Schlagwortarchiv für: Regulierung

Elektroauto, E-Bike, geteilte Mobilität: In der Mobilität tut sich einiges punkto Nachhaltigkeit. Doch es stellen sich neue Fragen. Was bedeutet die zunehmende Elektrifizierung des Verkehrs für das Stromnetz? Wie können die erneuerbaren Energien optimal dafür genutzt werden? Braucht es neue Regulierungen? Ändert sich auch das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung? Im Energieforschungskonzept des Bundes ist die Mobilität deshalb eines der vier Schwerpunktthemen.

Das Ziel ist klar: Bis 2050 soll der Verkehr unter dem Strich keine Treibhausgasemissionen mehr ausstossen (Netto-null). Das heisst insbesondere: Schluss mit Fahrzeugen mit fossilen Antrieben auf der Strasse. Mittlerweile haben sich alternative Antriebstechnologien etabliert, insbesondere der batterie-elektrische Antrieb bei Personenwagen. Auch der Schwerverkehr setzt zunehmend auf Strom, aber auch auf weitere alternative Treibstoffe wie zum Beispiel Wasserstoff. Selbst in der Luft- und Schifffahrt sind alternative Antriebe ein Thema. Der Umstieg läuft also, hat aber Konsequenzen: Es braucht mehr Strom, das Stromnetz soll diesen zusätzlichen Bedarf bewältigen können, ohne dass massiv in die Infrastruktur investiert werden muss. Zudem braucht es flexible Lösungen, denn Sonne und Wind liefern nicht ständig Strom.

Es besteht weiterhin viel Forschungsbedarf, sagt Luca Castiglioni. Er leitet das Forschungsprogramm Mobilität im Bundesamt für Energie und erklärt, wozu genau geforscht werden soll.

Energeiaplus: Die Abstimmung von Produktion, Transport und Nutzung von Strom ist ein zentraler Punkt für die Energiezukunft. Was will die Forschung in dieser «Energiekette» leisten?

Luca Castiglioni ist beim Bundesamt für Energie Leiter Forschungsprogramm Mobilität. Bild: zvg

Luca Castiglioni: Unser bisheriges Verkehrssystem beruht zu einem grossen Teil auf fossilen Energieträgern. Diese können leicht gelagert werden, haben eine hohe Energiedichte und sind jederzeit verfügbar. Allein die Elektrifizierung des Strassenverkehrs führt zu einem Mehrverbrauch von 14-17 TWh Strom, was rund einem Viertel des derzeitigen Verbrauchs entspricht. Mit dem neuen Stromgesetz ist ein Zubau von rund 45 TWh zusätzlicher, erneuerbarer Produktion vorgesehen. Der Mehrverbrauch kann grundsätzlich also gut gedeckt werden.

Um hohe Systemkosten für Speicherung und Verteilung des Stroms zu vermeiden, ist es aber relevant, dass der Verbrauch, d. h. das Laden der Fahrzeuge, insbesondere zeitlich, aber auch räumlich gut mit dem Produktionsprofil der erneuerbaren Energieträger, insbesondere der Photovoltaik abgestimmt wird. Forschungsbedarf gibt es da, wo der Solarstrom nicht direkt vom eigenen Dach und ohne Umwege in die Batterie des Autos geladen werden kann. Da gilt es, noch bessere, effizientere Wege zu finden.

Die Elektromobilität soll das Stromnetz also nicht unnötig belasten und könnte sogar die Stabilität und Flexibilität des Netzes insgesamt erhöhen. Bidirektionales Laden (V2X) ist das Stichwort dazu. Das V2X Suisse Projekt des Carsharing-Anbieters Mobility hat gezeigt, dass das E-Auto grundsätzlich als Speicher für überschüssigen Strom dienen und damit das Netz stabilisieren kann, ohne dass die Nutzerinnen und Nutzer einen Nachteil haben. Was braucht’s in diesem Bereich noch für neue Erkenntnisse?

