneuerbaren Energien und ihr Vorrang bei der Einspeisung ins Netz führen dazu, dass die so genannte Merit-Order verzerrt wird. Die Subventionierung und nicht die effektive Kostensituation entscheidet, welche Stromerzeugungstechnologien zum Zuge kommen. Die tiefen Preise an den Strombörsen bewirken, dass Wasser- und Kernkraftwerke ihre Produktionskosten nicht mehr erwirtschaften können.
  • Die (Teil-)Liberalisierung des Strommarkts führt dazu, dass die Stromkonsumenten und Verteilunternehmen vom freien Strommarkt und von dessen tiefen Preisen profitieren.

Die aktuellen Schwierigkeiten der Stromproduzenten wurden zu einem grossen Teil durch Änderungen der in- und ausländischen gesetzlichen Rahmenbedingungen hervorgerufen. Verschiedene EVU sind aber mitschuldig an ihrer schlechten Situation, haben sie doch teure Investitionen in ausländische Wind-, Fotovoltaik-, Gas- oder Kohlekraftwerke getätigt, die teilweise Millionenabschreibungen eingebracht haben. Für die Wasserkraft sucht nun das Parlament im Rahmen der Energiestrategie 2050 nach Korrekturmassnahmen.

Die alte Stromwelt

Die dank ihrer Netze monopolistischen Elektrizitätswerke erzeugten die von ihren Abnehmern benötigte Elektrizität in eigenen Anlagen oder in Partnerwerken selber, falls nötig wurde Strom zugekauft, Überschüsse konnten am auf wenige Player beschränkten Markt verwertet werden. Die Elektrizitätswerke fühlten sich für die sichere Versorgung ihrer Konsumenten verantwortlich, teilweise waren sie vertraglich dazu verpflichtet. Eigenproduzenten, heute Prosumer genannt, waren rar und beschränkten sich weit gehend auf Industrieunternehmen.

Das (Gebiets-)Monopol ermöglichte der Elektrizitätswirtschaft, die notwendigen Investitionen in langlebige Produktionsanlagen und Netze zu finanzieren und zu realisieren, neuere Anlagen wurden anfänglich durch ältere querfinanziert. Der durch Ingenieure geprägte, fast vollständige Ausbau der schweizerischen Wasserkraft und die Erstellung der Kernkraftwerke wären heute nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern auch wegen politischen Widerständen kaum mehr denkbar. Anderseits erlaubte das Monopol, neben diesen positiven Aspekten, auch eine komplizierte Struktur der Elektrizitätswirtschaft mit zu vielen Akteuren (etwa 800 grössere bis kleinste Elektrizitätswerke), die nicht zukunftstauglich sein kann.

Die neue Stromwelt

Die Strommarktliberalisierung und die verstärkte Förderung der erneuerbaren Energien verändern die Stromwirtschaft grundsätzlich. Der Konsument kann im liberalisierten Strommarkt seinen Lieferanten frei wählen. Im Gegenzug ist der Verteilnetzbetreiber nurmehr für die Versorgungssicherheit seiner eigenen Stromkunden verantwortlich. In der liberalisierten Stromwelt muss sich, anders als im Monopol, kein Akteur für die sichere Stromversorgung zuständig fühlen. Eine Ausnahme bilden die Netzbetreiber für ihr Netz, da dieses zwangsläufig ein natürliches Monopol bleibt. Für den sicheren Betrieb des Übertragungsnetzes ist die quasistaatliche Netzgesellschaft Swissgrid zuständig, für die übrigen Netze haben deren Betreiber zu sorgen; der Bund kann bei sich abzeichnenden Produktionsengpässen subsidiär eingreifen.

Das zweite konstitutive Element der neuen Stromwelt ergibt sich durch die politisch erwünschte Förderung der neuen erneuerbaren Energien. Dabei genügt es nicht, durch hohe Subventionen immer mehr Energie – die überwiegend fluktuierend anfällt – zu produzieren. Zusätzlich müssen die Stromspeicherung und das Netz zwingend ausgebaut und die Instrumente der Netzregelung verstärkt werden. Damit die erforderlichen Investitionen getätigt werden können, ist eine gesunde, finanzstarke Elektrizitätswirtschaft notwendig. Davon kann heute keine Rede sein. Die Förderung der erneuerbaren Stromerzeugung durch die Kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) und die Einspeisepriorisierung schwächen die nicht subventionierten Stromproduzenten. Investitionen in Wasserkraftwerke lassen sich heute nicht finanzieren. Damit wird unsere Stromversorgung gefährdet und der Übergang von der alten zur neuen Stromwelt behindert.

