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Das Ziel ist klar: 2050 muss die Schweiz netto-Null Treibhausgasemissionen ausweisen. Das gilt auch für Unternehmen. Dazu braucht es in erster Linie eine starke Reduktion von Treibhausgas-Emissionen wie CO2. Doch in einigen Branchen sind CO2-Emissionen nur schwer zu vermeiden – zum Beispiel in der Zementproduktion, in der Kehrichtverbrennung, der Landwirtschaft oder der Luftfahrt. Lösungen für die Entnahme von CO2 an der Quelle oder aus der Atmosphäre und dessen langfristige Speicherung sind deshalb gesucht. Darauf fokussiert die erste Projekt-Ausschreibung, die im Rahmen des neuen Klimagesetzes lanciert wird.

Was für Projekte werden gesucht? Welche Anforderungen müssen die Gesuchstellenden erfüllen? Warum liegt der Fokus bei dieser ersten Ausschreibung genau bei der Entnahme und Speicherung von CO2? Die Fragen gehen an Men Wirz. Er ist im Bundesamt für Energie in der Innovationsförderung tätig und koordiniert die Durchführung dieser Projektausschreibung.

Energeiaplus: Das Klima- und Innovationsgesetz (KlG) stellt während sechs Jahren insgesamt 1.2 Milliarden Franken für die Umstellung auf klimafreundliche Produktionsmethoden bereit. Im Rahmen einer ersten Ausschreibung werden nun 100 Millionen Franken für Massnahmen zur Entnahme und Speicherung von CO2 (CCS & NET) zur Verfügung gestellt. Warum dieser Fokus?

Men Wirz koordiniert die Projektausschreibung «CO2-Entnahme und -Speicherung inkl.» im Bundesamt für Energie. Bild: BFE

Men Wirz: Über die Hälfte der aktuellen CO2-Emissionen aus dem Sektor Industrie sollen bis 2050 durch die Abscheidung und Speicherung von CO2 vermindert werden. Der Bundesrat hat sich zum Ziel gesetzt, dass im Jahr 2030 eine halbe Million Tonnen CO2 abgeschieden und gespeichert werden sollen. Mit dieser Ausschreibung werden gezielt Pionierprojekte gefördert, die zu dieser Zielerreichung beitragen. Weiter gibt es auch zeitliche und logistische Gründe: Für die breite Umsetzung von CCS-Massnahmen müssen neue, kapitalintensive Abscheidungsanlagen und Transportinfrastrukturen aufgebaut werden. Die Planung und Realisierung dafür braucht viel Zeit. Da die KlG-Förderung zeitlich begrenzt ist, müssen diese Projekte möglichst bald gestartet werden. Deshalb lancieren BFE und BAFU gleich zum Start des Programms eine solche Ausschreibung.

Im Titel der Projektausschreibung heisst es, dass auch die Sektorkopplung im Energiebereich gefördert wird. Was bedeutet das und warum werden diese beiden Bereiche miteinander verbunden?

Unter Sektorkopplung versteht man die Bemühungen, die Bereiche Strom, Wärme, Mobilität sowie Brenn- und Treibstoffe zu koppeln. Die Abscheidung und Speicherung von CO2 ist eine sehr energieintensive Aktivität. Vor allem der Abscheidungsprozess benötigt viel Strom und Wärme. Deshalb ist es von zentraler Bedeutung, dass die Unternehmen die Abscheideanlagen in die bestehenden Industrieprozesse integrieren und zum Beispiel Abwärme aus ihrem Unternehmen dafür benutzen. Es ist auch sinnvoll, wenn sich Unternehmen bei der Logistikinfrastruktur zusammenschliessen – beispielsweise für den Abtransport von CO2 aus den Abscheidungsanlagen – und so Synergien nutzen.