Dieses vom BFE geförderte Demonstrationsprojekt hat vor allem zwei Sachen gezeigt: Batterien von Elektroautos sind geeignet, um das Verteilnetz zu stabilisieren oder Systemdienstleistungen (Regelenergie zum Ausgleich von Schwankungen im Stromnetz) anzubieten. Diese Prozesse laufen im Hintergrund, ohne dass der Car-Sharing Betrieb eingeschränkt werden muss. Im Verlauf des Projekts zeigten sich aber auch die Herausforderungen. Aufgrund der hohen Kosten für die bidirektionale Ladeinfrastruktur und fehlenden lukrativen Geschäftsmodellen, ist es zurzeit nicht möglich, mit V2X Geld zu verdienen.

Mit einem Anteil von 31% ist der Verkehr derzeit noch der grösste Verursacher von Treibhausgasemissionen. Zudem: 38% des Energieverbrauchs gehen aufs Konto des Transportsektors, auch das ein Spitzenplatz. Eine aktuelle BFE-Studie zur Elektromobilität prognostiziert, dass bereits Mitte des nächsten Jahrzehnts die Hälfte der Autos elektrisch unterwegs sein wird.

Ein weiteres Hindernis ist die beschränkte Auswahl an Elektroautos, die V2X unterstützen und die unzureichende Interoperabilität der Ladeinfrastruktur. Das hat zur Folge, dass nur bestimme Kombinationen von Ladestation und Automodell zusammenpassen. Im technischen Bereich müssen also Ladeinfrastruktur und Standards weiterentwickelt werden, um die Kosten zu senken und volle Interoperabilität zu garantieren. Aus systemischer Sicht muss geprüft werden, wo die Flexibilität durch V2X am besten genutzt werden kann und wie sich daraus lukrative Geschäftsmodelle entwickeln können. Hier gibt es durch das neue Stromgesetz ein paar entscheidende Änderungen, deren Auswirkungen genau verfolgt werden müssen. Es gibt also durchaus noch weiteren Forschungsbedarf in diesem Bereich.

Privatautos eignen sich aufgrund der geringen Tagesdistanzen besonders für bidirektionales Laden (V2X). Dafür müssen Autofahrerinnen und Autofahrer bereit sein, die Batterie in diesem Sinne zu nutzen und allenfalls auch externen Zugriff darauf zu gewähren. Gibt es dazu auch Forschungsprojekte?

In einem ersten Forschungsprojekt (IncentV2G) wurde untersucht, ob spezielle Stromtarife den Einsatz für V2X begünstigen können. Dabei hat sich gezeigt, dass die Leute wenig preissensitiv sind und nur wenige bereit waren den speziellen Tarif zu nutzen, welcher dem Verteilnetzbetreiber im Gegenzug erlaubte, den Ladevorgang zu steuern. Es zeigt sich auf jeden Fall, dass es unkomplizierte Tarifstrukturen braucht und die Kunden für die angebotene Flexibilität auch adäquat vergütet werden müssen.

Das Forschungskonzept sieht auch Forschungsbedarf bei den Batterien. Was für Fragen soll die Forschung beantworten?

Die Batterie ist die teuerste und in der Herstellung energie- und ressourcenintensivste Komponente eines Elektromobils. Beim CO2-Fussabdruck in der Herstellung wurden aber bereits beträchtliche Fortschritte erzielt. Mit der zunehmenden Verbreitung der Elektromobilität steigt einerseits der Druck auf die kritischen Rohstoffe, andererseits steigt auch die Anzahl von Batterien, die ihr Lebensende erreichen. Obwohl der allergrösste Teil der Rohstoffe in Batterien zurückgewonnen werden kann, sind die Prozesse noch nicht effizient genug und zu teuer. Es geht also vor allem darum, wie die Prozesse effizienter gestaltet werden können, aber z. B. auch, wie mit unterschiedlichen Batteriechemien umgegangen werden kann. Wichtig ist auch, den sogenannten «State of Health», also den Zustand der Batterie exakt bestimmen zu können. Denn nur so kann entschieden werden, ob die Batterie weiterhin gebraucht werden kann, z. B. in einem Occasionsfahrzeug, ob sie sich noch für stationäre Anwendungen eignet oder direkt dem Recycling zugeführt werden soll.