Die Geschäftsmodelle der EVU ändern sich. Der Stellenwert der traditionellen Stromerzeugung ist gesunken, dafür sucht die Elektrizitätswirtschaft nun selber von den KEV-Subventionen zu profitieren. Ein neues Betätigungsfeld sind Dienstleistungen, was grundsätzlich sinnvoll ist. Statt Planungs- und Installationsunternehmen (die viele Elektrizitätswerke früher betrieben und später veräussert oder aufgegeben haben) aufzubauen, werden sie häufig im In- und Ausland zugekauft. Diese Vorwärtsstrategie beinhaltet Risiken, besonders wenn sie fremdfinanziert ist. Die EVU sollten vor allem ihre spezifischen Stärken und Kenntnisse für integrale Energielösungen mit hohem Kundennutzen ausspielen. Beispiele dafür sind die Unterstützung der Kunden durch Contracting und bei der technischen und wirtschaftlichen Netzintegration der dezentralen Stromerzeugung. Eine weitere Einnahmequelle sind die Netze, welche mit regulierten Renditen einen nicht unwesentlichen Betriebsertrag bringen.

Früher oder später wird sich eine verursachergerechte Netztarifierung aufdrängen. Die Netzkosten werden heute vollumfänglich den Konsumenten angelastet. Das Netz dient aber auch den kommerziellen Bedürfnissen der Elektrizitätsunternehmen und den Prosumern, welche zwar das Netz weniger belasten als reine Konsumenten, aber die Systemdienstleistungen nutzen, diese aber nicht oder nur teilweise bezahlen.

Der Wandel von der alten zur neuen Stromwelt bringt Gewinner und Verlierer

Gewinner sind die Verteilwerke, die zwar teilweise eigene Wasserkraftwerke und Beteiligungen an Partnerwerken besitzen, aber früher zu einem grossen Teil durch die Überlandwerke versorgt wurden. Sie können nun den Strom günstig am freien Markt beziehen, bleiben aber gleichzeitig gegenüber ihren festen Energieverbrauchern weiterhin Monopolisten. Verbessert hat sich auch ihre verbandspolitische Stellung im früher von den Überlandwerken dominierten VSE.

Verschlechtert hat sich dagegen die Situation für die grossen Stromerzeuger mit nicht subventionierten Wasser- und Kernkraftwerken und/oder langfristigen Bezugsverträgen. Dies gilt vor allem für Alpiq, Axpo und Repower. Die Axpo droht gar nicht nur wegen der Strommarktsituation, sondern auch an der Heimfront zu verlieren. Verschiedene ihrer Besitzerkantone denken angesichts ausbleibender Dividenden an den Verkauf ihrer Aktien mit der Begründung, die Beteiligung habe keine strategische Bedeutung mehr. Der BKW geht es besser, nicht zuletzt weil sie selber auch feste Endverbraucher versorgt.

Wer soll der Elektrizitätswirtschaft bei ihren wirtschaftlichen Problemen beistehen, der Bund oder die Kantone?

Der Bund hat zwar mit der Liberalisierung und der Einspeisevergütung einen Teil der Schwierigkeiten zu verantworten, es ist aber daran zu erinnern, dass die Stromwirtschaft zu mehr als vier Fünfteln den Kantonen und Gemeinden gehören, welche in der Vergangenheit damit gutes Geld verdient haben und teilweise heute noch profitieren. Es dürfen nicht nur die Stromkonsumenten via Netzzuschlag zur Kasse gebeten werden; auch die Besitzer der EVU müssen ihren Beitrag leisten.

Wasserkraft: weiterhin Rückgrat der schweizerischen Stromversorgung

Dass selbst die Wasserkraft unwirtschaftlich geworden ist, hat Öffentlichkeit und Politik aufgeschreckt. Versorgungssicherheit und Netzstabilität sind ohne wirtschaftlich stabile Wasserkraft nicht zu haben:

  • Sie muss auch weiterhin etwa 60 % des schweizerischen Stromaufkommens liefern.
  • Sie ist die beste Form der erneuerbaren Stromerzeugung, das noch vorhandene Potenzial ist soweit ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen.
  • Der Bedarf an saisonalem Ausgleich steigt, die Kapazitätserhöhung der Speicherseen ist die einzig technisch sinnvolle und wirtschaftliche Lösung.
  • Die Netzregelung wird mit zunehmender Einspeisung von Wind- und Fotovoltaikstrom immer schwieriger. Die Wasserkraft (Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke) bleibt dafür am besten geeignet. Lastmanagement und Batterien können die Regelfunktion der Wasserkraft unterstützen, aber nicht ersetzen.