Darüber hinaus lässt sich der abgeschiedene Kohlenstoff zur Herstellung synthetischer Brenn- und Treibstoffe nutzen (in der Fachsprache Carbon Capture and Utilization CCU). Angesichts der Komplementarität der beiden Themen Abscheidung/Speicherung und Sektorkopplung ist es sinnvoll, sie in der Ausschreibung miteinander zu verknüpfen.

Weshalb erfolgt diese Ausschreibung in einem zweistufigen Verfahren?

Bei den angesprochenen Lösungsansätzen handelt es sich um komplexe Infrastrukturmassnahmen. Daher ist es vorteilhaft, wenn sich mehrere Unternehmen zusammenschliessen, was entsprechend Zeit braucht. Zudem erhöht das zweistufige Verfahren die Planungssicherheit.

Ist geplant, dass Gesuche für andere Themen eingereicht werden können?

Ja. Parallel zu dieser ersten Ausschreibung wird es im Verlauf dieses Jahres auch die Möglichkeit geben, Gesuche für Massnahmen zu anderen Themen einzureichen, z.B. für die Substitution von fossil betriebenen Anlagen für die Bereitstellung von industrieller Prozesswärme. Zudem sind zukünftig weitere Ausschreibungen zu spezifischen Themen angedacht. Das Aufgleisen solcher Ausschreibungen dauert aber noch etwas und wir werden informieren, sobald solche Vorhaben konkret ausgearbeitet sind.

Und so läuft das Verfahren:

Bis am 25. April müssen Gesuchstellende ihr Pre-Proposal einreichen. Der Entscheid erfolgt Ende Mai.
Bis am 31. Oktober läuft die Frist für die Einreichung des Full-Proposal.

Am 19. Dezember werden die Förderzuschläge kommuniziert.

Fragen zum Ausschreibeverfahren:

Per E-Mail: itinero@bfe.admin.ch; Inhaltliche Fragen müssen vor dem 15. März 2025 eintreffen. Danach werden nur noch administrative Fragen beantwortet.
Die Finanzhilfe beträgt höchstens 50% der anrechenbaren Kosten. Die effektive Beitragshöhe wird im Rahmen der Gesuchsevaluation festgelegt und kann gekürzt werden.

Zurück zur aktuellen Ausschreibung: Sind ganz bestimmte Branchen angesprochen? Welche?

Die Abscheidung von CO2 sollte wegen der hohen Kosten und der aufwändigen Logistik nur als letzte Möglichkeit für schwer vermeidbare Emissionen zum Einsatz kommen, also wenn es keine valable Alternative zur Verminderung der Emissionen gibt. Deshalb gibt es Branchen, die für die Umsetzung solcher CCS-Massnahmen relevanter sind, wie beispielsweise die Zement- und die Chemieindustrie. Darüber hinaus könnten einige Wirtschaftszweige die Produktion negativer Emissionen ermöglichen, wie etwa Anlagen zur Biogaserzeugung oder Holzkraftwerke.

Projekte zur Abscheidung von CO2 aus der Luft gibt es bereits. Das bekannteste Beispiel ist Climeworks. Das Rad müsste also nicht ganz neu erfunden werden. Stimmt diese Einschätzung?

Es ist effektiv nicht Sinn und Zweck dieses neuen Förderprogramms, die Forschung und Entwicklung von Technologien zu unterstützen. Gleichwohl sind die Erfahrungen in der Industrie bei der Planung und beim Betrieb von Anlagen zur Abscheidung von CO2 immer noch begrenzt. Das Ziel ist somit, auf den bisherigen Erfahrungen aufzubauen und durch konkrete Umsetzungsprojekte Klimawirkung zu erzielen und die Innovation voranzutreiben.

Was müssen die Gesuche erfüllen, damit es Fördergelder gibt – punkto Massnahmen, die die Unternehmen ergreifen wollen, um ihren CO2-Ausstoss zu minimieren/vermeiden?