Im Forschungskonzept sind auch grundsätzliche Themen im Zusammenhang mit Mobilität aufgeführt. Zum Beispiel das individuelle Mobilitätsbedürfnis, das Mobilitätsverhalten und die Verkehrsmittelwahl. Warum?

Die Elektromobilität ist die wichtigste und effizienteste technische Massnahme, um die CO2-Emissionen im Strassenverkehr zu reduzieren. Noch weniger Emissionen können durch generelle Verkehrsvermeidung oder den Umstieg auf nachhaltigere Transportmittel erreicht werden, allen voran natürlich der öffentliche Verkehr, aber unbedingt auch Aktiv- und Langsamverkehr. Gerade das E-Bike hat hier in den letzten Jahren einige Leute bei kürzeren und mittleren Distanzen zum Umstieg bewegt. Digitalisierung und neue Arbeitsmodelle (Homeoffice) reduzieren den Pendelverkehr und einen Teil der beruflichen Mobilität zusätzlich. Auch die Raumplanung hat einen massgeblichen Einfluss auf das Mobilitätsverhalten. Es zeigt sich aber auch, dass eine Reduktion der beruflichen Mobilität häufig das Bedürfnis nach Mobilität in der Freizeit erhöht – hier spricht man von einem Rebound Effekt. Es ist also wichtig, die Mobilität in ihrer Gesamtheit zu betrachten und dabei auch zu erforschen, wie sich technische Neuerungen und gesellschaftliche Veränderungen darauf auswirken.

Mobilität braucht auch Platz – sprich Strassen, Parkplätze, Garagen. Setzt die Forschung hier auch an?

Das Forschungsprogramm des BFE fokussiert vor allem auf energetische Aspekte und auf die Vermeidung von Emissionen. Allerdings dürfen Energie und Emissionen nicht losgelöst von Platzbedarf oder zum Beispiel Verkehrssicherheit betrachtet werden. Der Umstieg auf Elektromobilität hat viele Vorteile hinsichtlich Energieeffizienz und Reduktion der CO2-Emissionen, ändert aber nichts am grossen Raumbedarf der individuellen Mobilität. Der Verzicht aufs Auto und die Nutzung von ÖV und Car-Sharing handkehrum tragen auch zu einer effizienteren Nutzung des Strassenraums bei. Noch besser schneiden hier Fussverkehr und Velo ab. Die effizienteste Mobilität ist notabene diejenige, die vermieden werden kann, also nicht stattfindet. Bei allen Forschungsprojekten ist eine gesamtheitliche Betrachtung zentral – ebenso wie die enge Abstimmung und Koordination mit weiteren Bundesämtern, die sich um die Anliegen der Umwelt sowie Verkehrs- und Raumplanung kümmern.

Interview: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Bild: keystone-sda; Gaetan Bally

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne 1 Vote(s), Durchschnitt: 5,00
Loading...

Am 9. Juni 2024 hat die Schweizer Stimmbevölkerung das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien angenommen. Die Verordnungsänderungen, die zur Umsetzung der Vorlage nötig sind, waren bis Ende Mai in der Vernehmlassung. Inzwischen hat das Bundesamt für Energie (BFE) die zahlreichen Stellungnahmen ausgewertet und ist nun daran, die Verordnungen zu überarbeiten. Der Bundesrat wird diese voraussichtlich im November verabschieden. Bis dahin ist also diesbezüglich noch nichts definitiv entschieden. Dennoch wird das BFE derzeit überhäuft mit Anfragen zu den Details der Verordnungen. energeiaplus hat in der Verordnungs-Werkstatt des BFE nachgefragt, ob es dazu schon etwas zu berichten gibt. Weiterlesen

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne 1 Vote(s), Durchschnitt: 5,00
Loading...