Die Wasserkraftwerke müssen wieder konkurrenzfähig werden. Dabei genügt es nicht, sie durch Subventionen mehr oder weniger gut über die Runden zu bringen, sie müssen vielmehr in der Lage sein, die nötigen Investitionen zu stemmen. Es deshalb ist fahrlässig, wenn „Energieexperten“ leichthin erklären, man müsse mit Konkursen von EVU leben.

Nicht nur die Lauf- und Speicherwerke leiden unter den aktuellen Marktbedingungen, sondern auch die Pumpspeicherwerke. Ihr Geschäftsmodell wurde innerhalb kurzer Zeit durch die starke europäische Fotovoltaikförderung grundlegend infrage gestellt, sie können immer seltener wirtschaftlich produzieren. Zudem kommen die neuen Pumpspeicheranlagen in einem ungünstigen Moment auf den Markt, da die Versorgung noch nicht auf Erneuerbare umgestellt ist und gleichzeitig billige fossile Erzeugung zur Verfügung steht. Der Stellenwert der Pumpspeicherung wird aber wieder steigen, jedenfalls wenn die Marktverzerrungen eliminiert werden und der CO2-Preis eine angemessene Höhe erreicht. Die Durststrecke dürfte noch andauern.

Das Problem Wasserzinsen

Die Wasserrechtsabgaben und Konzessionsgebühren (2013: 565 Mio. Fr.) sind mit 1,4 Rp./kWh – bei Produktionskosten von etwa 6 Rp./kWh und Marktpreisen von etwa 3 Rp./kWh – ein bedeutendes Kostenelement. Sehr wichtig sind sie aber auch für die Kassen der Gebirgskantone und verschiedener Gemeinden, die einen Grossteil der Wasserzinsen erhalten und keine Bereitschaft zeigen, über deren Höhe zu diskutieren.

Für die Wasserzinsen werden verschiedene Begründungen angeführt: Sie seien Entgelt für den Rohstoff Wasser oder für das zur Verfügung stellen von Raum und Landschaft; sie würden dem Erhalt der dezentralen Besiedlung dienen, da wirtschaftlich eher schwache Regionen profitieren. Zudem wird immer wieder angeführt, die aus der Wasserkraft erzielten Gewinne würden vor allem in den Mittellandkantonen anfallen; die Elektrizitätsstatistik zeigt jedoch, dass dies nicht stimmt, die Wasserzinsen sind deutlich höher als die gesamten direkten Steuern aller erfassten Elektrizitätsunternehmen. Zudem entsteht den konzedierenden Kantonen und Gemeinden beachtlicher regionalwirtschaftlicher Nutzen durch Arbeitsplätze, Steuern, Erschliessung und touristische Attraktivität der Kraftwerke, teils auch ihrer Transportanlagen und durch Gratisenergie.

Eine stringente ökonomische Begründung für die Wasserzinsen und ihre Höhe ist nicht erkennbar. Eine marktwirtschaftliche Bestimmung ist nur im Moment der Investitionsentscheidung möglich. Da das jeweilige Wasserzinsmaximum durch das Gesetz bestimmt wird, unterliegen die Wasserkraftwerke nach ihrer Erstellung nicht nur dem üblichen wirtschaftlichen, sondern auch einem unwägbaren politischen Risiko. Dies zeigt sich in der Entwicklung der Wasserzinsen: Sie wurden in den letzten 30 Jahren vervierfacht.

Versorgungssicherheit

Die schweizerische Gesetzgebung regelt die Versorgungssicherheit im Strombereich nur ungenügend. Deshalb muss sich, wie oben festgehalten, niemand in der Energiewirtschaft vollumfänglich für dieses zentrale Ziel der Energiepolitik verantwortlich fühlen. Dabei sind zwei Bereiche zu beachten:

