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ETH-Tag im Zeichen der Energie


Am vergangenen Samstag, 21. November 2015, lud die ETH Zürich zum ETH-Tag und zu ihrem hundertsechzigsten Geburtstag. Die traditionelle Feier hat in den letzten Jahren durch die teils erfreulich klaren Worte der Schulleitung zu aktuellen politischen Themen wie auch durch die spannenden Präsentationen junger Forschenden an Attraktivität gewonnen. Die Schule verbarrikadiert sich nicht im Elfenbeinturm sondern ist Teil der Gesellschaft, spricht Chancen und Probleme an, zeigt aber auch ihre Stärken sowie Ambitionen auf. Sie hilft mit, Fragestellungen grundsätzlich anzugehen sowie spannende innovative Lösungen für den Alltag und den Markt zu entwickeln. Präsident Lino Guzzella hält wenig von Hochschul-Rankings, er will unabhängig davon einen ETH-Spirit prägen, in welchem Spitzenleistungen möglich und beinahe alltäglich sind. Rektorin Sarah Springman stellte in ihrer Begrüssung den Bezug zwischen dem Bau des ersten Gotthardtunnels und der Entwicklung des Bauingenieurwesens her. Sie beendete ihre Ausführungen mit einer eigentlichen Liebeserklärung an die Schweiz.

Drei Ehrendoktor/innen im Bereich Energie
Gross war für mich dann das Erstaunen bei der Präsentation der neuen Ehrendoktorinnen und Ehrendoktoren: Alle drei haben einen engen Bezug zur Energie. Professor Mark Feltin Randolph hat neuartige Methoden der Offshore-Baugrundtechnik entwickelt und in der Praxis mit einer parallel gestarteten Unternehmung auch breit getestet. Professorin Frances Hamilton Arnold hat neue Ansätze für den Einsatz von Proteinen bei den erneuerbaren Energien (Biomasse) entwickelt. Professorin Mildred Dresselhaus vom MIT gilt international als „Queen of Carbon“ und hat in der Ära Clinton von auch als wissenschaftliche Direktorin in unserer Schwesterorganisation, dem US-Energiedepartement, gearbeitet.

Neue Kernkraftwerke als Glaubensfrage auch an der ETH?
Ein derartiger Festtag gibt immer auch Gelegenheit zum Austausch und zu Diskussionen. Bemerkenswert ist für mich jedes Jahr, wie sich eine ganze Reihe älterer Professoren eine Stromzukunft Schweiz ohne Atomenergie nicht vorstellen kann. Gleichzeitig bedauern sie zutiefst, dass nicht mehr junge Leute Nukleartechnik studieren. Da reduziert sich das Gespräch dann jeweils leicht auf Glaubensfragen. Ich gehe davon aus, dass in der Schweiz in den nächsten Jahren neue Kernkraftwerke keine Volksmehrheiten finden, weil sich nach Fukushima noch weit stärker Fragen der Betriebssicherheit sowie der Entsorgung radioaktiver Abfälle stellen. Zudem ist die heutige dritte KKW-Generation in unseren Breitengraden wirtschaftlich nicht konkurrenzfähig sondern hat noch immer mit gewaltigen Kostenexplosionen zu kämpfen. Gleichzeitig werden die erneuerbaren Energien immer kostengünstiger: Strom aus Wind und Sonne dürften in den nächsten fünf Jahren an guten Lagen zu rund 5 Eurocents/kWh hergestellt werden. Zudem ist zu vermuten, dass wohl mit Blick auf die mit Nukleartechnologien noch nicht vertrauten neuen Nuklearnationen, welche in den nächsten Jahren erste Meiler ans Netz stellen, die Risiken eines neuen grösseren Ereignisses eher steigen. Neue KKW-Generationen mit inhärenten Sicherheitssystemen sowie deutlich kleineren Abfallmengen dürften erst nach 2030 auf den Markt kommen, die Fusionstechnologie ist in unseren Perspektiven auf einen Zeitpunkt nach 2050 verortet. Die Schweiz tut aber gut daran, bei der Erforschung dieser Technologien mitzuwirken, damit wir unsere Nuklearkompetenz erhalten und neue Entwicklungen mitverfolgen oder gar mitprägen können.

Energie ist ein wichtiges Thema an der ETH Zürich – die Schule hat sich über die Swiss Competence Centers for Energy Research und andere Initiativen national sowie international erstklassig aufgestellt und bringt zusammen mit den ihr nahestehenden Energieforschungshubs PSI sowie EMPA wichtige Beiträge für den Umbau unserer Energiesysteme. Auch für die nächsten Jahre könnten weitere Ehrendoktoren in diesem Gebiet vergeben werden – ich hätte da durchaus einige Ideen, Vorschläge und Namen.

Walter Steinmann, Direktor BFE

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