Herr V. aus S. im Kanton Schaffhausen fährt seit Anfang 2024 elektrisch. Nun haben er und seine Frau die erste Ferienreise mit dem E-Auto hinter sich. Die Abdeckung mit Ladestationen in den bereisten Ländern sei gut, schreibt er in seinem E-Mail ans Bundesamt für Energie (BFE). Geärgert hat er sich indes über die mangelnde Transparenz bei den Tarifen fürs Laden und bei der tatsächlich gelieferten Leistung der Ladestation. Weiterlesen

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne 9 Vote(s), Durchschnitt: 4,56
Loading...

Netto-Null der eigenen Emissionen bis 2040. Ohne Kompensationen. Dies ist das erklärte Ziel der Flughafen Zürich AG – der Eigentümerin und Betreiberin der Infrastruktur des Flughafens. Damit dieses ambitionierte Ziel erreicht werden kann, muss vor allem eines geschehen: Die fossile Energie fürs Heizen und Kühlen der Gebäude muss durch erneuerbare ersetzt werden. Eine vielversprechende Lösung bietet der unterhalb des Flughafens entdeckte tiefe Aquifer. Weiterlesen

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne Noch keine Bewertungen
Loading...

In der Zukunft werden immer mehr Elektroautos (batteriebetriebene Elektrofahrzeuge BEV) auf den Schweizer Strassen sein. Je nachdem, wo, wann und wie die Autos geladen werden, kann dies das Stromnetz stark belasten. Weiterlesen

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne 3 Vote(s), Durchschnitt: 4,00
Loading...

Wer eine PV-Anlage auf seinem Dach montiert, möchte möglichst viel Strom produzieren. Ein Kamin, der regelmässig Schatten wirft, mindert den Ertrag. Sogenannte Optimizer versprechen da Abhilfe. Was taugen Sie? Wo sind sie sinnvoll? Wo eher weniger? Forscher der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW in Winterthur haben bei ihrer Untersuchung, die vom Bundesamt für Energie unterstützt wurde, festgestellt: Optimizer können den Ertrag verbessern, aber auch verschlechtern. Es hängt vom jeweiligen Fall ab.

Wie viel Strom eine PV-Anlage tatsächlich produziert, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Ein Kamin, der Schatten wirft, ein kaputtes Modul oder Schnee auf der Anlage können den Ertrag mindern. Da die einzelnen Zellen eines Moduls und sogar mehrere Solarmodule miteinander verschaltet sind, ist ein separates Ansteuern beschatteter und unbeschatteter Zellen nicht ohne weiteres möglich.

Hier kommt der Optimizer ins Spiel. Mit diesem elektrischen Gerät ist es prinzipiell möglich, die Leistung des schwächsten Glieds in der Kette zu nutzen, ohne dieses teilweise oder ganz zu überbrücken. Sprich: Das Modul, das weniger produziert, weil Schatten darauf fällt, wird mit dem Optimizer unabhängig geregelt und beeinträchtigt den Ertrag der anderen nicht mehr.

Die Rolle des MPP:

Der Maximum Power Point (MPP) bezeichnet den Betriebspunkt eines Moduls oder einer Solaranlage, bei welchem die optimale Leistung zu einem Zeitpunkt und den entsprechenden Verhältnissen (Einstrahlung, Temperatur usw.) bezogen wird. Elektrische Spannung und Stromstärke definieren diesen MPP. Bei Solaranlagen mit Verschattung, kann der optimale Stromertrag jedes Moduls teilweise nicht erreicht werden, wenn der MPP für beschattete und unbeschattete Module zusammen eingestellt wird, da sie die gleiche Stromstärke führen. Dann kann es sein, dass Module mit geringerer Sonneneinstrahlung solche mit hoher Einstrahlung beeinflussen, so dass entweder letztere nicht die volle Leistung bringen oder das betroffene Modul teilweise überbrückt wird. Eine Anlage mit Optimizer ermöglicht hingegen die unabhängige Regelung der damit ausgestatteten Module, wodurch diese in Theorie immer optimal betrieben werden, sofern sie selbst effizient genug arbeiten.