Wichtig ist vor allem aufzuzeigen, dass die Massnahme zu einer substanziellen Verminderung der Treibhausgasemissionen führt. Konkret wird verlangt, dass mit der Massnahme jährlich mindestens 5’000 Tonnen CO2 abgeschieden und dauerhaft gespeichert wird. Das entspricht dem CO2-Aussstoss von 5000 Personen, die von der Schweiz nach New York und zurückfliegen oder den jährlichen Gesamtemissionen von 1’000 Schweizerinnen oder Schweizern.

Je tiefer die spezifischen Kosten für diese CO2-Verminderung respektive die Erzeugung von negativen Emissionen, umso besser sind die Chancen für eine Förderung. Die Massnahmen selbst können vielfältig sein, also beispielsweise das Entfernen von CO2 aus der Luft (wie beim Beispiel von Climeworks) oder die Abscheidung von CO2 eines Zementwerks.

Und was wird in Bezug auf die Speicherung von CO2 erwartet/verlangt?

Auch für die Speicherung des CO2 gibt es verschiedene Optionen, beispielsweise die Einlagerung im Untergrund oder über eine Weiterverwendung in einem Produkt wie Recyclingbeton oder synthetischer Treibstoff. Von Vorteil ist, wenn die Projekte breit abgestützt werden und mehrere Akteure von der Umsetzung der Massnahme profitieren, also in der Form von Clusterprojekten und durch die Kopplung von verschiedenen Industriesektoren.

Wer ein Gesuch einreichen will, muss einen Netto-Null-Fahrplan beilegen. Was enthält ein solcher Fahrplan?

Ein Netto-Null-Fahrplan Fahrplan basiert auf einer Treibhausgasbilanz und zeigt konkret auf, wie das Unternehmen seine Emissionen mittels kurz-, mittel- und langfristigen Massnahmen entlang eines Absenkpfads effektiv auf Null reduzieren kann. Daneben enthält der Fahrplan einen Aufbaupfad für Negativemissionen, welche schwer vermeidbare Restemissionen ausgleichen. Die Details zum Inhalt dieser Fahrpläne wurden kürzlich in einer Richtlinie veröffentlicht.

Werden Gesuche von grossen Energieverbrauchern gleich behandelt wie Gesuche von weniger energieintensiven Unternehmen? Der Effekt könnte bei grossen Energieverbrauchern grösser sein.

Das wird effektiv eine spannende Frage bei der Evaluation der Gesuche sein. Ein entscheidendes Kriterium für die Vergabe der Fördermittel ist das Anwendungspotenzial der eingesetzten Technologien, d.h. wie viele weitere solche Massnahmen könnten in der Schweiz umgesetzt werden und wie viel CO2 kann jeweils vermieden werden? In diesem Sinne sind sowohl einzelne grosse Anlagen wie auch eine grosse Anzahl kleinerer Massnahmen interessant. Letztendlich wird die Gesamtbetrachtung darüber entscheiden, welche Projekte effektiv gefördert werden.

Sie planen Webinare, wo sich Gesuchstellende über das ganze Verfahren informieren können. Was ist das Ziel?

Da es sich um ein komplett neues Förderinstrument handelt, dürfte es viele Fragen aus der Industrie zum Vorgehen geben, zum Beispiel wie man die Netto-Null-Fahrpläne erstellen muss, wie man ein Gesuch um Finanzhilfe einreicht, oder was die Teilnahmebedingungen und Ausschlusskriterien sind. Fragen zur CCS-Ausschreibung müssen aufgrund des engen Zeitplans rasch beantwortet werden. Deshalb wollen wir zusätzlich zu schriftlichen Unterlagen auch den Austausch mit den involvierten Akteuren suchen. Das gibt uns auch einen Eindruck darüber, welche Art von Projekten möglicherweise eingereicht werden, was unsere eigene interne Planung vereinfacht.

Zum Schluss noch: Wofür gibt es keine Finanzhilfen?