  • Die langfristige Versorgungssicherheit erfordert eine ausreichende Infrastruktur (Produktionsanlagen, Speicher und Netze), die den strukturellen Änderungen (steigende dezentrale und meist fluktuierende Einspeisung, reduzierte Bandenergiekapazität) Rechnung trägt. Das Stromversorgungsgesetz hat mittel- und langfristig zu befürchtende Energieverknappungen im Fokus. Der notwendige umfassende Ausbau des Stromssystems wird nicht geregelt.
  • Die Verantwortung für die betriebliche Versorgungssicherheit liegt im Wesentlichen bei den Netzbetreibern und zwar vor allem bei der Schweizerischen Netzgesellschaft Swissgrid, welche die erforderlichen Regelungs- und Ausgleichskapazitäten zukaufen muss, aber keine eigene Kraftwerke betreiben darf. Die entsprechend den Zielen der Energiestrategie 2050 steigende dezentrale, fluktuierende Einspeisung stellt neue Herausforderungen an die Swissgrid und es ist nicht unwahrscheinlich, dass ihr längerfristig die regelfähige Wasserkraft unterstellt oder gar verkauft werden muss, damit die Netzstabilität gesichert werden kann.

Die dezentrale Stromerzeugung, Batterien und auch das Demand Side Management können Beiträge zur Netzregelung leisten. Die Wasserkraft bleibt aber, wegen ihren hohen Leistungsgradienten, die massgebliche Regelenergie.

Stromaussenhandel und Verhältnis zur EU

Der internationale Stromverbund war für die grossen schweizerischen Elektrizitätswerke seit langem von wesentlicher Bedeutung, er ermöglichte den teilnehmenden Ländern, ihre Produktionskapazitäten optimal einzusetzen, die Reservekapazitäten zu minimieren und temporäre Überschüsse zu verwerten. Für die Schweiz ergaben sich daraus Einnahmenüberschüsse; am höchsten waren diese im Jahre 2008 mit 2115 Mio. Fr., seither sinken sie, im Jahre 2015 auf nurmehr 234 Mio. Fr. Damit verliert der Stromaussenhandel wirtschaftlich an Bedeutung; die Anbindung an das europäische Netz bleibt trotzdem für die Versorgungssicherheit wesentlich, denn unser Land ist immer mehr auf Stromimporte angewiesen.

Die Beziehungen zur EU sind für die schweizerische Stromwirtschaft zentral. Gegenwärtig wird sie durch das Fehlen eines Stromabkommens benachteiligt und die Schweiz läuft Gefahr, von einem künftigen europäischen Höchstspannungsnetz umfahren zu werden. Ohne geregelte Beziehungen zur EU werden die Schwierigkeiten für unsere Elektrizitätswerke noch zunehmen und deren wirtschaftliche Gesundung weiter erschweren.

Lösungsansätze

Im Transformationsprozess hin zur neuen Stromwelt sind Politik, Elektrizitätswirtschaft und Konsumenten gefordert. Dabei geht es nicht nur um die Bereinigung der aktuellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der grossen Stromerzeuger – Alpiq, Axpo, Repower -, sondern auch um die spezifischen Probleme der Wasserkraft und um den für die Versorgungssicherheit wichtigen Ausbau des Stromsystems. Dazu stehen verschiedene mehr oder weniger realistische, teilweise überschneidende oder auch widersprüchliche Massnahmen im Raum:

Stromproduzenten ohne eigene gefangene Endverbraucher

  • Sie leiden unter den nicht kostendeckenden Strompreisen. Die sinnvollste, aber angesichts der bisherigen parlamentarischen Entscheide unwahrscheinliche Massnahme wäre der Verzicht auf die KEV und auf die Einspeisepriorisierung der neuen Erneuerbaren und der Übergang zu einer marktgerechteren Förderung.
  • Grundsätzlich könnte auch die Liberalisierung rückgängig gemacht werden, mit regulierten Monopolen, was jedoch ein Stromabkommen mit der EU verunmöglichen würde. Die heutigen Profiteure des Teilmonopols – kantonale, regionale und kommunalen Werke – könnten dieses wohl erfolgreich verteidigen.
  • Die überfällige vollständige Liberalisierung des schweizerischen Strommarkts würde die Monopolposition der Verteiler beseitigen und die Schwächen und Stromproduzenten auf dem inländischen Markt stärken.