 

Bis zu 25 Prozent mehr Ertrag! Solche Versprechen machen Anbieter, wenn man diese elektrischen Geräte zum Optimieren der Solarstromanlage anbringt. Sind solche Mehrerträge realistisch? Energeiaplus hat bei Franz Baumgartner nachgefragt. Er hat die Untersuchung an der ZHAW im Auftrag des BFE durchgeführt.

Energeiaplus: 25 Prozent mehr Leistung mit einem Optimizer. Können die Geräte dieses Versprechen erfüllen? Was sagt Ihre Studie?

Franz Baumgartner leitet an der ZHAW den Studiengang Energie und Umwelttechnik und ist Dozent für Photovoltaik Systeme und Erneuerbare Energie; Bild: ZHAW

Franz Baumgartner: Die Power Optimizer sind in der Lage die Erträge von PV-Anlagen mit Verschattung zu erhöhen. Dies ist jedoch nur in besonderen Szenarien möglich. In allen untersuchten Fällen haben wir aktuell einen maximalen, zusätzlichen, jährlichen Energieertrag von bis zu 5% feststellen können, was in starkem Kontrast zu den Herstellerangaben steht.

Wann macht ein Optimizer Sinn? Respektive wann lohnt er sich?

Bezogen auf die jährlichen Energieerträge  zeigen unsere Ergebnisse, dass der Einsatz von Optimizern bei PV-Anlagen in Wohngebieten mit mittlerer bis starker Verschattung, oder bei kleinen Anlagen mit mehreren Ausrichtungen sinnvoll ist. Es sollte also ein Nischenmarkt sein, wird aber heute trotzdem sehr oft verkauft. Mittlere Verschattungen können z.B. Verschattungen von zwei Kaminen auf einer Anlage oder ein Lüftungsrohr plus einem naheliegenden Baum sein. Starke Verschattungen sind zum Beispiel Nachbarsgebäude, die einen grossen Schatten auf die Anlage werfen.

Wann würden Sie von Optimizern eher abraten?

Man muss bedenken, dass der Optimizer selber auch elektrische Energie benötigt. Oder anders gesagt: Je nach Situation kompensiert das Gerät den zusätzlichen Ertrag wieder. Das ist insbesondere der Fall, wenn es keine oder nur wenig Verschattung gibt und nur bis zu zwei verschiedene Ausrichtungen bestehen. Dann wird gleich viel oder eher weniger Leistung durch die Anlage erzielt als dies bei einem System ohne Optimizer der Fall wäre und zwei getrennten Stromkreisen mit konventioneller Leistungselektronik.

Optimizer sind auch ein Kostenpunkt. Die Preise variieren stark. Was empfehlen Sie den Endkundinnen und -kunden?

Tendenziell sind die Anschaffungskosten einige Prozent höher für ein Power Optimizer System. Wichtiger ist aber die Zuverlässigkeit der Elektronik über die vielen Jahre, denen sie Wind, Regen aber vor allem hohen Temperaturen ausgesetzt ist. Die Temperaturen können hinter dem Modul im Sommer auf bis über 70 Grad steigen, was Ausfälle der Elektronik verursachen kann.

Zu beachten ist auch: Bei Störungen sind die Kosten für einen einzelnen Optimizer über die Garantie des Herstellers gedeckt. Die Kosten für die Arbeit des Solarmonteurs, der die Reparatur vornimmt und ein Vielfaches betragen, aber nicht. Das kann ins Geld gehen (mehrere hundert oder eher einige tausend Franken, wenn der Austausch auf dem Dach kompliziert wird).

Aber der Marktführer erzielt einen Milliardenumsatz, wie Sie in einem Fachartikel (Link einfügen) geschrieben haben. Sehen Sie Ihre Studie demnach auch als Aufklärung, damit Endkundinnen und -kunden nicht enttäuscht werden?