Nicht förderberechtigt sind u.a. Massnahmen, die nicht direkt zu einer Verminderung von CO2-Emissionen oder einer Realisierung von Negativemissionen führen, also beispielsweise Prototypenanlagen, die keine namhafte Menge an CO2 abscheiden und speichern. Ebenfalls nicht gefördert werden Anlagen, die fossiles CO2 abscheiden wollen, das beispielsweise durch dem Einsatz einer Wärmepumpe vermieden werden kann und somit als nicht schwer vermeidbar eingestuft wird.

Alle Infos zu den Webinaren:

Wann: 29. Januar, 11 bis 12 Uhr (Sprachen Deutsch und Französisch)
Thema: Ausschreibung «CO2-Entnahme und -Speicherung inkl. Sektorkopplung»
Inhalte:

  • Thematische Einführung und Schwerpunkte der Ausschreibung
  • zweistufige Ausschreibung und Gesuch: Kriterien und wesentliche Punkte
  • Planung und Fristen 2025
  • Fragen / Antworten zur Ausschreibung

Weitere Infos: Webinare: Informationen und Anmeldung und für Fragen: itinero@bfe.admin.ch

Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Shutterstock: Stock-Vektorgrafik ID: 2376641241; VectorMine

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Elektroauto, E-Bike, geteilte Mobilität: In der Mobilität tut sich einiges punkto Nachhaltigkeit. Doch es stellen sich neue Fragen. Was bedeutet die zunehmende Elektrifizierung des Verkehrs für das Stromnetz? Wie können die erneuerbaren Energien optimal dafür genutzt werden? Braucht es neue Regulierungen? Ändert sich auch das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung? Im Energieforschungskonzept des Bundes ist die Mobilität deshalb eines der vier Schwerpunktthemen.

Das Ziel ist klar: Bis 2050 soll der Verkehr unter dem Strich keine Treibhausgasemissionen mehr ausstossen (Netto-null). Das heisst insbesondere: Schluss mit Fahrzeugen mit fossilen Antrieben auf der Strasse. Mittlerweile haben sich alternative Antriebstechnologien etabliert, insbesondere der batterie-elektrische Antrieb bei Personenwagen. Auch der Schwerverkehr setzt zunehmend auf Strom, aber auch auf weitere alternative Treibstoffe wie zum Beispiel Wasserstoff. Selbst in der Luft- und Schifffahrt sind alternative Antriebe ein Thema. Der Umstieg läuft also, hat aber Konsequenzen: Es braucht mehr Strom, das Stromnetz soll diesen zusätzlichen Bedarf bewältigen können, ohne dass massiv in die Infrastruktur investiert werden muss. Zudem braucht es flexible Lösungen, denn Sonne und Wind liefern nicht ständig Strom.

Es besteht weiterhin viel Forschungsbedarf, sagt Luca Castiglioni. Er leitet das Forschungsprogramm Mobilität im Bundesamt für Energie und erklärt, wozu genau geforscht werden soll.

Energeiaplus: Die Abstimmung von Produktion, Transport und Nutzung von Strom ist ein zentraler Punkt für die Energiezukunft. Was will die Forschung in dieser «Energiekette» leisten?

Luca Castiglioni ist beim Bundesamt für Energie Leiter Forschungsprogramm Mobilität. Bild: zvg

Luca Castiglioni: Unser bisheriges Verkehrssystem beruht zu einem grossen Teil auf fossilen Energieträgern. Diese können leicht gelagert werden, haben eine hohe Energiedichte und sind jederzeit verfügbar. Allein die Elektrifizierung des Strassenverkehrs führt zu einem Mehrverbrauch von 14-17 TWh Strom, was rund einem Viertel des derzeitigen Verbrauchs entspricht. Mit dem neuen Stromgesetz ist ein Zubau von rund 45 TWh zusätzlicher, erneuerbarer Produktion vorgesehen. Der Mehrverbrauch kann grundsätzlich also gut gedeckt werden.

