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Leben in der Zukunft


Am Montag hat der Ständerat die letzten Differenzen zur Energiestrategie ausgeräumt. Unabhängig davon wird sie an zahlreichen Orten bereits umgesetzt. Bottom-up. Ein Beispiel? Das sanierte Plusenergiemehrfamilienhaus im Berner Weissensteinquartier, wo ich nun seit 2014 wohne, hinter dichten Wänden, mit kontrollierter Lüftung und neuster Technik.

Es brauchte schon sehr grosse Phantasie, als wir 2013 das hässliche Haus begutachteten, wo wir dereinst heimisch werden könnten. An allen Ecken und Enden sah man den Zahn der Zeit nagen. Es war das Jahr, in dem der Bundesrat im September das erste Massnahmepaket der Energiestrategie 2050 an das Parlament verabschiedete. Wer heute am Haus vorbeigeht, vermutet nicht, dass er vor einem sanierten Bau steht. Nord- und südseitig eingekleidet mit einer Holzfassade, die kleinen Balkone wichen bis zu 80m2 grosse Terrassen, Aufstockung, Satteldach wurde Flachdach. Solarthermische und Photovoltaik-Anlage (37kWp installierte Leistung), Wärmepumpe im Keller, Dämmung – und kontrollierte Lüftung, logisch.

Nach zwei Jahren in diesem Haus als Stockwerkmiteigentümerin stelle ich fest:

  • „Es fägt“ in einem Plusenergiehaus zu wohnen – das heisst, wohnen in der Zukunft quasi.
  • Wir frieren in kalten Wintern nicht, obwohl die Heizung auf dem Minimum steht. Wir duschen warm, haben Computer, Kaffeemaschine Smartphone – alle Annehmlichkeiten, die auch Strom brauchen.
  • An der Lüftung scheiden sich die Geister: Wem diese nicht passt, stellt sie ab und kippt die Fenster – auch in der Wintersaison. Wem das Gebläse zu viel ist, stellt ab. Oder hat einen Partner, der es versteht die Lüftung besser einzustellen. (Die Bedienungsanleitung des innovativen Modells wurde von Ingenieuren für Ingenieure geschrieben, für künftige Nutzer unverständlich). Wem die Lüftung in der Nacht zu laut ist, pocht auf abstellen und Fenster öffnen. Inzwischen haben wir in das deutlich leisere Nachfolgemodell investiert und eine praktisch neue Lüftung ausgetauscht…
  • Technik hat seine Tücken und muss verstanden und betreut werden. Kaum jemand realisiert zum Beispiel, wenn die Photovoltaik-Anlage nicht tut, oder wenn etwas mit der Wärmepumpe nicht stimmt.
  • Energie interessiert nicht alle Bewohnerinnen und Bewohner in gleichem Ausmass, auch wenn sie ein Plusenergiehaus bewohnen. Das ist gut so. Ein energetisch saniertes Haus muss für alle funktionieren und bewohnbar sein, für Energie-Experten oder -Banausen.
  • Investitionen in Solaranlagen auf Gebäuden hängen nicht in jedem Fall von der kostendeckenden Einspeisevergütung ab. Wir sind zwar auf der Warteliste, werden vom Geld wohl keinen Rappen sehen. Egal. Die meisten Bewohner wissen gar nicht genau, um was es ginge. Der Kauf der Wohnung hing nicht davon ab, sondern weil aus einem aussergewöhnlichen Projekt stilvolle Wohnungen entstanden.

Fazit: Während die Politik noch am Subventionssystem fürs neue Energiegesetz werkelte, bauten die Handwerker im Weissensteinquartier am Plusenergie-Haus. Das Mehrfamilienhaus erfüllt die Anforderungen an Gebäude, wie sie die Energiestrategie 2050 vorsieht – obwohl diese heute zwar eine Hürde genommen hat, aber noch länger nicht in Kraft ist.

Link zu den technischen Daten des Gebäudes: www.solaragentur.ch/node/473

energiebilanz

Gabriela Weiss Di Spirito, Sektion Energieversorgung un Monitoring

 

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