Wir haben als unabhängige Forschungsstelle den Auftrag, objektive Forschungsergebnisse zu erarbeiten auf Basis von Messungen und Fakten. Da noch keine Regulierung für die elektrischen Ertragsangaben für Power Optimizer existieren, möchten wir Endkunden mit Ergebnissen bezüglich der Thematik informieren, so dass sie wiederum bei ihren Fachfirmen die entsprechenden Fragen stellen können. Gleichzeitig leite ich eine internationale Arbeitsgruppe der IEA und des Normenausschusses IEC, um dies transparent und fair für alle elektronischen Komponenten bewerten zu können.

Ihr Fazit? Sind Optimizer nur ein Hype oder Zukunft?

Die Erforschung und Entwicklung von neuen effizienten Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien ist wichtig. Besonders eine Lösungsfindung für die Einflüsse von Verschattung auf den Stromertrag von Solaranlagen ist für den zukünftigen Ausbau in städtischen Gebieten essenziell. Die jeweiligen Fachfirmen müssen diesen Spezialfragen mehr Gewicht in der Planung beimessen als heute. Wir helfen da gerne, damit nicht komplexe Nischenanwendungen den Markt mit allen Risiken, die dann beim Endkunden liegen, dominieren.

Für wen sind die Ergebnisse relevant?

Mit unserer Forschung möchten wir PV-Installateure, Planer aber auch Endkunden über die schwierige Thematik aufklären. Wir erhoffen uns, dass es für PV-Planungsfirmen in Zukunft möglich ist, sich bei der Planung auf die korrekten Ertragswerte und nicht mehr auf Marketingangaben stützen zu müssen. Schlussendlich profitiert dadurch auch die Kundschaft.

Die Ergebnisse Ihrer Untersuchung resultieren aus Labor-Messungen. Wie sind sie vorgegangen?

Da die Ertragsunterschiede in den überwiegenden Fällen von Verschattungen bei um die ein bis zwei Prozent liegen, kann dies bei Outdoormessungen schwer genau gemessen werden. Dies wegen der Fluktuation der Solareinstrahlung und der Tatsache, dass in der Praxis kaum zwei gleiche Dächer nebeneinander mit zwei unterschiedlichen Systemen, also das eine mit, das andere ohne Optimizer ausgestattet sind.  Unsere ZHAW Forschungsresultate basieren daher auf präzisen Indoor-Labormessungen an kommerziellen Optimizern und konventionellen Invertern und einer eigens entwickelten Simulationssoftware, um die Auswirkungen auf den Jahresertrag zu bestimmen.

Nun wollen Sie das Forschungsprojekt noch ausweiten und auch Messungen im Feld durchführen. Was versprechen Sie sich davon?

Mit thermischen Messungen im Feld untersuchen wir eine andere Auswirkung der Nutzung von Optimizern, nämlich die potenzielle Reduktion der Hotspot-Temperatur von beschatteten Solarzellen. In anderen Worten, wenn Solarzellen beschattet sind, ist es möglich, dass das Solarmodul durch das Einstellen des MPP teilweise überbrückt wird. In diesem Fall erhitzen sich die teilverschatteten Solarzellen. Theoretisch stellen sich durch die Regelung der Optimizer diese Zustände weniger häufig ein, wodurch die Erhitzung der verschatteten Solarzelle und somit die Belastung des Solarmoduls reduziert wird.

So lief die Studie:

Im Labor des Instituts für Energiesysteme und Fluid-Engineering an der ZHAW School of Engineering in Winterthur wurde der Wirkungsgrad (bzw. die Verluste) von vier geläufigen Power Optimizer Modellen, sowie von vier Solarwechselrichtern vermessen. Verwendet wurden dafür hochpräzise Messgeräte und elektrische Geräte (Stromquellen), welche das Verhalten (also Strom und Spannung) einer Vielzahl von verschiedenen Solarmodulen nachstellen können. Im Speziellen wurde dadurch die Effizienz der Optimizer und Wechselrichter für ein grosse Anzahl von Anwendungsfällen bestimmt. Basierend auf diesen Messwerten wurde ein mathematisch-physikalisches Modell entwickelt, welches die Verluste für alle möglichen Betriebspunkte berechnen kann.