Um hohe Systemkosten für Speicherung und Verteilung des Stroms zu vermeiden, ist es aber relevant, dass der Verbrauch, d. h. das Laden der Fahrzeuge, insbesondere zeitlich, aber auch räumlich gut mit dem Produktionsprofil der erneuerbaren Energieträger, insbesondere der Photovoltaik abgestimmt wird. Forschungsbedarf gibt es da, wo der Solarstrom nicht direkt vom eigenen Dach und ohne Umwege in die Batterie des Autos geladen werden kann. Da gilt es, noch bessere, effizientere Wege zu finden.

Die Elektromobilität soll das Stromnetz also nicht unnötig belasten und könnte sogar die Stabilität und Flexibilität des Netzes insgesamt erhöhen. Bidirektionales Laden (V2X) ist das Stichwort dazu. Das V2X Suisse Projekt des Carsharing-Anbieters Mobility hat gezeigt, dass das E-Auto grundsätzlich als Speicher für überschüssigen Strom dienen und damit das Netz stabilisieren kann, ohne dass die Nutzerinnen und Nutzer einen Nachteil haben. Was braucht’s in diesem Bereich noch für neue Erkenntnisse?

Dieses vom BFE geförderte Demonstrationsprojekt hat vor allem zwei Sachen gezeigt: Batterien von Elektroautos sind geeignet, um das Verteilnetz zu stabilisieren oder Systemdienstleistungen (Regelenergie zum Ausgleich von Schwankungen im Stromnetz) anzubieten. Diese Prozesse laufen im Hintergrund, ohne dass der Car-Sharing Betrieb eingeschränkt werden muss. Im Verlauf des Projekts zeigten sich aber auch die Herausforderungen. Aufgrund der hohen Kosten für die bidirektionale Ladeinfrastruktur und fehlenden lukrativen Geschäftsmodellen, ist es zurzeit nicht möglich, mit V2X Geld zu verdienen.

Mit einem Anteil von 31% ist der Verkehr derzeit noch der grösste Verursacher von Treibhausgasemissionen. Zudem: 38% des Energieverbrauchs gehen aufs Konto des Transportsektors, auch das ein Spitzenplatz. Eine aktuelle BFE-Studie zur Elektromobilität prognostiziert, dass bereits Mitte des nächsten Jahrzehnts die Hälfte der Autos elektrisch unterwegs sein wird.

Ein weiteres Hindernis ist die beschränkte Auswahl an Elektroautos, die V2X unterstützen und die unzureichende Interoperabilität der Ladeinfrastruktur. Das hat zur Folge, dass nur bestimme Kombinationen von Ladestation und Automodell zusammenpassen. Im technischen Bereich müssen also Ladeinfrastruktur und Standards weiterentwickelt werden, um die Kosten zu senken und volle Interoperabilität zu garantieren. Aus systemischer Sicht muss geprüft werden, wo die Flexibilität durch V2X am besten genutzt werden kann und wie sich daraus lukrative Geschäftsmodelle entwickeln können. Hier gibt es durch das neue Stromgesetz ein paar entscheidende Änderungen, deren Auswirkungen genau verfolgt werden müssen. Es gibt also durchaus noch weiteren Forschungsbedarf in diesem Bereich.

Privatautos eignen sich aufgrund der geringen Tagesdistanzen besonders für bidirektionales Laden (V2X). Dafür müssen Autofahrerinnen und Autofahrer bereit sein, die Batterie in diesem Sinne zu nutzen und allenfalls auch externen Zugriff darauf zu gewähren. Gibt es dazu auch Forschungsprojekte?