Wasserkraft

  • National- und Ständerat möchten im Rahmen der Energiestrategie 2050 Not leidende Wasserkraftwerke mit zwei unterschiedlichen Subventionsmodellen stützen, also die negativen Konsequenzen der KEV-Subventionen durch neue Subventionen bekämpfen. Solch fragwürdige Subventionsvorschläge und -beschlüsse schienen bis vor kurzem undenkbar. Man sollte besser die Gründe für die Marktverzerrungen angehen.
  • Von Kantonsseite wird eine Quotenregelung vorgeschlagen. Die Stromversorger müssten ihren Konsumenten einen Strommix liefern, der einen vorgegebenen Anteil schweizerischer erneuerbarer Energie (Wasserkraft und neue Erneuerbare) enthielte.
  • Für die Wasserzinsen könnte ein Sockelbeitrag und ein marktabhängiger Zuschlag erhoben werden.
  • Eine weitere Möglichkeit wären Importabgaben auf fossil erzeugtem Strom.

Ausbau des Stromsystems

  • Zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit sind die notwendigen gesetzlichen Massnahmen zu erlassen. Die einschlägigen Bestimmungen des StromVG zur Stromerzeugung sollten stringenter und vorausschauender formuliert werden. Der Ausbau des Speicherung und Pumpspeicherung ist im Gesetz zu regeln, ebenso der umfassende Zugriff der Swissgrid auf die für die Regelung geeigneten Kapazitäten.

Fazit

Die schwierige Situation der Stromerzeuger, insbesondere der Wasserkraftwerke, lässt sich nicht leicht verbessern. Die Marktverzerrungen werden zum grossen Teil durch das Ausland verursacht und Änderungen der schweizerischen Energiepolitik haben europäisch nur marginale Auswirkungen. Trotzdem muss unser Land die in seiner Macht liegenden Verbesserungen durchziehen. Dabei dürfen staatliche Massnahmen nicht dazu führen, dass weitere Verwerfungen auftreten, die nach neuen Massnahmen rufen. Bevor finanzielle Massnahmen ins Auge gefasst werden, sollten die Ursachen der Misere angegangen werden.

  • Die Förderung der neuen erneuerbaren Energien muss möglichst marktgerecht erfolgen. Dies verlangt die Abschaffung der Kostendeckenden Einspeisevergütung (bzw. deren partielle Ersetzung durch Investitionsbeiträge) und der Einspeisepriorisierung. Prosumer decken ihren Bedarf zuerst durch eigene Erzeugung und verwerten temporäre Überschüsse am Strommarkt, also zum jeweiligen Marktpreis.
  • Der Strommarkt muss vollständig liberalisiert werden, d.h. auch Kleinkonsumenten können ihre Stromlieferanten frei wählen, sich insbesondere auch von Prosumern beliefern lassen.
  • Zur Stützung der Wasserkraft drängen sich Quoten für die erneuerbare Stromerzeugung auf, die auch den Prosumern bei der Verwertung ihrer Überschüsse am Markt dienen. Die Quoten wären eine elegantere Massnahme als Importabgaben auf fossil erzeugtem Strom.
  • Für die Wasserzinsen ist der Vorschlag Sockelbetrag plus marktabhängiger Zuschlag aufzunehmen.
  • Die Energiegesetzgebung ist durch die notwendigen Vorgaben zur Versorgungssicherheit zu ergänzen, es fehlt die Sicherstellung der Stromerzeugung und der systemrelevanten Speicherung und Pumpspeicherung.

Neue (Hilfs-)Subventionen wären der fatalistische Versuch, eine Falschentwicklung durch Symptomtherapie zu korrigieren. Sollte das hier vorgeschlagene Massnahmenpaket nicht ausreichen und würden die betroffenen Kantone und Gemeinden die Verantwortung für ihre EVU nicht übernehmen, müssten also trotzdem Subventionen eingesetzt werden, wäre eine Verstaatlichung der Stromerzeugung durch den Bund zu überlegen. Er würde damit nicht nur politisch, sondern auch operativ für die sichere Stromversorgung verantwortlich. Dieser Vorschlag ist natürlich sehr provokant, liegt aber auf der Hand, falls die aktuellen Mehrheitsbesitzer der Stromwirtschaft, Kantone und Gemeinden, nicht willens oder in der Lage sind, ihre Unternehmen ausreichend zu stützen.

Hier werden Kritiker staatlicher Infrastrukturen vermerken, man sollte besser die Elektrizitätswirtschaft privatisieren. Nur: wer kauft Wasser- und Kernkraftwerke, die ihre vollen Kosten nicht decken können und durch subventionierte, privilegierte dezentrale Stromerzeuger und durch ausländische Kohlekraftwerke konkurrenziert werden? Welcher Private ist bereit, die notwendigen Investitionen zu tätigen?

Eduard Kiener, ehemaliger BFE-Direktor (1977-2001)

 

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