Zusätzlich zu den Messungen wurde während den letzten drei Jahren innerhalb der Forschungsgruppe ein PV-Simulationstool entwickelt, welches Sonnenstand, Einstrahlung, Temperatur, Verschattung und elektrische Eigenschaften von PV-Modulen präzise abbildet. In der Simulationsapplikation ist ausserdem die idealisierte Regelung durch die Geräte (Wechselrichter bzw. Power Optimizer), sowie das zuvor genannte physikalische Modell der Verluste implementiert. Folglich können verschiedenste Solaranlagen mit zahlreichen Verschattungsfällen simuliert und die jährlichen Stromerträge ermittelt werden. Entsprechend können wir dadurch eine Solaranlage mit Power Optimizer und eine Anlage ohne diese Geräte bei den exakt gleichen Bedingungen berechnen. Wir können so also präzise Vergleiche durchführen.

Mehr Informationen zur Studie der ZHAW gibt’s hier:

Masterarbeit von Cyril Allenspach, ZHAW https://digitalcollection.zhaw.ch/bitstream/11475/27358/3/2023_Allenspach_Cyril_MSc_SoE.pdf

Details zur Studie der ZHAW: https://www.zhaw.ch/de/forschung/forschungsdatenbank/projektdetail/projektid/4870/

Interview: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Photo: shutterstock; ID: 2122613513; iyks

 

 

 

 

 

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne 5 Vote(s), Durchschnitt: 4,20
Loading...

Geld zurück für diejenigen, die Strom sparen. Der britische Stromnetzbetreiber National Grid Electricity System Operator belohnt Strombezügerinnen und -bezüger, die ihren Stromverbrauch in kritischen Zeiten reduzieren. Dieses nachfrageorientierte Steuerungsinstrument (Demand Flexibility Service) ist eine zusätzliche Massnahme, um die Versorgungssicherheit des Landes in diesem Winter zu gewährleisten.

Über eine Million Haushalte und Unternehmen machen bereits mit, ist einer Medienmitteilung von National Grid ESO (Electricity System Operator) zu entnehmen. Die Teilnehmenden verpflichten sich, ihren Stromverbrauch an bestimmten Tagen während der Spitzenzeiten (frühe Abendstunden unter der Woche) zu reduzieren oder zu verlagern.

Haushalte wurden gebeten, stromintensive Geräte wie Waschmaschinen, Wäschetrockner, Geschirrspüler, Durchlauferhitzer für Duschen und elektrische Heizelemente vor oder nach einem bestimmten Zeitfenster zu nutzen. Dazu müssen sie sich bei ihrem Energieversorger anmelden. 26 Energieversorger in Grossbritannien beteiligen sich inzwischen an diesem „Demand Flexibility Service“, darunter British Gas, EoN, Octopus Energy und EDF.

Aufruf via E-Mail und SMS

Und so funktioniert es: Wenn eine Verringerung der Stromnachfrage erforderlich ist, informiert der Stromnetzbetreiber National Grid die Energieversorger, die sich im Voraus für den Demand Flexibility Service angemeldet haben. Die Energieversorger wiederum rufen jene Verbraucher und Verbraucherinnen zum Stromsparen auf, die sich beim Demand Flexibility Service engagieren wollen. Sie werden per E-Mail oder SMS kontaktiert.

Voraussetzung ist, dass die teilnehmenden Haushalte und Unternehmen über einen intelligenten Zähler (Smart Meter) verfügen, der den Verbrauch halbstündlich messen kann. Und ganz wichtig: Die Verbraucher und Verbraucherinnen müssen mindestens 30 Minuten lang mitmachen. Wer seine Waschmaschine, seinen Wäschetrockner oder seinen Geschirrspüler zu einer anderen Zeit laufen lässt und so zur Entlastung des Netzes beiträgt, wird belohnt.