In einem ersten Forschungsprojekt (IncentV2G) wurde untersucht, ob spezielle Stromtarife den Einsatz für V2X begünstigen können. Dabei hat sich gezeigt, dass die Leute wenig preissensitiv sind und nur wenige bereit waren den speziellen Tarif zu nutzen, welcher dem Verteilnetzbetreiber im Gegenzug erlaubte, den Ladevorgang zu steuern. Es zeigt sich auf jeden Fall, dass es unkomplizierte Tarifstrukturen braucht und die Kunden für die angebotene Flexibilität auch adäquat vergütet werden müssen.

Das Forschungskonzept sieht auch Forschungsbedarf bei den Batterien. Was für Fragen soll die Forschung beantworten?

Die Batterie ist die teuerste und in der Herstellung energie- und ressourcenintensivste Komponente eines Elektromobils. Beim CO2-Fussabdruck in der Herstellung wurden aber bereits beträchtliche Fortschritte erzielt. Mit der zunehmenden Verbreitung der Elektromobilität steigt einerseits der Druck auf die kritischen Rohstoffe, andererseits steigt auch die Anzahl von Batterien, die ihr Lebensende erreichen. Obwohl der allergrösste Teil der Rohstoffe in Batterien zurückgewonnen werden kann, sind die Prozesse noch nicht effizient genug und zu teuer. Es geht also vor allem darum, wie die Prozesse effizienter gestaltet werden können, aber z. B. auch, wie mit unterschiedlichen Batteriechemien umgegangen werden kann. Wichtig ist auch, den sogenannten «State of Health», also den Zustand der Batterie exakt bestimmen zu können. Denn nur so kann entschieden werden, ob die Batterie weiterhin gebraucht werden kann, z. B. in einem Occasionsfahrzeug, ob sie sich noch für stationäre Anwendungen eignet oder direkt dem Recycling zugeführt werden soll.

Im Forschungskonzept sind auch grundsätzliche Themen im Zusammenhang mit Mobilität aufgeführt. Zum Beispiel das individuelle Mobilitätsbedürfnis, das Mobilitätsverhalten und die Verkehrsmittelwahl. Warum?

Die Elektromobilität ist die wichtigste und effizienteste technische Massnahme, um die CO2-Emissionen im Strassenverkehr zu reduzieren. Noch weniger Emissionen können durch generelle Verkehrsvermeidung oder den Umstieg auf nachhaltigere Transportmittel erreicht werden, allen voran natürlich der öffentliche Verkehr, aber unbedingt auch Aktiv- und Langsamverkehr. Gerade das E-Bike hat hier in den letzten Jahren einige Leute bei kürzeren und mittleren Distanzen zum Umstieg bewegt. Digitalisierung und neue Arbeitsmodelle (Homeoffice) reduzieren den Pendelverkehr und einen Teil der beruflichen Mobilität zusätzlich. Auch die Raumplanung hat einen massgeblichen Einfluss auf das Mobilitätsverhalten. Es zeigt sich aber auch, dass eine Reduktion der beruflichen Mobilität häufig das Bedürfnis nach Mobilität in der Freizeit erhöht – hier spricht man von einem Rebound Effekt. Es ist also wichtig, die Mobilität in ihrer Gesamtheit zu betrachten und dabei auch zu erforschen, wie sich technische Neuerungen und gesellschaftliche Veränderungen darauf auswirken.

Mobilität braucht auch Platz – sprich Strassen, Parkplätze, Garagen. Setzt die Forschung hier auch an?

Das Forschungsprogramm des BFE fokussiert vor allem auf energetische Aspekte und auf die Vermeidung von Emissionen. Allerdings dürfen Energie und Emissionen nicht losgelöst von Platzbedarf oder zum Beispiel Verkehrssicherheit betrachtet werden. Der Umstieg auf Elektromobilität hat viele Vorteile hinsichtlich Energieeffizienz und Reduktion der CO2-Emissionen, ändert aber nichts am grossen Raumbedarf der individuellen Mobilität. Der Verzicht aufs Auto und die Nutzung von ÖV und Car-Sharing handkehrum tragen auch zu einer effizienteren Nutzung des Strassenraums bei. Noch besser schneiden hier Fussverkehr und Velo ab. Die effizienteste Mobilität ist notabene diejenige, die vermieden werden kann, also nicht stattfindet. Bei allen Forschungsprojekten ist eine gesamtheitliche Betrachtung zentral – ebenso wie die enge Abstimmung und Koordination mit weiteren Bundesämtern, die sich um die Anliegen der Umwelt sowie Verkehrs- und Raumplanung kümmern.