Im Durchschnitt erhalten die Verbraucher 3 britische Pfund zurück, wenn sie ihren Stromverbrauch um mindestens 30% senken. Wer noch mehr spart, kann sogar noch mehr Geld zurückbekommen – je nach Energieversorger.

Mehr gespart als erwartet

Screenshot National Grid ESO: https://www.nationalgrideso.com/news/world-first-demand-flexibility-service-exceeds-expectations

Ein erster Test, ob dieser Service der Nachfrageflexibilität funktioniert, fand Mitte November 2022 zwischen 17 und 18 Uhr statt. Die Stromeinsparungen der Haushalte übertrafen die Erwartungen. Bis zu 50% mehr als erwartet sparten die teilnehmenden Verbraucherinnen und Verbraucher.

Der Hintergrund dieses Strom-Management-Instruments: Der Stromnetzbetreiber National Grid hatte zu Beginn des Winters gewarnt, dass es im schlimmsten Fall zu Stromausfällen von bis zu drei Stunden kommen könnte. Um dies zu verhindern, setzte der britische Netzbetreiber dieses System zur Flexibilisierung der Nachfrage neben einer Reihe anderer neuer und bestehender Instrumente ein, die er zum Ausgleich des Systems einsetzt.

In den ersten beiden Tests sank der Stromverbrauch um 314,2 MWh, schreibt National Grid ESO in seiner Medienmitteilung. Weitere Tests sollen nun bis Ende März mindestens zweimal im Monat folgen.

Offen für flexible Lösungen

Für National Grid ESO sind diese Tests ein Meilenstein. Sie zeigen, wie Stromkonsumentinnen und -konsumenten ihre Energienachfrage flexibel steuern können. „Das Tool zeigt, dass die Verbraucher und Verbraucherinnen im ganzen Land bereit sind, sich auf diese Art von flexiblen Lösungen einzulassen.“

Colin McKellar zum Beispiel, der von der britischen Zeitung The Sun zitiert wird, hat an fünf Aufrufen zur Stromregulierung teilgenommen und 20 Pfund gespart. „Wir haben in unserem Haushalt alles ausgeschaltet – ausser den Nachttischlampen – und im Bett ein Buch gelesen. Das war eine digitale Entgiftung für uns.“

Allerdings ist in Grossbritannien auch Kritik zu hören an diesem neuen System. Es sei reine Effekthascherei, weil nur diejenigen teilnehmen können, die einen intelligenten Stromzähler haben, hiess es. Andere kritisierten, dass Menschen, die zu Hause im Dunkeln sitzen, das Versorgungsproblem nicht lösen würden.

Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Bild: Symbolbild von Shutterstock,
Stock Photo ID: 2230422231, AS Photo Family

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne Noch keine Bewertungen
Loading...

Am 1. Januar 2023 sind einige Verordnungs- und Gesetzesänderungen in Kraft getreten. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick: Weiterlesen

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne 3 Vote(s), Durchschnitt: 2,33
Loading...

Wann und in welchem Bereich verbrauche ich am meisten Strom? Und wie stehe ich mit meinem Verbrauch im Vergleich zu ähnlichen Haushalten? Antworten auf diese Fragen will das Projekt PERLAS liefern. PERLAS steht für PERsonalised Load curve AnalyticS. Das Projekt der BEN Energy GmbH wird von EnergieSchweiz unterstützt, dem Programm des Bundesamts für Energie, das die Energieeffizienz fördert. Mit PERLAS wird die Digitalisierung im Energiesektor vorangetrieben. Weiterlesen

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne 1 Vote(s), Durchschnitt: 4,00
Loading...

Wer hat welche Rolle bei einer Stromversorgungkrise in der Schweiz? Welche Massnahmen gibt es, dass es gar nicht dazu kommt? Und: Welche Risikoszenarien gibt es überhaupt? Antworten auf diese und weitere Fragen liefert der Bericht «Risikovorsorge der Schweiz für Strom», den das Bundesamt für Energie am 28. September 2022 publiziert hat. Weiterlesen

1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne Noch keine Bewertungen
Loading...