Interview: Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Bild: keystone-sda; Gaetan Bally

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Wer ein Elektro-Fahrzeug hat, lädt es in der Regel entweder daheim oder beim Arbeitsplatz, also dort, wo das Auto über längere Zeit parkiert ist. Doch wie lässt sich vermeiden, dass das Stromnetz an den Anschlag kommt, wenn plötzlich alle zur gleichen Zeit laden. Im Rahmen des Programms LadenPunkt des Bundesamts für Energie (BFE) werden Projekte gesucht, die aufzeigen, wie das Elektroauto geladen werden kann, ohne das Stromnetz zu belasten.

Der Fokus der Ausschreibung 2024 liegt auf intelligenten Ladelösungen am Wohn- und Arbeitsort. Gesuche können bis Mitte Dezember eingereicht werden. Pierrick Servais ist Hochschulpraktikant in der Sektion Mobilität beim Bundesamt für Energie (BFE) und betreut die Ausschreibung Projektförderung LadenPunkt 2024. Energeiaplus wollte von ihm wissen, was man sich von dieser Ausschreibung verspricht.

Pierrick Servais betreut die Ausschreibung Projektförderung Ladenpunkt. Bild: zvg – Pierrick Servais

Pierrick Servais: Ziel des Förderprogramms ist es, den Austausch von neuen Ansätzen und Know-how innerhalb des ganzen E-Mobilitätssystems zu fördern. In dieser Ausschreibung suchen wir Projekte, die flexible Lösungen austesten und auch die Bedürfnisse von Bewohnerinnen und Angestellten berücksichtigen, wenn immer mehr E-Autos an den Wohn- oder Arbeitsorten geladen werden. Die Wirkungen dieser Lösungen müssen messbar sein. Es braucht dazu ein Monitoring, das die Gesuchstellenden in ihrem Antrag aufzeigen müssen.

Es gibt bereits intelligente Lösungen auf dem Markt. Zum Beispiel die Smart Charging App des Luzerner Energieunternehmens CKW. Sie hilft seit Anfang Jahr, die Verbrauchsspitzen ohne zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur zu reduzieren. Warum braucht es die Projektförderung dennoch?

Die CKW-Lösung ist interessant und entspricht der Art Projekte, die wir unterstützen möchten. Wenn sich die Nutzerinnen und Nutzer der CKW-Lösung bei ihrem Ladeverhalten flexibel zeigen, erhalten sie eine Vergütung, die bis zu 100.- pro Jahr betragen kann. Das kann das Ladeverhalten durchaus beeinflussen. Doch das ist nur einer von vielen möglichen Ansätzen und besonders neue Technologien bieten noch grosses Innovationspotential. Wir wünschen uns mehr solche Angebote, welche aber nicht nur auf monetäre Anreize setzen. Indem wir uns mit bis zu 40 % an den Kosten beteiligen, wollen wir die Risikokosten senken und kreativen Köpfen in unserem Land ermöglichen, ihre neuen Ideen umzusetzen. So schaffen wir Innovationen und machen Elektroautos attraktiver.

Sie machen in der Ausschreibung Vorschläge, wo die Projekte ansetzen könnten, z.B. bei der Technologie oder bei neuen Geschäftsmodellen. Was stellen Sie sich genau vor?

Auf technologischer Ebene sehen wir ein grosses Potenzial in der Nutzung von Sensoren zur Steuerung des Ladevorgangs. Dieser kann auf verschiedene Art optimiert werden. Künstliche Intelligenz, die die Vorlieben und Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer analysiert, ist eine Möglichkeit. Auch die Blockchain-Technologie eröffnet neue Optionen punkto Transparenz und Rückverfolgbarkeit.

Bei den Geschäftsmodellen sehen wir auch viele Möglichkeiten für monetäre Anreize, z. B. durch eine dynamische an die Verfügbarkeit gekoppelte Preisgestaltung. Ladestationen am Wohnort, die von verschiedenen Nachbarn und Nachbarinnen genutzt werden, sind ein weiterer Anknüpfungspunkt. Auch bei der Vernetzung von Stromerzeugern und -verbrauchern sehen wir Potenzial.

Diese verschiedenen Bereiche sind komplementär und können in einem Projekt kombiniert werden. Wichtig ist uns: Diese Vorschläge sollen die Kreativität der Gesuchstellenden anregen und nicht einschränken.

2023 gab es bereits eine Ausschreibung für die Förderungen von Projekten im Bereich Ladeinfrastruktur. Damals lag der Fokus auf dem Laden am Zielort. Wo liegt der Unterschied zur Ausschreibung 2024?

Das Förderprogramm 2023 konzentrierte sich auf die Zielorte. Gemeint sind Ladepunkte, die die Nutzerinnen und Nutzer für relativ kurze Zeit aufsuchen – zum Beispiel zum Einkaufen oder zur Freizeitgestaltung.

Mit der diesjährigen Ausschreibung fokussieren wir auf das intelligente Laden und zusätzlich auf die Orte, wo das Elektroauto eben in der Regel geladen wird – auf den Wohnort und den Arbeitsplatz. Wir gehen davon aus, dass die Nutzerinnen und Nutzer durchaus flexibel sind, wann genau ihr Auto geladen wird, solange die Autobatterie genug Strom hat, wenn sie wieder losfahren. Die Projekte sollen aufzeigen, ob das in der Praxis auch wirklich so ist und die Lösungen funktionieren.

Sechs Projekte aus verschiedenen Regionen wurden bei der Ausschreibung 2023 ausgewählt. Bei mehreren Projekten geht es um die Gestaltung der Ladetarife. Stichworte dazu sind dynamische Preise oder Rabatte. Versprechen solche Ansätze am meisten Erfolg, um Lastspitzen zu brechen?

Finanzielle Anreize sind klassische Ansätze, die in allen Bereichen der Marktwirtschaft zu finden sind. Mit diesen Projekten möchten wir herausfinden, ob dies auch beim Laden von Elektroautos der Fall ist. Sind die Nutzerinnen und Nutzer eher empfänglich für Preiserhöhungen oder für Rabatte? Wie hoch sollten Rabatte sein? Wie sollten diese kommuniziert oder ausgewiesen werden?

Wir erhoffen uns weitere kreative Ansätze zur Flexibilisierung der Nachfrage, denn der Preis ist nicht der einzige Faktor, der unsere Konsumentscheidungen beeinflusst.

Projektförderung LadenPunkt

Die Ausschreibung erfolgt als Projektwettbewerb. Eine Fachjury wählt aus den eingereichten Projekten 5 bis 8 aus. Bei einem Zuschlag erhalten Gesuchstellende 30’000 bis 200’000 Franken, aber höchstens 40% der anrechenbaren Projektkosten.

Um vernetzte Lösungen zu fördern, werden Projekte bevorzugt, bei denen zwei oder mehrere Partner aus unterschiedlichen Bereichen zusammenspannen.

Hier geht’s zur Ausschreibung: Projektförderung von LadenPunkt (laden-punkt.ch)

Brigitte Mader, Kommunikation, Bundesamt für Energie
Photo: Shutterstock; Stock Photo ID: 2021182004; Ronald Rampsch

 

 

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